Vor dem Reihenhaus in Gerbrunn weht die schwarz-rot-goldene Fahne, auf der Terrasse gibt es Kaffee und Käsekuchen mit Rosinen. Für Markus Michler ist das jetzt allerdings nicht das Richtige. „Eigentlich bräuchte ich einen Schnaps“, sagt der angehende Doktor der Rechtswissenschaften. Auf seiner Stirn glitzern Schweißperlen im Sonnenlicht. Er ist nervös. „Erst jetzt habe ich von alledem erfahren, das ist einfach nur unglaublich“, meint der 28-Jährige, der etwas angezettelt hat, was am Dienstag in Würzburg das beherrschende Thema sein wird: der Empfang von Dirk Nowitzki auf dem Balkon der Residenz.
Markus Michler hatte sich mit ein paar Freunden tief in der Nacht das sechste Play-off-Finalspiel der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA mit Nowitzkis Triumph in einer Würzburger Kneipe angesehen, und er war begeistert von all den Emotionen: „Wie ehrlich sich die Leute gefreut haben und wie stolz sie auf Dirk waren, das hat mich einfach gepackt. Das hätte er selbst sehen müssen. Das war die pure Freude.“ Nicht ganz zwei Tage nach dem Sieg der Dallas Mavericks hat Michler, der momentan in Erlangen an seiner Doktorarbeit schreibt, seine Idee der Welt präsentiert. Im sozialen Netzwerk facebook startete er die Seite „Ein Balkon für Dirk“ – er suchte Unterstützer für seine Idee. Bis zum gestrigen Sonntagabend hatte der 28-Jährige fast 10 000 Freunde im Internet gefunden. Mittlerweile aber sind es Gratulanten, denn Michlers Traum wird wahr, am Dienstag feiert Würzburg seinen NBA-Champion ganz groß – und Dirk Nowitzki wird nach morgendlicher Pressekonferenz und dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt tatsächlich gegen 17 Uhr vom Balkon der Residenz winken.
„Ich freue mich irrsinnig für Dirk, kann mir aber gar nicht vorstellen, dass das alles in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt wird“, sagt Michler, der von seinem Glück erst am gestrigen Sonntag erfahren hat. Der 28-Jährige engagiert sich für die „Charismatische Erneuerung der katholischen Kirche“ und war seit Donnerstag in Kloster Nothgottes im Rheingau auf einer Arbeitstagung. „Ich hatte dort keinen Handy-Empfang und wusste gar nicht, dass die Sache jetzt tatsächlich auch stattfindet.“
Michler war schon vor seiner Abreise ins Kloster aufgeschreckt, als sich tausende facebook-Unterstützer für seine Idee gefunden hatten: „Ich habe daraufhin mal lieber der Stadt geschrieben, dass ich da etwas angefangen habe, dessen Ausmaße jetzt nicht mehr aufzuhalten sind.“ Von der Stadt hat er seither nichts mehr gehört, Nowitzkis Schwester und Managerin Silke ließ Michler aber per E-Mail wissen, dass sie die Idee gut findet. „Und plötzlich komme ich heim und es heißt, alle können Dirk auf dem Balkon sehen. Ich bin baff, ich brauche einen Schnaps.“
Weltniveau für Würzburg
Michler hat den Stein ins Rollen gebracht, die ING Di-Ba, eine Direktbank, für die Nowitzki wirbt, hat die Idee in die Tat umgesetzt und am Freitag Grünes Licht gegeben (wir berichteten). „Würzburg wollte ja mal mit dem Slogan ,Provinz auf Weltniveau' werben“, weiß Michler, „jetzt haben wir auch das Weltniveau, das dieser Stadt ganz sicher gut tut“. Der gebürtige Heidingsfelder, der nur einen Steinwurf von Nowitzkis Elternhaus entfernt aufgewachsen ist, kennt den Basketballer nicht persönlich: „Ich habe früher Zeitungen ausgetragen. Auch bei Nowitzkis Briefkasten war ich immer. Ich weiß aber nicht mehr, ob es jetzt der Gong oder eine andere Fernsehzeitung war, die ich für Dirks Mutter dorthin gebracht habe.“ Michler hat die Begeisterung zu seiner Idee getrieben, als echten Fan sieht er sich nämlich nicht: „Dazu fehlt mir ein Stück die positive Verrücktheit. Ich bin jetzt keiner, der sich in den Flieger setzen würde, sich das Gesicht anmalt und ein Spiel von Dirk in Dallas anschaut. Aber diese Bilder hier vom Public Viewing in Würzburg haben gezeigt, wie stolz die Leute auf Dirk sind.“
Jetzt kriegen ihn die Leute hier auch zu sehen, Michler will sich am Dienstag ebenfalls unter die Massen vor der Residenz mischen: „Ich habe das doch nicht gemacht, um ein Bild mit Dirk oder ein Autogramm zu kriegen. Klar würde ich mich freuen, aber ich habe das als Heidingsfelder gemacht, der stolz ist auf einen Sportler aus seiner Stadt – aus meinem Stadtteil.“ Mails hat Michler am Sonntag viele bekommen, Fans aus der ganzen Republik wollen am Dienstag nach Würzburg kommen: „Und das ist es, was ich wollte. Jeder sollte Dirk hier in Würzburg zu Gesicht kriegen. Das ist Werbung für die Stadt. Und wir alle wollen Dirk zeigen, wie sehr wir uns mit ihm freuen.“
So feiert Würzburg Dirk Nowitzki
Würzburg feiert die Rückkehr des NBA-Meisters Dirk Nowitzki am Dienstag ausgiebig. Hier der Zeitplan:
11 Uhr: Einlass der Besucher der Pressekonferenz in der s. Oliver Arena. Die Veranstaltung ist Medienvertretern und rund 2650 Gästen vorbehalten, die im Besitz einer Eintrittskarte sind. Alle, die nicht in den Genuss von Tickets kommen, haben die Möglichkeit, die Pressekonferenz live im Fernsehen bei Sport1 mitzuverfolgen.
12 Uhr: Beginn des Fan-Events in der s. Oliver Arena mit Gewinnspielen, DJ und Moderation.
12.45 Uhr: Beginn der Pressekonferenz.
15 Uhr: Beginn der Fan-Party vor der Würzburger Residenz.
15.30 Uhr: Empfang für Dirk Nowitzki im Rathaus der Stadt Würzburg durch Oberbürgermeister Georg Rosenthal. Eintrag ins Goldene Buch. Auch diese Veranstaltung ist aufgrund des zu erwarten gewesenen Ansturms nur für Ehrengäste und Medienvertreter offen.
16.30 Uhr: Dirk Nowitzki wird sich – begleitet von Cheerleadern, Maskottchen und Fans – durch die Innenstadt (Augustinerstraße, Neubaustraße, Schwarze Promenade) in Richtung Residenzplatz begeben und dort gegen ca. 17 Uhr auf dem Residenz Balkon erwartet. Der Eintritt ist frei.