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Fußball: FTS: Das etwas andere Universum

Fußball

FTS: Das etwas andere Universum

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    Wir stehen vor Sand in der Tabelle, das ist ein Erfolg“, sagt Florian Riegel grinsend. Ja, die Herbstrunde dieser Saison in der Fußball-Landesliga war eine sehr gute – die Freien Turner Schweinfurt sehen es mit Stolz und ein bisschen Humor. „Nein, wir sind nicht die heimliche Mannschaft des Jahres“, glaubt Co-Trainer Ralf Fritscher, fragt aber mal vorsichtshalber an, ob sich die FTS noch auf eine Sportlerehrung im Rathaus einstellen sollte.

    Die Ehrung im Rathaus findet vielleicht im Dezember 2011 statt, für dieses Jahr muss sie sich auf den Jahresrückblick beschränken. Was 2010 an der Maibacher Höhe geleistet wurde, mag auf den ersten Blick nicht spektakulär erscheinen – Platz acht 2009/10 und aktuell Fünfter – doch für bescheidene Turner-Verhältnisse war es ein herausragendes Jahr. Schließlich haben die Schweinfurter den jüngsten Kader (gesichert), das wenigste Geld (geschätzt) und die schlechtesten Trainingsbedingungen (vermutet) der Liga. Aber Platz zwei ist immer noch drin.

    „Daran denken wir nicht“, bremst Trainer Ernst Gehling sofort ab. „Bayernliga wäre für uns utopisch“, ergänzt Fritscher. Trotzdem: Wenn es am letzten Spieltag einen Showdown gegen den jetzigen Zweiten SpVgg Selbitz um den Relegationsplatz gäbe, würden die Turner als gute Sportsmänner eben doch den Erfolg wollen – Finanzen hin oder her.

    Für Außenstehende mag es eine Überraschung sein, dass die FTS mit mittlerweile über 1000 Partien nicht nur der Dino der Landesliga ist, sondern auch immer noch quicklebendig. Doch beim Blick hinter die Kabinentür stellt der Besucher fest, dass dieser Erfolg nicht aus heiterem Himmel kommt, sondern die Belohnung langer kontinuierlicher Arbeit ist. Dass bei den Turnern ein Rädchen ins andere greift. Und dass natürlich Fixstern Ernst Gehling das kleine FTS-Universum mit Licht, Energie und Leben versorgt.

    Zum einen, weil er Mitte 2011 20 Jahre ununterbrochen im Amt ist, nicht in Routine erstarrt. „Bei jedem Spiel überrascht mich der Ernst“, sagt Fritscher, „keiner schafft es wie er, ein Spiel mit wenigen Worten zu analysieren und die Mannschaft perfekt einzustellen. Ich kann keinen besseren Lehrmeister haben.“

    In den letzten Monaten hat sich die Mannschaft aber auch taktisch weiter entwickelt und etwas geschafft, dass es quasi noch nie gab – ein positives Torverhältnis. „44:31 – das hatten wir noch nie“, sagt Fritscher, der schon als Spieler unter Gehling die Abwehr organisierte. „Wir sind geduldiger geworden“, glaubt Stenzinger. Zudem passt das vermeintlich altbackene System mit zwei Manndeckern und einem Libero hervorragend zu den spielerischen Möglichkeiten. „Wir spielen mit dem Libero vor, auf einer Linie mit oder hinter der Abwehr“, sagt Dominik Ebert, der Stammlibero. „Eigentlich ist es mehr eine Dreierkette.“ Viele Turner sind auf vielen Positionen einsetzbar – ein weitere Stärke. Stenzinger: „Früher haben wir den Ball einfach mal vorgehauen, jetzt spielen wir gepflegten Tempofußball.“

    Am wichtigsten ist aber, dass es in der Mannschaft einfach passt. „Von uns ist ja keiner zufällig an der Maibacher Höhe gelandet“, so der Kapitän, „wir sind die Rosinen aus dem Umland, die sich der Ernst raus gepickt hat.“ Wer das rote FTS-Trikot tragen will, muss in der Tat weit mehr mitbringen, als nur einigermaßen talentiert gegen das Leder zu treten. Wer auf Gehlings Wunschzettel kommt, „darf kein Vogel sein, kein Quertreiber, der muss zu uns passen“, sagt der Trainer, „da erkundige ich mich auch nach dem Elternhaus. Und der darf nicht für Geld bei uns spielen wollen.“ Wichtig ist Gehling auch, seine Spieler charakterlich zu formen, ihnen Selbstvertrauen, Zivilcourage, die Fähigkeit zur eigenen Meinung und soziales Verhalten beizubringen. „Wir haben hier ganz flache Hierarchien.“

    Und viel Sportsgeist. Erinnert sei an die Schlussphase der Saison 2009/10, als die FTS das Stadtderby beim FC 05 verlor, von grün-weißen Fans übel beschimpft wurde und nur drei Tage später mit einem enormen Kraftakt den größten 05-Konkurrenten WFV 2:1 schlug. Im Grunde trübt nur eines die großartige FTS-Bilanz 2010: Die Schweinfurter haben immer noch nicht entdeckt, dass auf der Maibacher Höh' erfolg- und torreicher Tempofußball zelebriert wird. Oft sind es kaum mehr als 150 Stammzuschauer, die die Partien verfolgen. Neben der schlechten Parksituation macht Gehling auch eine Art Übersättigung dafür verantwortlich. „Vielleicht sind die 1000 Landesliga-Spiele auch ein Fluch, weil es nichts Neues mehr ist. Vielleicht können die Leute auch mich nicht mehr sehen. Auf jeden Fall würde ich mir wünschen, dass trotzdem wieder mehr kämen. Das würde auch meinen Jungs den Respekt entgegen bringen, den sie verdient haben.“

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