Fussball
Bayernliga Samstag, 14 Uhr: FC Würzburger Kickers – FC 05 Schweinfurt
Könnte der Start in der Fußballprovinz aufregender ausfallen? Sebastian Kneißls Pflichtspieldebüt beim FC 05 ist Derby, Kellerduell und auch ein bisschen Sponsoren-Messen in einem. Kickers Würzburg gegen Schweinfurt 05, da geht es schon um einiges. Beide Mannschaften benötigen den Sieg als Auftakt einer möglichst gloriosen Aufholjagd.
Dass Trainer, Teamkollegen und natürlich Fans große Hoffnung in ihn setzen, der bereits das Leibchen des Premier-League-Klubs FC Chelsea London getragen hat, ehrt und belustigt Kneißl zugleich. „Ich hab kein einziges Pflichtspiel für die gemacht. Bei jedem Verein, bei dem ich seither gespielt habe, wurde die Chelsea-Sache hoch gehandelt. Es kann aber doch niemand erwarten, dass da ein zweiter Drogba oder Lampard kommt.“
Wie kam's überhaupt zur Liaison Kneißl – Chelsea? Der heute 26-Jährige galt einst als großes Talent, absolvierte gut 50 Länderspiele bis zur U-20-Nationalmannschaft. Der Bub aus dem Odenwald war rasch zur Frankfurter Eintracht gestoßen und genauso rasch im Visier der ganz Großen. Bayern München, Ajax Amsterdam, Real Madrid, Lazio Rom und eben Chelsea London fragten an, die Engländer machten das Rennen.
Nicht mit letztem Einsatz
Auf der Insel gibt es den Ausbildungsberuf Fußballprofi – darauf baute Kneißl. Fünfjahresvertrag, privater Sponsor, Training an der Seite von Gianfranco Zola, Ferrari-Ausfahrten mit Marcel Dessailly. Es lief. „Ich dachte damals, es fliegt mir alles von selbst zu“, sagt Kneißl heute. „Ich habe nicht mit dem allerletzten Einsatz an mir und meiner Karriere gearbeitet.“ Im Gegensatz zu Robert Huth. Der galt technisch als limitierter, schaffte es aber mit unbändigem Biss in die erste Mannschaft bei Chelsea und auch kurzzeitig in die deutsche A-Nationalmannschaft.
Für Sebastian Kneißl lief es dagegen plötzlich nicht mehr. Der 170 Millionen schwere Einstieg von Roman Abramowitsch bei Chelsea bedeutete das Ende des geduldigen Ausbildungssystems. Und für Kneißl die Abschiebung zum schottischen FC Dundee. Der Start einer wahren Wechselorgie: KVC Waterloo (Belgien), Wacker Burghausen, Fortuna Düsseldorf – der sportliche Abstieg nahm seinen Lauf. Bis aus dem Ab- ein Ausstieg wurde. Mit 24 Jahren zog es Kneißl zurück nach London, nicht des Fußballs wegen. Dem hatte er Ade gesagt. Er betreute als Streetworker kriminelle Jugendliche, wollte sie mit Fußball von der Straße bringen. Da reifte der Gedanke, sich in Deutschland zum Trainer ausbilden zu lassen.
Ein Anruf aus Weiden erweckte aber im Sommer 2008 nochmal den Fußballer Kneißl. Nur: Dort wollte man ihn kein Team trainieren lassen. In Schweinfurt schon. Auch hier ein Anruf und Kneißl ist seit Januar 05er, trainiert schon die U 15. „Hier habe ich jetzt hoffentlich eine sportliche Heimat gefunden, ich will mit dem FC 05 noch länger Bayernliga spielen.“ Ein Fernstudium zum Sport und Fitnesslehrer hat er angefangen, ein Wohnung aber noch nicht gefunden.
Vielleicht findet sich ein Vermieter ja leichter mit dem Derby-Sieg im Rücken. Dass die Kickers dieses derart „aufbauschen“, gefällt dem smarten Kneißl nicht: „Man hat schon oft gesehen, dass es in die Hose geht, den Mund zu stark aufzumachen. Wir werden dem ganzen Tamtam mit Leistung auf dem Platz begegnen.“