Bei den 91. deutschen Tischtennis-Einzel-Meisterschaften in Nürnberg an diesem Samstag und Sonntag gibt es bestimmt nicht viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die am Freitag noch die Schulbank drücken. Sehr wohl aber die 13-jährige Koharu Itagaki aus Bad Königshofen im dortigen Gymnasium, an dem sie ansonsten wohl mehr Fehltage im Lauf eines Schuljahres zu kompensieren hat als die meisten anderen fast 500 Schülerinnen und Schüler: Immer dann, wenn sie für Lehrgänge, Meisterschaften und Turniere im In- und Ausland freigestellt wird.
Sie und die gleichaltrige Josephina Neumann (Frankfurt/Main) sind die Jüngsten, haben sich durch ihre Erfolge bei Jugend-Weltcup-Turnieren und nationale Ranglistenplätze qualifiziert, im Doppel treten sie gemeinsam an. Koharu Itagagki hat national das Top-24- und das Top-48-Bundesranglistenturnier der Altersklasse U15 und international bei den letzten Europameisterschaften Silber im U15-Doppel sowie Team-Bronze U15 gewonnen.

Natürlich hatte auch Bundestrainerin Jie Schöpp ein Wort mitzureden, die schon mehrfach die Tochter von Koji Itagaki, dem Trainer des Männer-Bundesligisten TSV Bad Königshofen, nicht nur bei Lehrgängen, sondern auch beim Training in Bad Königshofen beobachtete und ihr "bei der Fortsetzung ihrer derzeitigen Entwicklung" eine große Rolle im deutschen Tischtennis zutraut.
Mit dem SV Schott Jena steht Koharu Itagaki dicht vor dem Gewinn der Zweitliga-Meisterschaft
Dass sie gegen ältere und größere Gegnerinnen zu spielen hat, ist Koharu Itagaki ja gewohnt. Mit Frauen hat sie es auch im Liga-Alltag als Nummer 4 des Zweitligisten SV Schott Jena zu tun, wo sie erstmals in dieser laufenden Saison aufschlägt und eine zuverlässige Punktelieferantin ist. Am vergangenen Wochenende trug sie beim 6:1-Auswärtssieg beim TuS Uentrop im Doppel und Einzel zwei Punkte für ihr Team bei. Womit Jena seine Spitzenposition ausbaute und den Aufstieg in die Bundesliga im letzten Spiel perfekt machen kann.
Das 32 Spielerinnen starke Feld in Nürnberg ist gespickt mit namhaften Spielerinnen, angeführt wird es von Shan Xiaona, Annett Kaufmann und Sabine Winter. Diese zweite Teilnahme an einer deutschen Einzelmeisterschaft nach der in Saarbrücken vor einem Jahr ist ein Indiz der kontinuierlichen und steilen Entwicklung von Koharu Itagaki.
In der U13-Weltrangliste ist Koharu Itagaki die Nummer 2
In den Jugend-Weltranglisten ist sie bei der U19 die Nummer 40, bei der U15 Elfte und in der U13 die Nummer 2, im Doppel sogar die Nummer 1 der Welt ist. Ihr Ziel ist ebenso bescheiden wie sie selber: "Nicht so hoch, weil es ja nur gegen Erwachsene geht. Ich versuche einfach Erfahrung zu sammeln."

"In Wochen, in denen keine Meisterschaften sind, trainiere ich, außer Montag, viermal je zweieinhalb Stunden. An den Wochenenden sind dann meistens Turniere oder Spiele in der 2. Bundesliga." Ihre Trainer sind in Bad Königshofen Vater Koji Itagaki und beim Landes-Stützpunkt der Verbandstrainer Cornel Borsos, der aus Würzburg kommt, bei Lehrgängen des Deutschen Tischtennis-Bunds (DTTB) die Bundestrainerin Jie Schöpp. In Jena trainiert sie nicht, trifft sich nur zu den Spielen mit der Mannschaft.
Was ihre Freizeit betrifft, sieht das natürlich völlig anders aus als bei ihren Freundinnen Klara, Eva und Lea, die ihr aber helfen, wo es nur geht, wenn es um die nötige Nacharbeit wegen der vielen Fehltage geht. Wirklich Freizeit zusammen mit ihnen verbringen, ist nur bedingt und selten möglich. "Wenn ich mal ein Wochenende ohne Spiel oder Turnier habe, dann schon." Ob Koharu Itagaki noch andere Hobbys außer Tischtennis habe? Sie überlegt, schaut dabei etwas verlegen, was das doch für eine sonderbare Frage sei, überlegt und schüttelt mit japanischer Höflichkeit den Kopf.
"Solange mir Tischtennis Spaß macht, gebe ich mein Bestes."
Koharu Itagaki auf die Frage, ob sie Tischtennis-Profi werden möchte
Und ihre Selbsteinschätzung als Schülerin, gut, mittel oder schlecht? "Mittel." Ihr Berufswunsch, Tischtennis-Profi oder etwas anderes? "Man weiß ja nicht, wie es weiter geht. Solange mir Tischtennis Spaß macht, gebe ich mein Bestes. Wenn nicht, wird man sehen. Einen bestimmten Berufswunsch habe ich nicht."
Ob es nicht sehr viel sei, was sie mit 13 schon alles leiste? "Es ist manchmal schon anstrengend, aber auch schön, wenn man sieht, wie man besser wird." Was sie als ihre besondere Stärke im Tischtennis einschätze? "Dass ich meinen Plan im Spiel durchziehe und nicht ungeduldig oder nervös werde, wenn ich mal zurückliege und es eng wird. Da bewahre ich die Ruhe."
Koharu Itagaki ist ein bisschen weiter als Kilian Ort im gleichen Alter
Ob die Entwicklung von Koharu Itagaki der von Kilian Ort ähnlich sei, dazu gibt der Andy Albert, der Manager des TSV Bad Königshofen, ganz authentisch folgende Einschätzung: "Sie ist ein bisschen weiter, immerhin in der U13 die Nummer 2 der Welt. Man darf jedoch Mädchen- und Jungen-Sport nicht 1:1 sehen."
Sie sei aber vergleichbar mit Kilian Ort, findet Albert: "Wenn sie dabei bleibt, wird sie einmal deutsche Nationalspielerin, was sie jetzt im Jugendbereich auch schon ist. Sie und Josephina Neumann sind wie damals Kilian und sein Freund Dang Qiu. Also ähnliche Perspektiven, wobei Koharu seit ihrem sechsten Lebensjahr in Bad Königshofen intensiv mit ihrem Papa trainiert."
Vom TSV Bad Königshofen sind Kilian Ort und Bastian Steger in Nürnberg dabei
Apropos Kilian Ort: Bei den Männern vertritt er den Landesverband Bayern und den TSV Bad Königshofen bei den deutschen Meisterschaften in Nürnberg. In Berlin 2018 erreichte Ort schon einmal das Finale gegen Timo Boll, der diesmal fehlt. Bastian Steger vom TSV Bad Königshofen hat seine Teilnahme in Nürnberg kurzfristig abgesagt.