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WÜRZBURG: Ohne Augenlicht zielsicher

WÜRZBURG

Ohne Augenlicht zielsicher

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    Volle Konzentration: Wie gut man auch ohne Augenlicht Bogenschießen kann, beweist der Röthleiner Siegbert Hofmann.
    Volle Konzentration: Wie gut man auch ohne Augenlicht Bogenschießen kann, beweist der Röthleiner Siegbert Hofmann. Foto: Foto: Stephan Rinke

    Jemand, der ohne Einschränkungen geboren wurde und mit Gesundheit gesegnet ist, wird sich wundern, wenn er das erste Mal von Sportarten für Menschen mit Behinderungen hört: Fußball für Blinde, Basketball für Querschnittsgelähmte, Skifahren für Beinamputierte. Besonders schwer kann man sich Bogenschießen für Sehbehinderte vorstellen, doch genau in diesem Sport ist Siegbert Hofmann aus Röthlein bei Schweinfurt zu Hause, der als Trainer auch andere Menschen mit Sehbehinderungen von seinem Sport überzeugen und ihnen ein Stückchen Erfüllung geben möchte.

    „Es ist mein Traum, dass irgendwann Menschen mit und ohne Behinderung zusammen Sport treiben“, erklärt Ansgar Lipecki seine Vorstellung einer gelungenen Inklusion. Genau aus diesem Grund freut sich der Sportbeauftragte der Blindeninstitutsstiftung, Menschen wie Hofmann in seiner Einrichtung begrüßen zu dürfen. So konnten Kinder mit und ohne Sehbehinderung in Würzburg Einblicke in das Bogenschießen gewinnen. „Bei der Inklusion ist es nicht allein mit neuen Richtlinien getan. Es kommt auch auf das Engagement der Lehrer und auf die Rahmenbedingungen an, also auf bauliche Maßnahmen und auf Fortbildungen“, so Lipecki. Man dürfe die Lehrer nicht allein lassen mit der Aufgabe, den Sportunterricht mit behinderten und nicht-behinderten Kindern ausgeglichen zu gestalten.

    Seinen Beitrag leistet die Graf-zu-Bentheim-Schule des Blindeninstituts nicht nur durch die Abteilung „offene Schule“, in der Schüler und Schülerinnen mit und ohne Beeinträchtigungen den Unterricht gemeinsam besuchen, und dadurch, dass die Lehrer des „mobilen sonderpädagogischen Dienstes“ 280 weitere Schüler und Schülerinnen in anderen Schulen und Einrichtungen in Unterfranken betreuen und die Kollegen vor Ort unterstützen. Wie der Name des Blindeninstituts verrät, handelt es sich dabei meist um Menschen mit Sehbehinderungen, doch auch Schüler mit mehrfacher Behinderung können die Angebote wahrnehmen.

    Zu ihnen gehört die 15-jährige Vanessa, die neben ihrer Sehbehinderung von einer Spastik betroffen ist. Dennoch ist sie seit 2011 für den SSV Waldbüttelbrunn als Bogenschützin aktiv. „Es ist ein schöner Sport, bei dem man viele nette Leute kennenlernt und bei dem man seinen Frust ablassen kann“, sagt Vanessa, die bei den üblichen Wettkämpfen an den Start geht und dort chancenlos ist. „Ich möchte aber mal zur deutschen Meisterschaft fahren – so wie Siggi.“

    Mit Siggi meint sie eben jenen Siegbert Hofmann, der 1982 mit der Mannschaft als Vierter bei den deutschen Meisterschaften seinen größten Erfolg feierte, bevor ihm die degenerative Netzhauterkrankung Retinitis Pigmentosa mehr und mehr das Augenlicht raubte. Heute sieht Hofmann nur noch einen kleinen Ausschnitt seiner Umgebung. Als offiziell Blinder nahm er erstmals 2009 an einem Wettkampf teil. Dennoch ist er seit 1997 der Bezirksjugendtrainer Unterfrankens und betreut mit seinem Team etwa 20 Jugendliche.

    Einfluss auf die Körperhaltung

    „Das Bogenschießen hat einen positiven Einfluss auf die Körperhaltung von Menschen mit Sehbehinderungen“, erklärt Hofmann. So könne man deren Neigung zum hängenden Kopf beziehungsweise zum Rundrücken entgegenwirken. Doch nicht technische Hilfsmittel wie Laserpeilung oder Piep-Töne helfen dem Bogenschützen, der beim Wettkampf mit einer geschwärzten Brille und so garantiert blind antritt. Als Orientierung dient eine Konstruktion aus Metallstreben, die mit Hilfe der Begleitperson ausgerichtet wird. Über den Rücken der Hand, mit der der Bogen festgehalten wird, nimmt er dann Kontakt zu einem bestimmten Punkt des Gestells auf. Bei richtiger Körperhaltung und genauen Hinweisen der Begleitperson kann er dann auch ohne Augenlicht ins Schwarze treffen.

    Aus Mangel an Konkurrenten sicherte sich Hofmann seine Meistertitel ohne Gegner. „Meine Motivation ist es, meine eigenen Bestwerte immer wieder zu überbieten“, beschreibt der Unterfranke seine Ziele, zeigt sich vom Verband aber auch ein wenig enttäuscht: „Ich würde gerne an internationalen Wettkämpfen teilnehmen, wo es auch Konkurrenten gibt, aber dafür müsste mich der Verband einladen. Ich wäre von den Punkten her unter den besten Drei der Welt, aber vielleicht möchte der Verband einfach keinen Behinderten schicken.“ Unabhängig davon wird Hofmann weiterhin seinen Sport bewerben zum Wohle von Sehbehinderten wie Vanessa. Schließlich sei es unheimlich motivierend, etwas zu schaffen, was man anfangs für unmöglich hielt.

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