Mit dem Heimspiel der Schweinfurter Mighty Dogs gegen Bad Tölz am 28. Dezember vergangenen Jahres war es soweit. An diesem Tag erfolgte eine Wachablösung auf der Fan-Tribüne im Schweinfurter Icedome. Die langjährigen Trommler Ralf Michel und Sven Kümpel beendeten ihre Tätigkeit als Trommler der ERV-Fan-Gemeinde. Ein Vorhaben, dass eigentlich erst zum Ende der laufenden Spielzeit in die Tat umgesetzt werden sollte.
Besonders Michel prägte die Schweinfurter Fan-Kultur seit knapp 28 Jahren entscheidend mit. Nicht nur, weil er mit seiner Trommel den Takt für die Unterstützung der Mannschaft vorgab, sondern auch, weil er unermüdlich immer wieder Fahrten zu den Auswärtsspielen der Mighty Dogs in mühevoller Arbeit organisierte. Genau darin lag aber auch der Grund, warum er sich zu diesem Schritt nun vorzeitig entschloss. „Die Fan-Kultur ist nicht mehr die gleiche wie vor zehn oder 15 Jahren. Mit dem ausbleibenden sportlichen Erfolg in dieser Saison gab es unter den Fans immer mehr negative Stimmung gegen das eigene Team. Da ist mir die Motivation flöten gegangen.“
Auch die Bereitschaft, das Team auswärts zu unterstützen, sieht Michel schwinden. „Ich habe im Dezember noch versucht, zu drei Auswärtsspielen Busse zu organisieren. Die Resonanz ging aber nicht über 20 bis 25 Anmeldungen hinaus. Da ist es wirtschaftlich einfach nicht möglich“, begründet der 45-jährige Familienvater das Ende seines Engagements in diesem Bereich.
Das war früher einmal anders. Als er, der selbst „Eishockey nur auf dem Dorfteich gespielt“ hat, damals dem Fanclub „Die Eisbären“ beitrat, stand die Unterstützung des Teams noch im Mittelpunkt. Schon bald übernahm er, als der damalige Trommler aufhörte, diese Aufgabe und führte schließlich rund zehn Jahre den Fanclub „Eisbrecher“. Hier organisierte er rund 20 Jahre lang unzählige Fahrten zu Spielen des ERV aber auch anderen Eishockey-Events. Die Fahrt mit sechs Fan-Bussen zum Oberliga-Spiel in München war dabei eines seiner Highlights, „die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Rund 700 Schweinfurter in der Olympia-Halle. Das war wirklich traumhaft.“ Aber Zwei-Tagesfahrten zu Auftritten zu Spielen bei Preußen Berlin und nach Bremerhaven, bei denen der SKF-Beschäftigte neben der Fahrt auch die Übernachtung organisierte, sind ihm in ebenso in guter Erinnerung wie die Tour mit 84 Personen im Doppelstockbus zum Eröffnungsspiel der Eishockey-Weltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 2010 nach Gelsenkirchen.
„Die Fan-Kultur ist nicht mehr die gleiche wie vor zehn oder 15 Jahren.“
Ralf Michel über die Gründe, sich zurückzuziehen
Dass die Bereitschaft zu solchen Unternehmungen heute gesunken ist, kann er ein Stück weit verstehen. „Dass nicht jeder jede Fahrt mitmachen kann, ist natürlich ein finanzielles Problem. Aber wenn grundsätzlich eine höhere Bereitschaft da wäre, müsste es häufiger drin sein, das Team zu begleiten. Jedenfalls wenn man die Mitgliedschaft im Fanclub so definiert, dass man die Mannschaft unterstützt und nicht nur im Block steht“, übt er bei allem Verständnis auch deutliche Kritik.
Seiner Liebe zum Eishockey-Sport und zu den Mighty Dogs wird dies aber keinen Abbruch tun. Er ist weiterhin sowohl bei den Heimspielen, wo er bei Bedarf in allen Belangen, wo Unterstützung benötigt wird, mit anpackt, als auch bei den Auswärtspartien dabei. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten fünf Jahren auch nur ein Pflichtspiel auswärts verpasst habe.“
Seine Trommel hat Ralf Michel aber eben nicht mehr im Gepäck. Die hat er seinem Nachfolger Bastian Jones verkauft, der früher schon mal als Trommler ausgeholfen hatte. „Als mein Entschluss feststand, habe ich ihn über Facebook kontaktiert und ihn gefragt, ob er Interesse hat, die Trommel zu übernehmen. Wir haben uns dann schnell geeinigt und am 28. Dezember habe ich sie ihm dann nach dem Spiel übergeben.“
Wegbegleiter Sven Kümpel, der es immerhin auch auf zwölf stolze Jahre als ERV-Trommler brachte, tat es Michel gleich und hörte auf. „Ich habe ihm von meinem Entschluss erzählt und wir haben uns dann gemeinsam für diesen Termin entschieden.“
Als Erinnerung an diesen denkwürdigen Abend trägt er nun ein Sweat-Shirt mit der Aufschrift „Final-Game“, wenn er mit seiner Tochter, die seine Eishockey-Leidenschaft teilt, den Icedome besucht. Seine Frau indes kann er nicht mehr für den Icedome begeistern. „Bis vor zehn Jahren war sie auch regelmäßig mit dabei. Aber sie friert immer zu sehr.“ Wenigstens daheim dürfte sie jetzt aber etwas mehr von ihrem Mann haben, der allerdings ein Comeback als Organisator nicht völlig ausschließt. „So eine Fahrt zu einem WM-Spiel wie in Gelsenkirchen könnte ich mir gut noch mal vorstellen.“ 34 Jahre Eishockey-Begeisterung hinterlassen eben unauslöschbare Spuren.