„Guten Morgen, Frühstück!“, ruft Arnold Scheiner in die Sprechanlage der Familie Ebert. Scheiner, 49 Jahre alt, trägt den blau-schwarzen Trainingsanzug des SV Steinfeld. Es ist Viertel vor neun, die Sonne setzt sich langsam durch. Seit knapp drei Stunden ist Scheiner unterwegs. Er wirkt ausgeschlafen, die Begrüßung kommt ihn freundlich über die Lippen. Die Türe öffnet sich, Scheiner bringt eine Tüte mit frischen Brötchen nach Innen. „Frau Ebert hat für heute extra Leute zum Frühstück eingeladen“, erzählt Arnold Scheiner wenig später mit einem Lächeln.
Nicht nur für Frau Ebert ist dieser Vormittag ein bisschen anders als sonst. In Steinfeld herrscht an diesem Samstagmorgen reges Treiben. Elf Altherren-Spieler des ansässigen Sportvereins sind mit ihren Fahrrädern unterwegs und liefern den älteren Einwohnern des 1300-Personen-Ortes das Frühstück ins Haus. Die Stimmung ist gut. Man hat nicht das Gefühl, dass einer der Kicker jetzt lieber noch im Bett liegen würde. Mit seinem Frühstücksservice bewirbt sich der SV Steinfeld bei der „Bayern 1 Helfer-Elf“. Fußballmannschaften, die sich in ihrem lokalen Umfeld gemeinnützig einsetzen, können dabei ein Trainingslager in die Türkei gewinnen.
Die Idee, an dieser Aktion teilzunehmen, hatte Arnold Scheiner, der bei der Altherren-Mannschaft als Torwart, manchmal aber auch als Stürmer aufläuft. Mit einigen Teamkollegen saß er vor einigen Wochen zusammen, um sich eine gemeinnützige Aufgabe zu überlegen. „Uns ist lange nichts eingefallen, wir wollten die Sache schon bleiben lassen“, so Scheiner. Zu späterer Stunde kam Mitspieler Roland Seufert dann das Sturmtief „Emma“ in den Sinn – und damit verbunden die Frage, wie denn die Senioren bei derart schlechtem Wetter ihre Einkäufe tätigen. Die Idee vom mobilen Frühstück war geboren. Ein anderer Spieler knüpfte daran an und schlug vor, die bestellten Waren umweltschonend mit dem Fahrrad auszuliefern.
Als das Ganze dann über die Bühne gebracht wird, kann die Steinfelder „Helfer-Elf“ einige Dinge vom Fußball gut gebrauchen. Neben Koordination und Teamgeist ist auch Fitness nötig: Quer durch den Ort geht es ständig auf und ab. „Steinfeld, keine Steigungen und mitten im Tal gelegen“, meint einer der Kicker mit einem Augenzwinkern. Mit einigen Anstiegen hat es auch Arnold Scheiner auf den Weg zu Erna Stangl, 71, zu tun. Brötchen und Wurst hat Scheiner bei der ansässigen Bäckerei Scherg und der Metzgerei Loschert abgeholt und in den provisorisch befestigten Fahrradhänger gelegt. Nach einiger Kraftanstrengung – der Plattfuß an der linken Seite des Hängers tut sein Übriges – erreicht Scheiner das Haus der 71-Jährigen.
Die kecke Dame („Die Jüngeren jammern schon wenn sie 50 werden, da habe ich noch die Welt eingerissen!“) hat keine Verwandtschaft mehr im Ort. Für ihre Einkäufe benötigt sie in der Regel eineinhalb Stunden, öfter muss sie anhalten und eine Verschnaufpause einlegen. Bei Glatteis ist sie auch schon einmal gestürzt. All das sowie alle Neuigkeiten über ihre Enkel erzählt sie Arnold Scheiner, der ihr gerade das Frühstück überreicht hat. Nach etwa 20 Minuten und genaueren Details zum Heilungsprozess nach oben beschriebenen Sturz deutet der Fußballer an, dass er langsam zu weiteren Auslieferungen aufbrechen muss.
Frau Stangl war eine der Personen, die die Steinfelder Kicker sehr schnell von ihrer Aktion überzeugen konnten. Dies gelang nicht gleich bei allen Senioren des Ortes. „Viele haben gefragt, warum macht ihr das oder wo ist da der Haken an der Sache“, berichtet Scheiner. Die Fußballer gingen daher noch einmal persönlich auf die älteren Leute zu und sprachen beim Frühjahrstreffen des „Altenclubs“ vor. So kamen immerhin knapp 50 Auslieferungen zusammen.
Bis Freitagnachmittag gaben die älteren Bewohner ihre Bestellungen in Metzgerei und Bäckerei telefonisch oder persönlich auf. Am Abend erstellte das Team zusammen mit Frau Loschert und Frau Scherg von Metzgerei und Bäckerei gemeinsam einen Plan, ab Samstag um sechs Uhr sortierten die Fußballer die bestellten Brötchen zusammen. Die erste Auslieferung erfolgte dann um Viertel nach sechs – an den Herrn, der sonst immer als erstes in der Bäckerei aufkreuzt. Gegen zehn Uhr hatten die Steinfelder Fußballer ihre gemeinnützige Aufgabe dann erledigt. Probleme gab es keine. „Bis jetzt hat sich keiner beschwert“, sagt Scheiner lächelnd.
Die Aktion soll im nächsten Jahr wiederholt – und dabei auch die umliegenden Dörfer Hausen und Waldzell miteinbezogen werden. Die nötige Fitness dazu möchten sich die Kicker unter anderem bei einem Trainingslager holen. Die Entscheidung, welche „Helfer-Elf“ in die Türkei fahren darf, fällt am 29. März per Telefon-Abstimmung auf Bayern 1.