„Damit kann ich sehr gut leben“, sagt Merten Krüger und schmunzelt. Die vorangegangene Feststellung? Er sei der beste Zuspieler der gesamten Liga. Der 26-Jährige weiß einfach, dass er es wirklich ist. Und beim VC Eltmann sind sie froh, ihn zu haben. Wie Krüger die Angreifer der Oshino Volleys in Szene setzt, hat schließlich großen Anteil am sportlichen Höhenflug. Der VCE führt die Tabelle der 2. Volleyball-Bundesliga Süd an und darf von der Ersten Liga träumen.
Die kennt Merten Krüger, hat sieben Jahre dort aufgeschlagen für Berlin, Wuppertal, Düren oder Coburg. Als Mitglied der deutschen Junioren-Nationalmannschaft war er schon mal ganz nah dran an der absoluten Spitze des deutschen Volleyball-Sports. „Ich habe auch Europapokal gespielt und Nationalkader-Lehrgänge absolviert, bei meiner Vita ist es nicht so überraschend“, schiebt der gebürtige Hamburger noch eine Erklärung nach, warum ihn die eingangs beschriebene Wertschätzung der Eltmanner Verantwortlichen nicht zu sehr überrascht. Einer wie er würde vermutlich nicht in Unterfranken ans Netz gehen, wenn da nicht diese dusselige Verletzung gewesen wäre. Beim Möbelbauen rutschte Krüger die Kreissäge in den Finger – für einen Sportler, dessen primäres Werkzeug die Hände sind, natürlich ein Desaster.
Da war es nach dem Österreich-Abstecher nach Hartberg gar nicht so einfach, in Deutschland wieder Fuß zu fassen. Der geplante Wechsel nach Bad Dürenberg war jedenfalls geplatzt.
„Da habe ich Rolf Werner angerufen und er hat mich sofort genommen“, war Krüger heil froh, nach seiner Zeit in Coburg (2013/14) Kontakt zu VCE-Manager Rolf Werner gehalten zu haben. Der wiederum nahm den Ausnahme-Volleyballer 2015 ohne ihn vorher nochmals unter die Lupe genommen zu haben. Erste Liga stand in dem Moment ohnehin nicht ganz oben auf der Agenda des Zuspielers. Es schien an der Zeit, sich ein berufliches Standbein aufzubauen, er absolviert noch bis 2018 eine Ausbildung zum Bauzeichner.
Und wenn jetzt plötzlich Eltmann ans Tor der Eliteklasse pocht? „Es ist schon einen Gedanken wert, sich damit auseinanderzusetzen“, sagt der 1,95-Meter-Mann mit dem blonden Bart. „Auch wenn ich nicht weiß, ob es für mich unter den aktuellen Bedingungen sportlich reichen würde. Wie im übrigen für fast alle Kollegen auch.
“ Understatement? Krüger schüttelt den Kopf: Vier bis fünf Mal Training die Woche, wie derzeit, sei eine Liga höher zu wenig. Fünf Mal abends plus mindestens zwei Mal vormittags müssten es schon sein, um wettbewerbsfähig zu sein. Und dieses Pensum würde in Eltmann traditionell mit den Hallenbelegungsplänen kollidieren. Von den finanziellen Grundvoraussetzungen ganz zu schweigen. Doch an dieser Baustelle – nötig wäre ein Mindestetat von einer halben Million Euro – arbeiten Vorsitzender Peter Knieling und Manager Werner parallel mit Hochdruck (wir berichteten).
„Wir bräuchten drei bis fünf Verstärkungen“, prophezeit Krüger. Beispielhafte Aufsteiger-Karrieren gibt's ja: Solingen vertraut weitgehend der alten Mannschaft und ist Letzter, die Rhein-Main-Volleys haben das komplette Team ausgetauscht und sind Dritter. „Bei uns wird es keinen drastischen Personalwechsel geben“, sagt der Hanseat, der sich mit seiner Freundin aus Dürener Tagen im Fränkischen („hier dauert es wie bei uns im Norden etwas länger, bis die Menschen sich öffnen“) inzwischen heimisch fühlt. „Wenn Rolf die Rahmenbedingungen möglich machen sollte, wird die Mannschaft eingebunden.
Dann wird ausgelotet, wie viele Spieler über die Schmerzgrenze der Mehrbelastung gehen wollen. Sind es zu wenig, wird es unwahrscheinlich mit dem Aufstieg.“ Ohnehin würden nur „Spieler verpflichtet, die charakterlich passen. Rolf Werner und Trainer Milan Maric achten sehr genau darauf, wer passt, damit das Wohlfühlklima, das den Eltmanner Erfolg auch ausmacht, nicht verloren geht.“ Sportliches Erfolgsstreben um jeden Preis, wird es also nicht geben. „Man darf nämlich nicht vergessen, dass in der Ersten Liga Spaß am Sport und Leidenschaft schnell auf der Strecke bleiben können. Dann wird Volleyball zum Job.“
Und genau das schätzt Merten Krüger an seinem aktuellen Engagement. „Ich habe den Spaß wieder gefunden. Und ich bin ehrgeizig wie nie, mich persönlich zu verbessern.“ Dass er in Eltmann schwer zu ersetzen ist, zwar der überragende, aber eben auch der einzig nominelle Zuspieler ist, nie ausfallen darf – es belastet ihn nicht: „Ich glaube nicht, dass ich mich verletze, ich habe meinen Körper im Griff.“ Und diesem Körper gibt er noch einige Jahre auf dieser Position: „Nach meiner Ausbildung bin ich im besten Zuspieler-Alter.
Es dauert zwar länger, bis man zu einem guten gereift ist, doch dafür kann man dann umso länger spielen.“ Dass es ausgerechnet die zentrale Position geworden ist, dafür haben schon seine Jugendtrainer beim VC Norderstedt gesorgt: Frank Koch, Martina Schwarz und Ulrich Lampe. Das Trio musste damit behutsam umgehen, dass der kleine Merten für seinen jeweiligen Jahrgang immer zu gut war und schon als 13-Jähriger bei den Männern eingesetzt wurde; da schien die Zuspieler-Rolle die körperschonendste.
An Schonung ist nach der Niederlage vom letzten Samstag, die den Vorsprung auf Platz zwei auf drei Punkte (bei einem Spiel weniger) hat schrumpfen lassen, nicht zu denken. Für das 0:3 in Schwaig macht Krüger auch die enge Halle verantwortlich, in der das frenetische Publikum die Gastgeber nach vorn getrieben hatte: „Uns hat das eher beeindruckt, denn beflügelt. Ich mag solche Schuhschachteln auch nicht.“ Doch jetzt stehen von den verbleibenden elf Partien ja erst einmal drei Heimspiele (lesen Sie dazu auch nebenstehende Vorschau) in Serie an. „Und ich bin felsenfest überzeugt, dass wir nicht vom Kurs abgekommen sind.
“ Denn auch wenn es letztlich mit einem Aufstieg nichts werden sollte, ist sich Merten Krüger sicher: „Meister werden wir. Auch wenn wohl nicht zu Hause. Die letzten drei Spiele sind auswärts – und zu glauben, dass es davor schon klar ist, ist wohl doch vermessen.“