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Rudern: Thomas Böhme: Tradition bewahren und Akzente setzen

Rudern

Thomas Böhme: Tradition bewahren und Akzente setzen

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    Winter 2010 in Schweinfurt. Die ganze Stadt bibbert und zittert, ist gefangen in Eis und Schnee, sehnt das Frühjahr herbei und flucht über den Jahrhundertwinter. Die ganze Stadt? Die Ruderer auf der Maininsel ließen sich selbst von Frost und Eiseskälte nicht schrecken. Schlechtes Wetter? Gibt es nicht, nur schlechte Kleidung, und deswegen fuhr Thomas Böhme, seit 1. Januar neuer Trainer beim Schweinfurter Ruder-Club Franken von 1882, stets mit dem Motorboot auf den Main, zerstörte die Eisschollen und ging dann mit seinen Schützlingen rudern. Wer im Rudern etwas werden will, der muss: rudern.

    Der 50 Jahre alte Böhme ist ein alter Hase im Trainergeschäft, aber deswegen nicht gleich ein Schleifer. Im 458 Mitglieder großen Traditionsverein betreut er nicht nur eine Gruppe von zwölf jungen Ruderern zwischen zwölf und 20 Jahren, denen man Potenzial für höhere Aufgaben bescheinigen kann, sondern auch Freizeitruderer und Schulklassen aus dem Celtis- und Humboldt-Gymnasium und Friedensschule.

    Ein Spagat zwischen Leistungssport und Freizeitvergnügen, der dem gebürtigen Thüringer schon nach einem viertel Jahr großen Respekt im Verein eingebracht hat. „Das Tolle am Rudern“, erzählt Böhme, „ist nicht nur das Naturerlebnis und der Mannschaftsgedanke, sondern auch, dass zuallererst nur man selbst und die eigene Leistung zählt.“

    Mit zwölf hat Böhme beim SC Dynamo Berlin mit dem Rudersport begonnen. Sieben Mal war er DDR-Meister, stand im Olympiakader für die Spiele in Moskau 1980, als ihm eine Blinddarmoperation den Traum von Olympischen Meriten verbaute. Die Leidenschaft für das Rudern hat darunter gleichwohl nicht gelitten. Bis 1987, als er in die Bundesrepublik flüchtete, ruderte er aktiv und bildete sich als Rudertrainer weiter. Er betreute später zahlreiche junge Sportler, die bei Junioren-Weltmeisterschaften Medaillen für Deutschland holten und ist neben seiner Tätigkeit in Schweinfurt auch Disziplintrainer des deutschen Ruderverbandes für die Handicapruderer. So kam auch der Kontakt nach Schweinfurt zustande. Der Präsident der deutschen Ruderer, Siegfried Kaidel, lernte Böhme im Verband kennen und schätzen und erwärmte ihn für Schweinfurt, wo Kaidel ebenfalls an der Spitze steht, als klar war, dass Peter Ratzek nach fünf erfolgreichen Jahren den Verein verlässt.

    Hier hat Böhme, der neben seinen vielfältigen Tätigkeiten als Rudertrainer auch Geschäftsführer einer großen Fitness-Kette in Berlin und Brandenburg mit sieben Dependancen und 10 500 Mitgliedern war, ein Refugium gefunden, in dem er sich verwirklichen kann und sichtlich wohlfühlt. Und er sprüht vor Tatendrang, was man nicht nur im Winter auf dem Main sehen konnte. „Wir haben ein neues Ausbildungskonzept entwickelt. Alle unsere sechs Ausbilder sind nun auf dem gleichen Leistungsstand“, erzählt Böhme. Das hat zur Folge, dass alle Anfänger vom zwölf Jahre alten Kind bis zum erwachsenen Neueinsteiger „nach einem einheitlichen Konzept trainiert werden.“ Böhme ist ein leidenschaftlicher Ruderer, der sich über sportliche Erfolge und Ehrgeiz eines jungen Talents genauso freut wie über eine Wanderfahrt mit Freunden auf einem reizvollen Fluss: „Es gibt doch nichts Schöneres, als das Boot auf einem ruhigem Fluss durchs Wasser treiben zu lassen.“

    „Erfolg ist planbar“

    Dennoch ist er ein ehrgeiziger Trainer, wenn er merkt, dass ein Talent sich auch quälen will und in seinen Sport investiert. „Wir wollen ein attraktives Programm für Jugendliche bieten, die sich nicht bespielen lassen wollen.“ Zehn bis 20 Stunden pro Woche Training, dazu die Fahrten zu den Wettkämpfen – da ist man schnell bei einer 40-Stunden-Woche neben der Schule. „Die Sportler geben sehr viel. Meiner Meinung nach ist Erfolg planbar und da sollen die Jugendlichen auch belohnt werden für ihr Investment“, findet Böhme. Das hat sich in den vergangenen drei Monaten schon gezeigt: Die Wasserkilometer trotz Eis und Schnee haben sich in Erfolgen niedergeschlagen. Rudern ist eine Sportart, in der man mit Trainingsfleiß schnell sichtbare Erfolge hat.

    Dass die 12er-Gruppe, die Böhme betreut, heterogen ist, stört den Coach nicht: Vom jungen Ruderer, der in Bayern vorne dabei ist, bis zu Ruderern wie Karl Tully, die an der Schwelle zu U23-Juniorenweltmeisterschaften stehen, reicht das Spektrum. Und dass man in Schweinfurt ein Nachwuchstalent wie Karl Tully, der Medizin studieren möchte, nicht halten kann, ist Böhme auch klar. Nichts desto trotz will er die Grundlagen bilden, diese Talente so gut wie möglich auszubilden. Auch wenn man dafür im Winter auf den eisigen Fluss muss.

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