Am 15. Dezember 2008, einem Montag, erschien Dubais bedeutendste Tageszeitung „Gulf News“ in ungewohnter Aufmachung. Kein Staatsmann, kein Scheich und auch kein Fußballer – wie sonst üblich – auf dem Titelfoto. Stattdessen gehörte die Aufmerksamkeit auf Seite 1 einer blonden, hübschen, jungen Frau aus Deutschland. Anja Monke streckte einen kolossalen Silberpokal in die Höhe und tat das, was jeder in diesem Moment machen würde: Sie lachte. Soeben hatte sie die „Dubai Ladies Masters“ gewonnen, eines der renommierten Profi-Turniere im Frauengolf, und 75 000 US-Dollar Preisgeld eingestrichen.
Anja Monke prägte für 24 Stunden die Sport- und Medienszene des arabischen Emirats, während die Nachricht ihres Sieges in der Heimat allenfalls für eine Randnotiz Verwendung fand. Anja Monke ist derzeit Deutschlands erfolgreichste Profi-Golferin, doch in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. „Es könnte besser nicht sein, dass ich ein unbehelligtes Privatleben habe“, sagt die 34-Jährige, die in Ostwestfalen aufwuchs und heute in Hannover lebt. „Ich bin eben nur Kennern des Sports ein Begriff.“
Golf, vor allem das der Frauen, ist hierzulande keineswegs so populär wie anderswo, besonders in den USA. Deutschland hat zumindest Martin Kaymer und Bernhard Langer als Vorzeige-Athleten. Das Spiel in der Freizeit aber findet weiter in einer exklusiven Nische, einem Zirkel der Besserverdiener, statt, auch wenn es in den vergangenen Jahren durch mancherorts moderate Mitgliedsbeiträge und Schulsportangebote ein Stückweit in der Breite gewachsen ist. „Früher spielte die soziale Herkunft eine noch viel größere Rolle“, sagt Monke.
Günstige Bedingungen fand auch sie damals nicht vor. Ihre Anfänge im Alter von acht Jahren glichen einem Versteckspiel. Die Satzung des Klubs, in dem ihre Eltern eingeschrieben waren, bereitete Probleme. Kinder unter zehn waren nicht zugelassen. Doch der Golflehrer auf der Anlage hatte ein Einsehen. James, ein liebenswürdiger Brite, fand alte Schläger im Keller, die er kindgerecht absägte. Er ließ das zierliche Mädchen mit den blonden Haaren und den blauen Augen auf den Platz, wenn andere Golfer nicht in Sichtweite waren. Ihre ersten Bälle schlug Monke dann aus einer Hütte und im Wald.
Heutzutage trainiert sie auch im eigenen Garten. Einen Großteil ihres Grundstücks in Hannover ließ die Berufsgolferin mit Kunstrasen ausstatten, um auf einer 200 Quadratmeter umfassenden Fläche mit neun Löchern jederzeit putten zu können. „Somit habe ich gleichbleibend gute Bedingungen“, erklärt Monke, die Schläge meist beim Spiel auf dem Grün vergeudet. „Ich muss nicht extra in den Golfklub fahren, muss den Rasen nicht mähen und brauche mich nicht mehr über Maulwurfshügel zu ärgern.“ Ihre Tour über die Golfplätze der Welt zwingt sie allerdings unvermindert, auf ein geregeltes Leben zu verzichten.
2003 wechselte Monke nach zahlreichen internationalen Erfolgen bei den Amateuren in den Profi-Status. Seitdem pendelt sie zwischen Hannover und rund 20 Wettbewerben pro Jahr. Portugal, England oder Spanien – Hauptsache Golfen. Nach dem Abitur hatte sie noch als medizinisch-technische Assistentin in einem Herz- und Diabeteszentrum gearbeitet. „Manchmal wünsche ich mir mein altes Leben zurück“, sagt Monke, „aber selbst ein schlechter Tag auf dem Golfplatz ist besser als ein mittelmäßiger Tag im Labor.“
675 000 Euro hat die 34-Jährige der offiziellen Geldrangliste ihres Sports zufolge inzwischen an Prämien eingespielt. Weiterhin unterstützen sie mehrere Sponsoren. Zweifellos gutes Geld, doch im Kontrast zu Tiger Woods, dem Genius des Golfs, dessen Verdienst auf mehr als eine Milliarde US-Dollar kalkuliert wird, eine dürftige Summe. Deshalb, wie es vereinzelt Kolleginnen in der Vergangenheit versucht haben, bei den Männern mitzuspielen, die infolge körperlicher Überlegenheit den Ball weiter schlagen, liegt Monke fern. Ein Jahr verbrachte sie zwischenzeitlich in der amerikanischen Frauen-Turnierserie, wo der Sport größere Aufmerksamkeit erfährt, die Preisgelder üppiger ausgeschüttet werden und die Konkurrenz die weltstärkste ist. Auf der anderen Seite des Globus wurde jedoch auch die Sehnsucht nach Zuhause umso ausgeprägter. „Wenn ich im Herzen nicht glücklich bin“, sagt sie über ihren Entschluss, Amerika den Rücken zu kehren, „kann ich meine Leistung nicht abrufen.“
Dieser Tage war sie der Heimat vergleichsweise nah geblieben und der Einladung des Golfclubs Würzburg gefolgt, um außerhalb der Wertung beim Guttenhöfer Golf-Cup zu spielen (lesen Sie hierzu auch untenstehenden Artikel „Alexandra Roloff siegt beim Einladungsturnier“). Auf Seite 1 hat sie es damit aber nicht geschafft.