Für Douglas Spradley hat sich in Bremerhaven sozusagen ein Kreis geschlossen. Vier Jahre trainierte der 50-Jährige die Eisbären, von 2009 bis 2013, ehe sein auslaufender Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Am Donnerstagabend verlor Spradley mit s.Oliver Würzburg verdient 88:93 bei seinem alten Arbeitgeber – und stand tags darauf ohne Job da.
Am Freitagnachmittag kurz vor 17 Uhr verkündeten die Unterfranken, dass sie Spradley am Vormittag gefeuert hatten. Im offiziellen Wortlaut klingt das natürlich ein wenig anders: Da heißt es, dass „getrennte Wege“ gegangen werden, „nach zweieinhalb Jahren die Zusammenarbeit“ beendet und „der erfahrene Headcoach freigestellt“ wurde. Es war ein klassischer Rausschmiss, der sich nicht nur bereits vor Wochen angekündigt hatte, sondern dann für alle Beteiligten fast schon erniedrigend lange auf sich warten ließ. Nach Informationen dieser Redaktion soll der ehemalige Bundestrainer Dirk Bauermann (59) Spradleys Nachfolge antreten.
Direkt zurück in die Bundesliga
Spradley übernahm den Trainerposten in Würzburg nach dem Abstieg in die zweite Liga 2014 und führte die Baskets als Vizemeister der ProA direkt zurück in die Bundesliga, wo er vergangene Saison sehr überraschend die Play-offs erreichte, allerdings in der ersten Runde, dem Viertelfinale, krachend am späteren Meister Bamberg scheiterte. Bereits im Januar, als der Klassenerhalt unter Dach und Fach gebracht war, hatten die Baskets den Vertrag mit Spradley ziemlich euphorisiert um zwei Jahre verlängert.
Spradley war am Freitagabend nicht zu erreichen, wird aber in der Mitteilung des Klubs unter anderem auch so zitiert: „Ich akzeptiere die Entscheidung der Geschäftsführung. Unsere Saison war leider begleitet von Verletzungen, krankheitsbedingten Ausfällen und Problemen mit Neuverpflichtungen. Trotz allem bin ich stolz darauf, was mein Team und ich für den Verein und die Stadt Würzburg erreicht haben.“
Mit dem Ziel gestartet, erneut in die Play-offs zu kommen und bald international spielen zu wollen, dümpeln die Baskets nach dem Abschluss der Hinrunde auf Tabellenplatz 14 rum, nach elf Niederlagen. Von den fünf Siegen waren – aber nur mit einigem guten Willen betrachtet – zwei einigermaßen überzeugend. Die anderen drei waren erkrampft. Zu wenig bei diesen Ansprüchen. Viel zu wenig.
„Wir haben Doug Spradley viel zu verdanken. Leider zwingt uns die sportliche Entwicklung der letzten Wochen und Monate jetzt zum Handeln. Unsere Ergebnisse entsprechen nicht unseren ambitionierten Zielen. Wir wollen nach dem Jahreswechsel mit einem neuen Trainer in der Rückrunde neu angreifen“, wird Gunars Balodis in der Mitteilung des Klubs zitiert. Balodis ist der für den kaufmännischen Bereich zuständige Geschäftsführer der Baskets.
Der Zankapfel Jordan Taylor
Der für die sportlichen Belange verantwortliche Geschäftsführer, Steffen Liebler, wird in der Mitteilung mit keiner Silbe erwähnt und kommt nicht zu Wort. Und auch telefonisch war Liebler trotz mehrfacher Versuche am Freitagabend nicht erreichbar. In der Baskets-Hütte brennt's also lichterloh – auch wenn nach außen bis gestern Nachmittag allenfalls ein Glimmen durchschimmerte. Zu den zahlreichen Brandherden wollte sich in den letzten Wochen keiner der Verantwortlichen öffentlich äußern, und schnelle Entscheidungen scheuten die Baskets zuletzt auch. Es gibt Gründe für die Trennung von Spradley, die schon vor der Partie in Bremerhaven beschlossen gewesen sein soll – und es gibt Hintergründe.
Fakt jedenfalls ist: Spradley konnte sich, zusammen mit Liebler und natürlich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Baskets, die den Etat erhöht haben, seine Mannschaft zusammenstellen. Die Überflieger der Vorsaison, Brendan Lane und Lamonte Ulmer, die in dieser Runde ihrem vergangene Saison gezeigten Leistungsvermögen vorwiegend hinterherhumpeln, wurden – durch ordentliche Gehaltserhöhungen – gehalten. Nominell war der Kader vor Saisonstart stärker besetzt als in der letzten Spielzeit. Kurz vor dem Rundenstart musste der stärkste Mann der Vorbereitung, Marshawn Powell, operiert werden und fiel wochenlang aus. Der als Ersatz verpflichtete James Southerland konnte ihn nicht gleichwertig ersetzen.
Nächster Fakt: Spradley und Liebler haben vor drei Wochen den erst im Sommer mit großen Erwartungen verpflichteten Vladimir Mihailovic endgültig hinausgeworfen, angedacht hatten sie das schon im November. Bis heute gibt es keinen Ersatz. Seit Wochen ist bekannt, dass der Vertrag mit dem ebenfalls im Sommer engagierten schwedischen Nationalspieler Charles Barton zum Jahresende ausläuft. Eine Weiterverpflichtung stand nach den gezeigten Leitungen nicht zur Debatte. Fehlen nach aktuellem Stand im neuen Jahr also schon zwei Spieler auf den schwächelnden Guard-Positionen.
Fakt ist des Weiteren: Um Nachfolger haben sich Spradley und Liebler bemüht und mehrere Kandidaten gefunden. Mit Jordan Taylor, bis Sommer in Diensten von Alba Berlin, war man sich – vorbehaltlich des medizinischen Checks – schon vor geraumer Zeit handelseinig. Balodis jedoch verweigerte die Verpflichtung des zuvor operierten und sicher nicht günstigen US-Amerikaners, der inzwischen zurückgekehrt ist zum israelischen Spitzenklub Hapoel Holon. Der gescheiterte Transfer gilt als Knackpunkt der bereits zuvor bestehenden Risse im Baskets-Gefüge.
Jetzt kostet's richtig viel Geld
Außerdem ist Fakt: Balodis wurde auf Drängen vom alleinigen Gesellschafter Bernd Freier, der durch seine Firma auch namensgebender Hauptsponsor ist und deshalb stets das letzte Wort hat, zuvorderst für die Akquirierung weiterer Sponsoren engagiert. Den Grund der sportlichen Misere sah Balodis schon lange beim Trainer(stab). Er wollte Spradley seit geraumer Zeit feuern und lieber seinem Nachfolger ein, zwei neue Spieler spendieren als in den Ist-Zustand zu investieren. Balodis‘ Wunschcoach: Dirk Bauermann, neunfacher Meistertrainer mit Leverkusen und Bamberg, langjähriger deutscher Nationaltrainer und derzeit für Iran tätig. Nach Informationen dieser Redaktion soll der 59-Jährige noch vor dem Rückrundenauftakt nächsten Freitag in Göttingen vorgestellt werden.
Letzter Fakt: Der Rausschmiss von Spradley, der einen Vertrag bis 2018 hat, sowie eine Verpflichtung von Bauermann und ein, zwei Verstärkungen kosten richtig viel Geld. Wäre dieses Geld vor der Saison in die Hand genommen worden, wäre die Situation vermutlich nicht derart eskaliert.
Balodis meinte vor der Runde in einem Interview mit dieser Redaktion, es sei „nicht ungewöhnlich, in einer GmbH mit einem Vier-Augen-Prinzip in der Geschäftsführung zu arbeiten“. Liebler betonte im selben Gespräch: „Fakt ist, dass vier Augen mehr sehen als zwei, und zwei Personen mehr bewegen können als eine.“
Auch wenn all dies in der Theorie richtig sein mag: Es gilt nur, wenn alle an einem Strang ziehen.