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Fußball: WM-Skandal: Die Wirren der Vergangenheit

Fußball: WM-Skandal

Die Wirren der Vergangenheit

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    Korruption, Bestechung, Schwarze Kasse: Die Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 ist in einen ungewollten Fokus gerückt.
    Korruption, Bestechung, Schwarze Kasse: Die Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 ist in einen ungewollten Fokus gerückt. Foto: Foto: Imago

    Irgendwie sagt inzwischen jeder irgendwas. Die Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 sei gekauft worden. Mittels einer Schwarzen Kasse hätten die Organisatoren des „Sommermärchens“ sich Stimmen erschlichen: So ging's mit dem Spiegel-Artikel vom 17. Oktober los. Seitdem herrscht Durcheinander, rotiert das Vorwurfs-Karussell auf Hochtouren. Und wirklich wissen tut eh keiner was. Höhepunkt dabei lange die skurrile Pressekonferenz von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, 2006 Vizepräsident des WM-Organisationskomitees, am 22. Oktober: Niersbach stolperte mehr schlecht als recht durch die Fragen der Journalisten, tatsächliche Antworten gab's kaum. Außer: „Es ist bei der WM-Vergabe 2006 alles mit rechten Dingen zugegangen.“ Wenn's nur so einfach zu glauben wäre. Schließlich hatten Niersbach, der inzwischen ja seinen Rücktritt erklärt hat, und sein Amtsvorgänger Theo Zwanziger inzwischen ebenso Besuch von der Steuerfahndung wie der DFB in Frankfurt. Die Frage: Wo sind die ominösen 6,7 Millionen Euro geblieben, die der DFB angeblich vor der Weltmeisterschaft an die FIFA gezahlt hat? Die Thematik beschäftigt. Nicht nur, aber vor allem die Sportwelt; freilich auch aus lokaler Sicht.

    Jürgen Pfau, Vizepräsident des Bayerischen Fußballverbandes und Vorsitzender des Fußballbezirks Unterfranken, hat von der Pressekonferenz seines obersten Vorgesetzten wenig mitbekommen, weilte währenddessen im Urlaub. Überhaupt tut der Frankenwinheimer sich schwer, sich zum jetzigen Zeitpunkt zur Thematik zu äußern. „Ich kann momentan wenig dazu sagen. Fakt ist natürlich, dass, wenn es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, diese aufgedeckt werden müssen“, so Pfau. Man dürfe nun aber nicht pauschalisieren und die Korruptionsvorwürfe auf die Basis des Fußballsports übertragen.

    Wie es nun weitergehe, sei ebenso schwer zu prognostizieren. „Das ist kaum absehbar, die weitere Entwicklung völlig offen. In jedem Fall war ich sehr überrascht von den Vorwürfen. Für mich persönlich war das nicht vorstellbar.“ Einen weiteren Sprung auf der Karriereleiter hatte Pfau, seit rund anderthalb Jahren einer von vier BFV-Vizepräsidenten, vorerst nicht geplant. Aber Raum zur Spekulation gibt es momentan ja jede Menge. Und nach Niersbachs Rücktritt rückt dessen Vize und BFV-Präsident Rainer Koch automatisch ins Feld der Nachfolge-Kandidaten. Und in München könnte ein noch bequemerer Sessel freiwerden. Wer weiß, wer weiß . . .

    Djelaludin Sharityar hat schon einiges erlebt. Der ehemalige Kicker des FC 05 Schweinfurt spielte bereits in Griechenland und den USA, auf Zypern, in der Schweiz und in Bahrain Fußball. Außerdem ist er Kapitän der afghanischen Nationalmannschaft, mit der er derzeit die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Rußland 2018 bestreitet. Und er betrachtet die Geschehnisse anders als Jürgen Pfau: „Ich glaube für jeden, der sich mit diesem Thema ein bisschen auseinandersetzt, kommt es nicht überraschend, dass es bei solchen Großevents zu Bestechungen kommt“, sagt der 32-Jährige, der seit dieser Saison für den Manama Club in der bahrainischen Premier League spielt.

    „Bei den Zuständen bei der FIFA momentan bekommt kein Land ein Event wie die WM nur wegen einer guten Bewerbung.“ Sharityar ist sicher, dass es auch bei der deutschen Bewerbung zu Unstimmigkeiten kam: „Meines Wissens ist ein Herr, der für Südafrika stimmen wollte, nicht zur Abstimmung aufgetaucht. So hat Deutschland mit einer Stimme Unterschied gewonnen.

    “ Tatsächlich hatte sich der inzwischen verstorbene Neuseeländer Charles Dempsey im letzten Moment der Abstimmung enthalten. Bei Stimmengleichheit hätte Südafrika wohl den Zuschlag bekommen. „Das ist schon alles sehr merkwürdig. Aber man sollte aufpassen, wen man beschuldigt. Und trotz allem nicht vergessen, wie schön die Weltmeisterschaft war.“

    Tomá Galásek hat doch eher gemischte Gefühle, wenn er an das Turnier in Deutschland zurückdenkt. „Sportlich habe ich keine guten Erinnerungen“, sagt der 42-Jährige, der damals als Kapitän mit der tschechischen Nationalmannschaft nach einem 3:0-Sieg gegen die USA sowie 0:2-Pleiten gegen Ghana und Italien nach der Vorrunde die Segel streichen musste. Bei der Europameisterschaft zwei Jahre zuvor in Portugal waren die Tschechen mit einer Goldenen Generation um Galásek, Pavel Nedved, Tomá Rosický und Jan Koller noch bis ins Halbfinale gestürmt.

    „Die Organisation war super“, erinnert sich Galásek, der vor einigen Jahren als Co-Trainer beim FC 05 Schweinfurt an der Seitenlinie stand und heute den Nord-Bayernligisten SpVgg SV Weiden trainiert. Umso überraschter war er, als nun der WM-Skandal ans Licht kam. „In Deutschland ist alles so ordentlich“, sagt Galásek, „ich konnte das gar nicht glauben.“ Als Spieler habe man sich für Themen wie den Ablauf einer WM-Vergabe aber weniger interessiert. „Das kannst du ja nicht beeinflussen. Da war es wichtiger, in welchem Stadion man spielt, man war mit anderen Dingen beschäftigt“, so der frühere Kapitän von Ajax Amsterdam und des 1. FC Nürnberg.

    So richtig überblicken kann die Situation inzwischen kaum mehr jemand. Dafür aber sind auch andere Gremien zuständig, findet Thomas Lutz. Der Trainer des Fußball-Kreisligisten FC Bad Kissingen war während der WM 2006 Organisationsleiter für den Aufenthalt der ecuadorianischen Nationalmannschaft in Bad Kissingen. „Beim Fußball geht es mittlerweile um dermaßen viel Geld. Ich denke da an Übertragungsrechte, Sponsoring und so weiter. Seitens der FIFA ist das Ganze inzwischen so undurchsichtig, dass es eine Mammutaufgabe für die Juristen und Wirtschaftsprüfer dieser Welt ist, da den Durchblick zu schaffen“, sagt er.

    „Aber genau den hat der Sport verdient. Ich denke gar nicht, dass man die WM 2006 jetzt als Fallbeispiel hernehmen muss, weil es meiner Meinung nach seit Jahrzehnten bei allem WM-Vergaben gleich abläuft. Und diese Abläufe müssen überprüft werden.“ Darauf warten die Fußballfans nicht erst seit dem aktuellesten Fall. Und auch nicht nur in Unterfranken.

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