Frage: Stefan Koch, haben Sie die letzten zwei Wochen einen Kochkurs belegt?
Stefan Koch: Nein, habe ich nicht. Und ehrlich gesagt verstehe ich die Frage auch nicht so ganz . . .
Die war nicht ganz ernst gemeint. Sie hatten nach dem Vechta-Spiel gesagt, der Spieler, der Ihrem Team aktuell fehlt, müsse erst noch gebacken werden. Jetzt haben sie mit Dominic Waters offenbar einen gefunden.
Koch: Ach so, ja. Mit Dominic haben wir einen neuen Spielmacher verpflichtet. Aber wir sollten die Erwartungen an ihn nicht zu hoch schrauben. Es ist nicht Sommer, wo in der Regel viele Spieler frei sind. Im Moment ist es ein sehr kleiner Markt, und da ist es nicht leicht, Spieler für Würzburg zu gewinnen. Zum einen aufgrund der Tabellensituation, aber auch wegen der gesamten Entwicklung, wie sie sich zuletzt dargestellt hat. Natürlich ist Waters ein guter Spieler mit einem sehr guten Spiel aus der Halbdistanz, aber er ist jetzt sicher nicht der Retter.
Für Waters hat Tweety Carter den Klub verlassen. Welche Impulse bringt der Wechsel?
Koch: Dominic soll seine Rolle als Aufbauspieler hier so interpretieren, wie es seine Stärken sind. Nochmal: Es ist jetzt nicht die Zeit zu sagen, ich will genau den oder den Spieler mit den offensiven und den defensiven Fähigkeiten, sondern man muss schauen, wen man bekommen kann. Dominic soll auf seiner Position so spielen, wie er sich wohlfühlt. Er soll nicht zu irgendetwas gezwungen werden.
Zu Beginn Ihrer Amtszeit im November hatten Sie gesagt, dass Sie das Team in dieser Form so nicht zusammengestellt hätten. Mit Steven Esterkamp und nun Waters haben Sie zwei Neuzugänge verpflichtet. Wie sehr können Sie jetzt Ihre basketballerischen Vorstellungen umsetzen?
Koch: Die Vorstellung in meinem Kopf ist nicht die, dass meine Mannschaft so oder so Basketball spielen muss. Sondern ich schaue mir an, welche Spieler habe ich, welche Stärken und Schwächen haben sie. Anschließend muss ich schauen, dass ich ein Konzept entwickle, das – offensiv wie defensiv – zu diesen Spielern passt. Ich kann nichts damit anfangen, wenn ein Trainer sagt, er hat eine Philosophie. Wenn irgendeiner von ihnen glaubt, er sei Schopenhauer oder Aristoteles, ist das für mich okay. Aber ich habe keine Philosophie in dem Sinne, dass wir eine bestimmte Art von Basketball spielen müssen. Ich glaube auch, dass sich so etwas in Europa nur ganz wenige Klubs leisten können, in Deutschland wahrscheinlich nur einer.
Angeblich soll es ja nicht bei der Verpflichtung von Waters bleiben, in den sozialen Netzwerken wird schon über einen großen Flügelspieler spekuliert, der zuletzt in der Türkei gespielt haben soll.
Koch: Dazu kann ich das sagen, was ich immer dazu sage: Wir haben noch nicht alle Nachverpflichtungs-Möglichkeiten ausgeschöpft, und es gehört zu unserer Pflicht, den Spielermarkt weiter zu sondieren. Das tun wir.
Nach drei Siegen in den ersten vier Spielen unter Ihnen hat es drei Niederlagen gegeben. Der Überraschungseffekt scheint ein Stück weit verpufft.
Koch: Wir haben anfangs einige Veränderungen vorgenommen. Gerade im ersten Spiel war Bonn davon sicher auch ein Stück weit überrascht. Mittlerweile haben wir eine Zahl an Spielen hinter uns, in denen gescoutet wird – und da ist dieser Faktor in der Form nicht mehr so stark hilfreich wie am Anfang.
Sie hatten der Mannschaft nach den ersten Trainingseinheiten eine hohe Auffassungsgabe bescheinigt. Zuletzt hatte man aber eher den Eindruck, dass Veränderungen das Team verunsichern. Inwieweit ist diese Mannschaft noch formbar für Überraschungsmomente?
Koch: Es geht nicht darum, das Team für einen Überraschungsmoment zu formen. Das ist etwas Temporäres, etwas Kurzfristiges. Grundsätzlich ist es immer eine sehr enge Linie, wenn man Veränderungen vornimmt. Einerseits Dinge zum Positiven zu bewegen, andererseits aber auch zu viel zu tun und damit Dinge eben in die falsche Richtung zu schieben. Natürlich ist der Grat sehr schmal, und mal sind wir ein Stück weit auf der einen Seite der Linie und mal auf der anderen. Wir müssen jetzt schauen, dass wir nun lang- und mittelfristig Strukturen etablieren. Es geht darum, Kontinuität und Präzision in dem zu entwickeln, was wir tun. Das muss unser Weg sein.
Nach den beiden letzten Spielen hatte es Kritik an der Einstellung gegeben, Teile des Teams wurden nach dem Vechta-Spiel nachts um vier noch in der Diskothek gesehen. Ist das ausschließlich Privatsache der Spieler?
Koch: Ich bin mit diesem Auftreten von Teilen der Mannschaft nicht glücklich und habe auch Worte dazu gefunden. Aber letztendlich ist es so: Gegen so ein Verhalten hast du nur schwer eine vertragliche Handhabe. Es ist sicherlich nicht toll, dass einige nach dem Spiel so lange unterwegs waren. Ich finde das alles andere als gut und nehme auch Einfluss auf die Mannschaft, dass sie das versteht.
Kommt es nicht auch auf die Situation an? In sportlich erfolgreichen Zeiten wird so etwas weit weniger diskutiert als in der aktuell schwierigen.
Koch: Das ist Käse, das ist etwas, das ich nicht akzeptiere. Du coachst eine Mannschaft, bist erfolgreich und sagst im Oktober: ,Über Weihnachten gibt es eine Woche frei.' Wenn du im Dezember gewinnst, kräht kein Hahn danach. Verlierst du aber die letzten drei Spiele vor der Pause, fragen alle: ,Wie konnte der Typ so etwas machen?' Die Einschätzung solcher Ereignisse ist völlig unabhängig von Ergebnis und Tabellenstand. Ich kann meine Art der Führung nicht davon abhängig machen, was Dritte sehen. Ein korrektes Auftreten hängt nicht davon ab, ob man gewinnt oder verliert.
Abseits des Parketts ist nach den finanziellen Turbulenzen im vergangenen Herbst merklich ruhiger geworden. Sportlich steht das Team vor dem Start der Rückrunde wieder auf einem Abstiegsplatz. Droht den Baskets ein Zittern bis Saisonende?
Koch: Es wird auf jeden Fall eine anstrengende Aufgabe. Ob sie das bis zum Schluss sein wird, weiß ich nicht.
17 Spiele, 17 Endspiele?
Koch: Das würde ich so nicht sagen. Aber die 17 Spiele sind kein Marathon, sondern 17 Sprints. So abgedroschen es klingen mag, wir schauen nur von Spiel zu Spiel. Jeder, der in diesem Geschäft tätig ist, weiß, dass man die anstehende Aufgabe auch nur dann erfolgreich bewältigen kann, wenn man nicht darüber hinaus blickt.
Anstrengend dürfte die Phase derzeit auch für Youngster Maxi Kleber sein, der von zahlreichen Klubs offensiv angeworben wird. Ist der Rummel um seine Person gut für ihn?
Koch: Ich habe mit ihm darüber gesprochen. Fakt ist, er ist ein junger, talentierter Spieler. Und wenn er seinen Weg weitergehen wird, wird sich das Medieninteresse festigen oder sogar verstärken. Er wird lernen müssen, damit umzugehen. Das ist Teil des Geschäftes. Ungefragt werde ich ihm aber keine Ratschläge erteilen.
Wie ist es denn um die Zukunft von Stefan Koch in Würzburg bestellt?
Koch: Das hängt von vielen Faktoren ab. Inwieweit ist das für meine Familie über den kurzfristigen Zeitraum hinaus eine gute Situation? Dann hängt es von der weiteren Entwicklung der Baskets ab, und mir stellt sich die Frage, wäre es eine reizvolle Aufgabe zu bleiben. Man darf nicht außer Acht lassen, ob der Klub nach dem Saisonende überhaupt Interesse hat, mit mir weiter zusammenzuarbeiten.
s. Oliver Baskets Würzburg – Telekom Baskets Bonn (Samstag, 19 Uhr, s. Oliver Arena)
Bei den Telekom Baskets Bonn (6./22:12) feierte Stefan Koch am 1. Dezember 2013 mit dem 87:76-Erfolg einen perfekten Einstand als Würzburgs Cheftrainer. Damals trafen die s. Oliver Baskets hochprozentig aus allen Lagen, kaschierten damit auch die Schwäche bei den Rebounds (15:3 Offensiv-Abpraller für Bonn) und 19 Ballverluste. Derartige Aussetzer werden sich die zuletzt gerade im Angriffsspiel strauchelnden Mainfranken (17./6:26) dieses Mal wohl kaum erlauben dürfen, um gegen das aktuell beste Auswärtsteam der Liga (sieben Siege, eine Niederlage) erneut erfolgreich zu sein. Der Einsatz von Sebastian Betz, der nach wie vor an Knieproblemen laboriert, ist fraglich. Text: sam
ONLINE-TIPP
Auch vom Heimspiel der s. Oliver Baskets gegen Bonn berichten wir wieder ausführlich in unserem Live-Ticker, der am Samstag ab 17 Uhr startet oder unter www.mainpost.de/baskets.