Neben der Tour de France ist der Giro d'Italia wohl das bekannteste Radrennen der Welt – und bei beiden Rundfahrten gibt es auch Frauen-Konkurrenzen. Mit der 40-jährigen Annemiek van Vleuten (Movistar Team), amtierende Weltmeisterin und Titelverteidigerin, stand am vergangenen Sonntag in Olbia auf Sardinien eine der Favoritinnen auf dem Siegertreppchen ganz oben – und sehr erfahrene Radsportlerin dazu.
Platz 86 der Gesamtwertung mit 91 Minuten Rückstand
Vom Rosa Trikot der Siegerin war Linda Riedmann ihrerseits weit entfernt: Für die 20-jährige Karbacherin war es die erste Teilnahme an dem Radsportklassiker, der vom 30. Juni bis 9. Juli über neun Etappen ging. Sie beendete die Rundfahrt auf Gesamtrang 86 mit 1:31,18 Stunden Rückstand auf die siegreiche Niederländerin.

"Auf jeden Fall war es ein hartes Rennen", schildert die 20-jährige Karbacherin einen Tag nach dem Ende des Giro ihre vielfältigen Eindrücke. Denn im Gegensatz zu den Vorjahren beinhaltete der äußerst anspruchsvolle Wettbewerb diesmal nur eine flache Etappe, ansonsten waren stets Berge, gerade auch bei sengender Hitze, zu bewältigen.
Die Profisportlerin war eine von sieben Fahrerinnen des niederländischen Teams Jumbo-Visma Women, dem sie seit knapp zwei Jahren angehört. "Mein Job war eher Helferin, gerade bei den Attacken oder den Sprints", berichtet die Karbacherin von ihren Aufgaben im Team. So stand sie, die sich vor wenigen Wochen bei den deutschen Meisterschaften noch die Silbermedaille im Zeitfahren gesichert hatte, diesmal nicht im Rampenlicht. Vielmehr galt es, die beiden erfahrenen Teamkolleginnen Marianne Vos und Fem van Empel in dem hochklassig besetzten Teilnehmerfeld zu unterstützen.

Gleich am ersten Tag des Giro in Chianciano Terme in der Toskana wurde Riedmann von den Witterungsverhältnissen ausgebremst. Wegen der starken Regenfälle und des Hagels wurde das Zeitfahren, nachdem etwa die Hälfte der bereits gestarteten Fahrerinnen gestürzt war, zunächst für eine Viertelstunde unterbrochen. "Ich war gerade auf der Rolle zum Warmfahren, als es komplett abgebrochen wurde", schildert die 20-Jährige angesichts der teils überfluteten Straßen. Sie gibt zu, dass sie sich zwar auf das Zeitfahren gefreut habe, die Absage wegen der widrigen Bedingungen aber dennoch die richtige Entscheidung gewesen sei.
Mit dem Flugzeug nach Sardinien
War die Thüringen-Rundfahrt über sechs Etappen bislang die längste Tour der Karbacherin gewesen, erstreckte sich der Giro über neun Etappen, die sich von Florenz zunächst Richtung Norden zogen. Nach der siebten Etappe in Genua ging es am Donnerstagabend mit dem Flieger nach Sardinien, wo nach einem Tag Pause am Samstag und Sonntag die beiden letzten Etappen auf dem Plan standen.
Auf die Frage, ob ihr eine Etappe besonders gut gefallen habe, will die Karbacherin keine speziell herausstellen. "Es gab mehrere coole Etappen – von der Landschaft und vom Profil her", schwärmt die Profisportlerin und vergleicht den Wettbewerb mit einer Italienreise. "Wir sind mit dem Bus getourt und haben in Hotels übernachtet", beschreibt sie das beeindruckende Erlebnis mit ihrem Team, dem neben den Fahrerinnen zwei sportliche Leiterinnen, vier Physiotherapeuten, drei Mechaniker, der Busfahrer und eine Pressebeauftragte angehörten.
Und obwohl es insgesamt ein harter Wettbewerb gewesen sei, bei dem immer Vollgas gefahren wurde, verspüre sie bereits Lust auf das nächste Rennen.

Nachdem Riedmann noch am Sonntagabend nach Deutschland geflogen ist, bereitet sie sich derzeit im heimischen Karbach auf den "Women’s Cycling Grand Prix" an diesem Sonntag in Stuttgart vor. Mit der Nationalmannschaft wird sie bei dem 105 Kilometer langen Rennen, welches erstmals stattfindet, an den Start gehen – bei den zu erwartenden Temperaturen wird es in Baden-Württemberg wohl kaum einen Unterschied zur Hitze auf dem italienischen Sardinien geben.