Angesprochen auf die ersten fußballerischen Aktivitäten seines Sohnes, des Fußballprofis Johannes Geis (19), fallen dem Oberstreuer Roland Geis spontan die Übungseinheiten im heimischen Wohnzimmer ein. „Da hat er sich immer Vasen aufgebaut, die dann mitunter auch zu Bruch gegangen sind.“ Selbst sei der Filius dank entsprechenden Ballgefühls allerdings nicht für die Schäden am Mobiliar verantwortlich gewesen. „Das haben seine Kumpels kaputt gemacht.“ „Und bei den ersten Spielen, als er als Libero immer die Tore geschossen hat, wäre er am liebsten auch noch Keeper gewesen, damit der Gegner nicht trifft. Fußball ist schon immer sein Leben gewesen“, ergänzt Mutter Ulrike Geis, die ihren Junior als „eigentlich ganz normal“ bezeichnet. Dabei hat Johannes Geis bereits im jungen Alter durchaus Außergewöhnliches erreicht: Er hat im bezahlten Fußball Fuß gefasst.
Frage: Nach insgesamt fünf Jahren bei der SpVgg Greuther Fürth nun der Wechsel zum FSV Mainz 05. Warum dieser Schritt?
Johannes Geis: Ich habe mich in Fürth zwar sehr wohl gefühlt und die dortigen Verantwortlichen haben auch alles daran gesetzt, um mich zu halten. Aber ich wollte unbedingt weiter im Bundesliga-Oberhaus spielen.
Mainz soll nicht das einzige Angebot gewesen sein, . . .
Geis: . . . was zutreffend ist. Es hat auch noch einige andere Anfragen aus der ersten und zweiten Liga gegeben. Die Mainzer haben sich allerdings ganz besonders um mich bemüht. Und die Chemie hat einfach gepasst. Ich erachte es auch sportlich für genau den richtigen Schritt, um auf der Karriereleiter weiter nach oben zu kommen.
Also keine Entscheidung gegen das Kleeblatt?
Geis: Nein, ich hatte dort eine schöne Zeit, in der ich ja auch zum Erstligaspieler geworden bin. Aber nun ist es an der Zeit gewesen, etwas anderes auszuprobieren. Wenn man sich weiterentwickeln möchte, muss man den nächsten Schritt machen.
Im Frankenland kam der große Durchbruch grundsätzlich erst im letzten Saisondrittel, nach dem Trainerwechsel von Mike Büskens zu Frank Kramer.
Geis: Klar hätte ich mir vor allem in der ersten Saisonhälfte gewünscht, öfters aufzulaufen. Aber die Mannschaft war eingespielt und vielleicht habe ich da auch selbst ein bisschen geschludert. Der Trainerwechsel stellte dann einen Neuanfang und eine neue Chance dar, sich zu beweisen. Nichtsdestotrotz war es schade, dass Mike Büskens vorzeitig gegangen ist. Grundsätzlich hatte ich auch zu ihm ein sehr gutes Verhältnis. Überhaupt hatten wir in Fürth immer einen guten Teamspirit.
Der neue sportliche Vorgesetzte ist in Person von Thomas Tuchel ein junger Coach mit einer hohen Medienpräsenz. Welche Rolle hat er bei dem Wechsel gespielt und wie kann man ihn tatsächlich charakterisieren?
Geis: Natürlich war für mich als jungen Spieler wichtig, dass in Mainz auf den Nachwuchs gesetzt wird und man sich dort auch selbst als Ausbildungsverein sieht. Thomas Tuchel habe ich bislang als sehr angenehmen Menschen kennengelernt, mit dem man viel reden kann und der auf dem Platz klare Vorstellungen beziehungsweise auch Ziele hat. Wenn man diesbezüglich mitzieht, sollte man keine Probleme mit ihm bekommen.
Wie stehen die Aktien auf einen Stammplatz in der rot-weißen Anfangself?
Geis: Jeder will natürlich immer von Beginn an spielen und auf die große Bühne kommen, was allerdings nicht möglich ist. Ich möchte mich da auch nicht allzu sehr unter Druck setzen. Fest steht, dass ich mein Bestes geben werde. Und den Rest muss dann der Trainer entscheiden. Schön wäre natürlich, wenn ich die gleiche Entwicklung wie ein Nicolai Müller nehmen würde, der ja auch von Fürth nach Mainz gewechselt und jetzt Nationalspieler ist.
Der jetzige Wechsel nach Mainz stellt demnach nur eine Durchgangstation auf dem Weg in die A-Nationalmannschaft dar?
Geis: Sagen wir mal so: Träume sind erlaubt und lassen sich mitunter auch realisieren. Ich wollte schon als kleines Kind immer Fußballprofi werden, was mir zwischenzeitlich gelungen ist. Jetzt möchte ich mich zunächst einmal in Mainz auf hohem Niveau etablieren. Was dann kommt, muss man einfach mal abwarten. Im Fußball-Geschäft lässt sich vieles nicht wirklich planen. Man sollte aber immer hohe Ambitionen haben.
Welche im Falle von Johannes Geis konkret A-Nationalmannschaft und FC Bayern München heißen?
Geis: Wie schon gesagt: Träume sind erlaubt. Mich persönlich würde irgendwann auch einmal das Ausland reizen. Aber jetzt möchte ich mich erst einmal in Mainz durchsetzen. Alles weitere wird sich dann ergebenen. Um ganz nach oben zu kommen, braucht man gelegentlich wohl auch ein bisschen Glück.
In der Öffentlichkeit wird der Beruf des Fußballprofis mitunter als – salopp gesagt – lockerer Job bei sehr guter Bezahlung und zahlreichen anderen Annehmlichkeiten definiert, . . .
Geis: . . . was allerdings nicht ganz richtig ist. So steht man grundsätzlich an sechs Tagen der Woche auf dem Platz. Zudem herrscht ein permanenter Konkurrenzkampf in den Teams und man befindet sich permanent im Fokus der Öffentlichkeit. Vor allem vom Kopf her ist das nicht immer einfach, zumal man sich angesichts der Medienpräsenz auch keinerlei Fehltritte erlauben darf. Insgesamt ist es aber schon ein Traum, wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann und jeden Tag etwas Neues erlebt.
Die Vereine haben Stillschweigen vereinbart, aber es wird von gut einer Million Euro Ablöse gesprochen. Was geht in einem jungen Spieler vor, wenn plötzlich gewaltige Summen für einen gezahlt werden?
Geis: Damit setze ich mich eigentlich überhaupt nicht auseinander. Das müssen die Vereine untereinander klären.
Was waren die größten Highlights bzw. auch Enttäuschungen der vergangenen Runde?
Geis: Der größte Glücksmoment in meiner gesamten bisherigen fußballerischen Laufbahn ist das 1:0-Siegtor im Derby beim 1. FC Nürnberg gewesen. Ich habe einfach geschossen. Und als der Ball dann tatsächlich rein ging – das war einfach unbeschreiblich. So ein irres Gefühl hatte ich auf dem Fußballplatz noch nie. Weniger erfreulich waren derweil natürlich unser Abstieg und die Tatsache, dass wir als erste Mannschaft ohne einen einzigen Heimsieg in die Bundesliga-Geschichte eingegangen sind. Ab einem gewissen Zeitpunkt haben wir uns da nach dem Motto „diesmal muss es einfach klappen“ wohl auch selbst zu sehr unter Druck gesetzt. Und dann funktionieren die Beine nicht so.
Was ist einem talentierten Youngster zu empfehlen, der später auch einmal auf solch hohem Niveau kicken will?
Geis: Wenn ich mich an meine ersten Trainingsstunden im Alter von vier oder fünf Jahren unter Frank Euring und Stefan Gensrich zurückerinnere, dann hat das einfach nur Spaß gemacht. Irgendwann sollte man dann auch recht frühzeitig einem Verein angehören, bei dem man sich entsprechend weiterentwickeln kann. Bei mir ist das der TSV Großbardorf gewesen, wo ich in Klaus Kirchner und Hansjürgen Ragati auch sehr große Förderer hatte. Und wenn sich dann herauskristallisiert, dass es auch zu einer Karriere im bezahlten Fußball reichen kann, ist der Wechsel in eines der Nachwuchs-Leistungszentren der Bundesligisten angezeigt.
Wie fühlt man sich, wenn man plötzlich selbst in der Bundesliga den langjährigen Vorbildern direkt auf dem Platz gegenübersteht?
Geis: Okay, ein gewisser Respekt ist natürlich da. Aber man darf keine Angst haben und sollte einfach drauf los spielen. Dann kann eigentlich nicht viel schief gehen – was freilich leichter gesagt als getan ist. Denn man trifft plötzlich auf ein Niveau, das vorher ein weitgehend unbekanntes Terrain gewesen ist. Mir dürfte insoweit auch immer mein erstes Spiel gegen Leverkusen in Erinnerung bleiben. Wie da ein André Schürrle seinen Körper eingesetzt hat und vom Kopf her präsent gewesen ist, hat durchaus Eindruck hinterlassen.
Was geht in einem Fußballprofi vor, wenn die eigenen Leistungen kontinuierlich in der Öffentlichkeit seziert werden?
Geis: Man sollte grundsätzlich nicht so viel Zeitung lesen, sondern sich an der Einschätzung der Trainer und Verantwortlichen orientieren, die tagtäglich mit einem zusammenarbeiten.
Wie viel Fanpost prasselt als Erstligaspieler auf einen ein?
Geis (schmunzelt): Bei mir sind das so circa 30 Briefe pro Woche, die ich auch alle selbst durchlese. Die meisten wollen einfach nur ein Autogramm und der überwiegende Teil der Absender ist jedenfalls bei mir weiblich. In diesem Zusammenhang darf ich aber anmerken, dass ich beziehungstechnisch glücklich vergeben bin.
Wann geht es in Mainz mit der Vorbereitung los?
Geis: Trainingsstart war am Montag. Zwischenzeitlich habe ich auch eine Wohnung gefunden und Möbel bestellt.
Johannes Geis
Über die Stationen TSV Oberstreu, TSV Mittelstreu und TSV Großbardorf wechselte der Mittelfeldspieler Johannes Geis (19) anno 2008 als U 16-Nationalspieler zur SpVgg Greuther Fürth, wo er aus dem Nachwuchsbereich in den Lizenzspieler-Kader übernommen wurde und im November 2010 sein Zweitliga-Debüt gab. 2012 feierte der insgesamt 27-fache Jugendnationalspieler aus Oberstreu mit dem Kleeblatt den Erstliga-Aufstieg, um am 24. Februar beim 0:0-Heimremis gegen Bayern Leverkusen endlich auch im Bundesliga-Oberhaus zu debütieren, wo er aktuell bei acht Einsätzen steht. In der kommenden Saison spielt Johannes Geis für den Bundesligisten FSV Mainz 05, bei dem er einen Vier-Jahres-Vertrag unterschrieben hat.