Das letzte Vorrundenspiel gegen den FC Eintracht Bamberg hätte bei diesem nach Leichtigkeit aussehenden Ergebnis (5:2) auch eine klare Sache werden können. Dabei wurde aus der glänzenden Vorstellung des TSV Aubstadt in der ersten Halbzeit eine knüppelharte Aufgabe in der zweiten. Eine ganz wichtige und richtige, weil nötige Entscheidung, traf Trainer Julian Grell am Samstagvormittag um elf, drei Stunden vor dem Anpfiff.
"Da rief mich Julian an", verriet ein glückstrahlender Marco Nickel kurz nach dem Schlusspfiff, "und fragte mich, ob ich mir zutraue, Innenverteidiger zu spielen. Ich brauchte nicht lange und sagte zu." Wie oft er, der gelernte Stürmer, jemals vorher Innenverteidiger gespielt habe? "Noch nie, nicht einmal als Schüler oder Jugendlicher. Nicht einmal im Training. Ich habe mir aber gesagt, bedingt durch die Personalsituation spiele ich, egal wo, da, wo die Mannschaft mich braucht. Ich bin keiner, der auf sich schaut. Bei mir steht das Team immer an erster Stelle. Deshalb war es kein Thema und jetzt freue ich mich darüber."

Beide Innenverteidiger waren nämlich zu ersetzen: Steffen Behr wegen der fünften Gelben Karte und Tim Hüttl kurzfristig wegen einer Erkrankung. Der Stand-by-Außenverteidiger Lukas Mrozek übernahm den anderen Part in der Mitte.
Und das Kollektiv legte vom Anpfiff an los wie die Abschter Feuerwehr nebenan. Beim ersten Angriff fiel beinahe schon das 1:0 durch einen Seitfallzieher von Max Grimm. Doch da war dieser neue FC-Keeper Benedikt Willert, von dem Wunderdinge beim 1:0-Sieg in Burghausen berichtet worden waren, mit einem Wahnsinns-Reflex. Noch weitere zwei Mal brachte er die TSV-Angreifer zur Verzweiflung: Bei der Direktabnahme von Marvin Weiß (17.) und der Mehrfach-Chance nach einem Freistoß, bei dem gefühlt halb Aubstadt aus dem Gewühl heraus aufs Tor drosch.
Nichts Zählbares trotz großer Überlegenheit
Da war enorm viel Energie drin bei der Grell-Elf, jede Menge Moral sowieso und Wille, der auch mit einem eine Halbzeit lang berauschenden Offensiv-Auftritt umgesetzt wurde. Eine irre Überlegenheit an Chancen und Spielanteilen, aber erst mal nichts Zählbarem. Dann erreichte eine der vielen präzisen Flanken von Timo Pitter Teamkollege Weiß: erst ein bisschen Pech, Unterkante Latte, dann ein bisschen Glück – doch rein zum 1:0. Luke Hemmerich stellte wenig später mit einem Schuss von der linke Flanke, bei dem Grimm, nicht im Abseits, den Keeper noch irritierte auf 2:0. Also doch zwei Kracher nach halbstündigem Feuerwerk.
Beinahe aus dem Nichts kam dann der Anschlusstreffer zum 2:1 durch Radzivon Hushcha, den Zweifach-Torschützen gegen Augsburg am Dienstag (35.). Doch Loris Maiers stellte mit seinem 3:1 nach feiner Flanke von der gefährlichen rechten Seite durch Leon Heinze, begünstigt durch ein brutales Missverständnis zwischen Keeper und Verteidiger, den alten Abstand wieder her (43.). Die Messe schien gelesen – aber nur bis zur Predigt von FC-Trainer Jan Gernlein in der Pause.

Von dieser kam eine ganz andere, mutige und Angriffswirbel zaubernde Bamberger Elf zurück. Und 3:1-Führungen sind für den heurigen TSV Aubstadt nun mal kein Wohlfühl-Zwischenergebnis. Da waren zwar noch zwei dicke Chancen von Weiß (48./73.). Und als Andreas Pfahlmann bei seinem ersten Ballkontakt nach seiner Einwechslung den Anschlusstreffer zum 3:2 erzielt hatte (74.), war für zehn Minuten erst mal höchste Unentschieden-Gefahr in Verzug. Es brannte lichterloh vor Max Böhnkes Kasten, der mit einem Super-Doppel-Reflex die Führung festhielt.
Grell lobt sein Team nach Abpfiff
Und dann schlug sich Fortuna wieder auf die Aubstädter Seite, passierte Tobias Linz, in Co-Produktion mit seinem Keeper ein Eigentor zum 4:2 (83.). Dem Owen Degelman nach feiner Vorarbeit des ebenfalls kurz zuvor eingewechselten Piet Scheurer das 5:2 (90.) folgen ließ. Das erinnerte doch irgendwie an die Einwechsel-Power der vergangenen Saison.
"Jungs, heute habt ihr bewiesen, dass erfolgreicher Fußball auch Kopfsache ist", rieb Grell seinen Spielern hinterher als Lob unter die Nase. "Auch, wenn man physisch oder von der Technik her nachlässt, ist es der Kopf, der arbeitet. Das spricht für euch, wie ihr dann wieder zurückgekommen seid."
Fußball: Regionalliga Bayern, Männer
TSV Aubstadt - FC Eintracht Bamberg 5:2 (3:1)
Aubstadt: Böhnke - Heinze, Mrozek, Nickel, Hemmerich - Trunk - Pitter (88. Scheurer), Weiß (85. Köttler), Hatman (75. Koch), Maier - Grimm (89. Degelman).
Bamberg: Willert - Baumgartl (46. Schneider), Kettler, Leistner - Auer (70. Kaiser), Valdez (83. Alli) - Hartwig, Schönwiesner (73. Pfahlmann), Linz - Jankowiak, Hushcha.
Schiedsrichter: Elias Wörz (Friesenried). Zuschauende: 595. Tore: 1:0 Marvin Weiß (25.), 2:0 Luke Hemmerich (28.), 2:1 Radzivon Hushcha (35.), 3:1 Loris Maier (43.), 3:2 Andreas Pfahlmann (74.), 4:2 Tobias Linz (83., Eigentor), 5:2 Owen Degelman (90.).