Ob Sehuntüchtigkeit, Ähnlichkeit mit seinem Werkzeug oder gar der Vorwurf, nie in seinem Leben selbst Fußball gespielt zu haben – sie müssen sich einiges anhören, die Schiedsrichter. Und nicht selten steckt am Ende des (Spiel-) Tages ein Kreisliga-Kicker mehr Taschengeld ein, als ein Bayernliga-Referee. Warum sich das also antun? „Weil mich das schon immer gereizt hat, dass es da Jemanden gibt, der Entscheidungen trifft.“ Sagt einer, der mit 21 Jahren in eben dieser Bayernliga pfeift und bereits 2009 als Elfjähriger eingestiegen ist: David Kern.
Der ist nun vom TSV Röthlein zur DJK Wülfershausen gewechselt. Und erneut stellt sich die Frage nach dem Warum. Eine Frage, die Stanislaw Schmitt, Vorstand Sport beim Kreisligisten aus dem Dreiländereck Schweinfurt-Mainspessart-Kissingen, besser beantworten kann, als „sein“ neuer Schützling: „Wir waren auf der Suche nach einem jung-dynamischen Schiedsrichter. Die Akquise fällt in einem 400-Einwohner-Dorf schwer.“ Dann kam der Tipp von Ex-Abteilungsleiter Rainer Schindelmann: In Röthlein gäbe es den David Kern, der dort nicht hundertprozentig zufrieden sei. „Und dann ging es schnell. David und ich haben das gleiche Ziel: Wir wollen das Schiedsrichter-Amt wieder attraktiver machen für junge Leute.“
Und genau das ist der Grund für den Wechsel: Ein Verein hat erkannt, dass in Zeiten, in denen schon B-Klassen-Spiele unbesetzt bleiben, Scheidsrichter-Nachwuchs her muss – und stößt damit ins gleich Horn wie Kern, der neben seinen Jobs als Bayernliga-Schiri sowie Assistent in der Regionalliga und den A- und B-Jugend-Bundesligen auch noch Lehrwart der Schiedsrichtergruppe Schweinfurt ist. „In Röthlein hat im Verein ja keiner richtig gewusst, was ich überhaupt mache. Ich möchte mich aber in einem Verein integriert und wertgeschätzt werden. In und mit der DJK kann ich helfen, etwas zu bewegen“, sagt der Medizinstudent an der Uni Würzburg. In Wülfershausen sollen künftig über Veranstaltungsabende und auch auf Jugend-Teams zugeschnittene Info-Tage Kontakte zu jungen Spielern geknüpft werden, die aus der praxisferneren Institution Gruppe heraus kaum möglich seien.
Ob's klappt, kann auch Schmitt nicht absehen: „Wir versuchen es einfach mal. David und ich sind auf der gleichen Wellenlänge, wir könnten Vorreiter werden. Vielleicht springen auch andere Vereine auf den Zug auf“, sagt der 35-Jährige. „Als Aushängeschild habe ich deswegen auch einen jungen Schiedsrichter gebraucht. Ein 55-Jähriger kommt da trotz seiner Erfahrung nicht an die Jungen ran.“
Ein paar Annehmlichkeiten
Und so hat Kern „ganz als Schiedsrichter“ gedacht, als er sich zum Wechsel nach Wülfershausen entschlossen hat. Anders als Fußballer, für die primär sportlicher oder finanzieller Aufstieg Triebfeder sein mag, profitiert er bezüglich seiner Klassifizierung nicht. Ein paar Annehmlichkeit gebe es aber schon, wenn ein Verein wie die DJK bewusst auf die Förderung ihrer Unparteiischen setzt: Dann werden halt Sportkleidung und Fußballschuhe finanziert. Was für Schmitt selbstverständlich ist: „David wird bei uns behandelt wie ein Spieler, und der bekommt ja auch sein Trikot.“ Auch sonst ist Kern bereits integriert, war auch auf der Mannschafts-Weißnachtsfeier.
Selbst kicken sei aber nicht mehr drin, seine Laufbahn beim TSV Röthlein hat er als 16-Jähriger beendet, denn in der Folgesaison pfiff er bereits in der Bezirksliga. Seine erste Rote Karte hatte er schon im ersten Aktiven-Spiel gezückt – mit 14. „Am Anfang hatte ich ein paar Probleme mit etwas, sagen wir, schwierigeren Spielern. Inzwischen habe ich an meiner Persönlichkeit gearbeitet und erfahre eine gute Akzeptanz.“ Weshalb angesichts seines jungen Alters für Kern die Bayernliga noch nicht das Ende der Fahnenstange sein woll: „Natürlich träumt man von der Bundesliga. Aber dazu braucht es auch eine gehörige Portion Glück. Ein realistisches Ziel ist es, Regionalliga zu pfeifen sowie Assistent in der Zweiten und Dritten Liga zu sein.“ Was wiederum der DJK Wülfershausen dienlich wäre bei der Rekrutierung junger Referees.