Wenn sich die Spieler des Drittligisten HSC Bad Neustadt am Samstag auf die Reise in die Stadt der Gebrüder Grimm machen, würden sie bei einem Punktgewinn selbst ein Handball-Märchen schreiben. Denn Gastgeber und Tabellenführer HSG Hanau (Anwurf: 19.30 Uhr) scheint in der derzeitigen Verfassung nicht der Gegner zu sein, dem man einen Punkt abknöpfen kann. "Unsere Außenseiterrolle ist unbestritten", räumt auch HSC-Coach Frank Ihl ein, "aber meine Hoffnung basiert darauf, dass uns gegen den damaligen Spitzenreiter HC Erlangen II auch keiner einen Sieg zugetraut hat".
Beim bisher einzigen Saisonerfolg agierten die Rotmilane ohne nervlichen Druck, was sich auf die spielerische Komponente durchaus positiv auswirkte. Warum davon letzte Woche beim desaströsen Heimmatch gegen die ersatzgeschwächte HSG Bieberau-Modau wenig bis nichts zu sehen war, lässt den Trainer immer noch schwer grübeln. "Dabei hätte uns die Anfangsphase Sicherheit verschaffen müssen, denn da führten wir 3:0, ehe dem Gast erst nach acht Minuten der erste Treffer gelang."
Hanau ist stärker einzuschätzen als Bieberau-Modau
Doch ab diesem Zeitpunkt ging es bei den Hausherren stetig bergab, die Offensivleistung war zunehmend ein Graus, in der Defensive fehlte im zweiten Durchgang die Stabilität, was schließlich in ein 22:30 mündete. Das darf in Hanau nicht passieren, denn die HSG ist noch einen Tick stärker einzuschätzen als Bieberau-Modau. Dies bewiesen die Mannen von Trainer Hannes Geist bereits im Hinspiel, als sie am Schulberg klar mit 30:17 siegten.
Allerdings waren schon vor dem Anpfiff die Voraussetzungen ungleich, denn der HSC lief mit einem Miniaufgebot auf. Das ist vermutlich am Samstag erneut so: "Mir fehlen diesmal wieder Spieler, wegen Krankheit steht ein Fragezeichen hinter den Einsätzen von Vilim Leskovec, Sebastian Kirchner, Christopher Früh und Torhüter Stanislaw Gorobtschuk", so Ihl, der "auf eine so nur durchwachsene Trainingswoche zurückblickt".
Und vor welchem Hanauer warnt Frank Ihl? Im Prinzip vor allen, denn die Gastgeber sind auf allen Positionen top besetzt und dazu noch doppelt. Die Torhüter Sebastian Schermuly und Fabian Tomm sind reaktionsschnell, die 5:1-Deckung, auf die die Hessen vor Saisonbeginn umgestellt haben, agiert aggressiv und hält den gegnerischen Rückraum weit vom eigenen Kreis ab. Der Rückraum selbst ist torgefährlich, wobei der halblinke Luca Braun und der halbrechte Yaron Pillmann eine Klasse für sich sind. Der erfahrene Kreisläufer Lucas Lorenz war schon früher ein Schrecken der HSC-Deckung.
Der Angriff des HSC Bad Neustadt geizt mit Toren
Eine Analyse des Hinspiels hat zudem ergeben, dass Ballverluste gegen die Geist-Schützlinge generell mit Tempogegenstößen bestraft werden. Die Stärke der Hanauer bekam zuletzt der TV Kirchzell zu spüren, der in eigener Halle 27:34 verlor. Da war der Tabellenführer genauso effektiv wie im bisherigen Saisonverlauf. Die HSG-Fans haben bisher 321 Treffer bejubelt, die des HSC Bad Neustadt erst 233.