Wenn Jimmy Hartmann einmal loslegt, ist er kaum zu stoppen. Der Mit-60er lebt für seinen Sport, er ist Bowler durch und durch. Die richtigen Schuhe, das richtige Öl auf der Bahn, der vollkommen austarierte Ball – Hartmann ist immer auf der Suche nach dem perfekten Wurf. Denn der ist mehr, als einfach nur die zehn Pins am Ende der 18,29 Meter langen Bahn alle auf einmal zu Fall zu bringen. Es ist mehr, als dauernd ein perfektes Spiel mit 300 Punkten zu machen. Hartmann sieht sofort, wenn mit dem Schwung etwas nicht stimmt. Wenn der Ball Millimeter zu weit rechts oder links auf der Bahn ankommt und schon im Ansatz klar ist, dass das kein Strike werden kann. Dass der Wurf den Ball nicht perfekt auf die Pins 1, 3 und 5 lenkt, die dann alle anderen zu Fall bringen. Es ist aber auch kein Wunder, dass Jimmy Hartmann das alles sieht und weiß. Jimmy Hartmann ist immerhin Nationaltrainer. Von 1995 bis 2000 betreute das Gründungsmitglied der Geldersheim Strikers in Bayern die Frauen, später tat er das auf Bundesebene und heute ist er für die Junioren als Bundestrainer zuständig.
Gemeinsam mit Abteilungsleiter Thomas Nöth, der ebenfalls schon seit 32 Jahren dabei ist, betreiben Hartmann und seine Mitstreiter den Bowling-Sport für die Geldersheim Strikers als Leistungssport. Drei Mannschaften hat die Abteilung des FC Geldersheim im Ligenbetrieb am Start – in der Landesliga, der Bereichsliga und der A-Klasse. Während man in den unteren beiden Ligen im Mittelfeld platziert ist, ist das Vierer-Team der Geldersheimer in der Landesliga vom Abstieg bedroht. Was kein allzu großes Drama wäre, die Mannschaft peilt in der kommenden Spielzeit ab September den Wiederaufstieg an. Anfang der 1980er Jahre, natürlich auch beeinflusst durch einige Bekannte bei den amerikanischen Soldaten in den Kasernen in Schweinfurt und Geldersheim, spielten Nöth, Hartmann und einige Freunde in zwei Freizeitteams, den BF Strikers Schweinfurt und Convoy Geldersheim. Irgendwann kam der Wunsch auf, das Ganze als richtigen Sport zu betreiben, vielleicht taten auch die Geschichten der amerikanischen Freunde über ihre Helden zu Hause in Übersee ihr Übriges, denn Bowling in den USA, das ist eine ganz andere Nummer als Bowling in Deutschland, wo es mit bayernweit rund 9000 Aktiven nicht nur im Freistaat ein Schattendasein fristet.
Zumal da ja auch noch die große Kegel-Gemeinde ist, der Sport, der traditionell in Deutschland verhaftet ist und sich nicht nur dadurch vom Bowling unterscheidet, dass die Kegler eine Kugel werfen und Holz zählen anstatt einen Ball rollen zu lassen und Pins zu Fall zu bringen. Doch Nöth, Hartmann und Co. ließen sich damals und heute nicht beirren, sie gründeten die Geldersheim Strikers, wurden eine Abteilung des FC Geldersheim und fanden zunächst in Oberndorf eine Heimstatt, dann in Schweinfurt und seit 2005 in Dettelbach im Gewerbepark. Die Rückkehr in die Kugellagerstadt steht aber kurz bevor und darüber ist man so richtig froh.
„Wir haben in Dettelbach ein tolles Verhältnis zum Bahnbetreiber, der nun auch in Schweinfurt am Hainig eine neue 18-Bahnen-Anlage baut“, erzählt Thomas Nöth. Jimmy Hartmann bekommt glänzende Augen, wenn er an die neuen Möglichkeiten denkt. Perfekte Bahnen, Einzelpin-Aufstellung, genügend Trainingszeiten für den Nachwuchs. Große Pläne hat er im Kopf, zumal Zeit sein geringstes Problem ist, da er bald in Altersteilzeit geht. „Wir wollen in Schweinfurt ein Leistungszentrum aufbauen und ich will auch versuchen, mit den Schulen zu kooperieren. Warum denn nicht am Wandertag vorbei kommen und eine Runde Bowling ausprobieren?“
Innovativ wäre das allemal, denn wie alle Sportarten – ob beim Fußball, Handball, oder den artverwandten Keglern – auch die Bowler müssen schauen, wo und wie sie Nachwuchs akquirieren. Schulsport und ein Leistungszentrum vor Ort helfen da sicher. Bowling ist zwar mit viel Spaß auch für Kinder verbunden, was man an Kindergeburtstagen und anderen Veranstaltungen auf den hiesigen Bahnen sieht. Bowling ist aber auch kein billiger Sport. Die Bälle können bis zu 250 Euro kosten, man braucht Spezialschuhe, die Rutschen ermöglichen. Und man muss dem Bahnbetreiber die Spiele bezahlen. Insofern ist es natürlich von Vorteil, sich einem Verein wie den Geldersheim Strikers anzuschließen, die Sonderkonditionen bekommen, weil sie das ganze Jahr über auf der Bahn sind und nicht nur in der Ligen-Saison von September bis März und drei bis vier Mal wöchentlich trainieren. Jimmy Hartmann und Thomas Nöth hoffen jedenfalls, dass die neuen Möglichkeiten in Schweinfurt ab Herbst diesen Jahres ihrem Verein und ihrem Sport einen neuen Schub geben.
Erfolg auf der Suche nach dem perfekten Bowler ist den Geldersheimern zu wünschen. „Zielstrebig und hartnäckig muss ein Spieler sein, wenn er richtig gut werden will“, sagt Thomas Nöth. Jimmy Hartmann fügt mit dem geschulten Blick des Trainers und der jahrelangen leidvollen Erfahrung als Spieler mit einem Augenzwinkern an: „Und er muss akzeptieren, dass nur er alleine schuld ist, wenn ein Wurf daneben geht. Nicht die Bahn, nicht der Ball, nicht das Umfeld. Er.“ Sprach's, dreht sich um und kann sofort erklären, warum der kleine Fernseher zu Beginn der Bahn wild blinkend einen Strike anzeigt, als ein Geldersheimer Spieler den Ball perfekt in Richtung Pins flitzen lässt und alle umfallen.