Das verdammte Loch stört. Manuela Schmitt runzelt die Stirn und kneift die Augen. Sie wirkt beunruhigt. „Da ist ein Loch im Boden“, sagt sie, „es geht nicht zu.“ Das Loch wirkt sehr klein auf dem großen Feld, wo die vielen Pferde umhertraben. Doch es ist ein Makel: „Das kann gefährlich sein, wenn da ein Pferd reintritt“, sagt Schmitt.
Perfektion ist etwas Obligatorisches beim Dressurreiten. Die Pferdefreunde Eisingen beweisen das beim Turnier zu ihrem 30. Geburtstag. Herausgeputzt präsentiert sich der Veranstalter. Da wurde ein neuer Springplatz installiert, ein Richterhäuschen gebaut und alles steht nun ganz ordentlich auf der Wiese. Nebenan parken die Wagen mit den Pferden, ebenfalls sauber aufgereiht wie an einer Perlenkette, ab und zu lugen Pferdeköpfe heraus und kauen Heu. Im Meldebüro liegen Möhrenbündel griffbereit in der Ecke. Alles ist niedlich übersichtlich in Eisingen.
Nur der Sport, der ist kompliziert. Es wird beim Dressurreiten nicht über Hindernisse gesprungen und am Ende gewinnt nicht der, der am wenigsten umgestoßen hat. Wenn man dieser Pferdesport-Gattung zuschaut und keine Ahnung hat, erkennt man wenig bis nichts. Dann sieht man nur ein Pferd und einen Reiter und dieses Tippeln auf einer ebenen Sandbahn hin und her. Dazu liest eine Dame Buchstaben und Begriffe wie „Mittelschritt“ oder „Wechsel“ vom Zettel ab.
Harmonisch und unauffällig
Dressurreiten ist eine spezialisierte Gattung. Es ist Kunstsport, es geht um die Beherrschung des Tieres. Manuela Schmitt erklärt: „Alles muss harmonisieren, so unauffällig wie möglich sollen die Aktionen aussehen. Umso besser das ist, umso spektakulärer wird der Sport.“ Das klingt ein wenig wie umgekehrte Logik: Die Unterhaltung steigt, sobald es unauffälliger wird.
Doch nach dieser Regel kann Kunst funktionieren, und Schmitt (37) muss es wissen. Sie ist das stolze Aushängeschild in Eisingen. Fünfmal nahm sie beim Bundes-Championat teil, was als Créme de la créme gilt, letztes Jahr wurde sie süddeutsche Meisterin. Sie verdient ihr Geld als Pferdewirtin, sie wohnt neben dem Stall und betreut den Nachwuchs. Schmitts ganzes Leben dreht sich eigentlich nur um Pferde. Selbst beim Gespräch möchte sie am liebsten im Sattel bleiben, sie fragt: „Ist das etwa ungewohnt für Sie?“
Knapp 400 Teilnehmer sind in Eisingen dabei, das ist viel für einen kleinen Verein, die Zahl an Vereinsmitgliedern liegt bei rund 200. Die zweite Vorsitzende Eva Kneißl-Braun gibt zu, dass die Nachfrage nach der Dressur ein wenig hinkt: „Es hat sich etwas selektiert in den letzten Jahren, aber das ist gut so“, sagt sie und fügt an: „Das Geld wird ja auch knapper.“ Und Kneißl-Braun packt während des Plauderns mit an, sie hievt eine Holzbegrenzung auf den Sandplatz. Sie zerrt an der Markierung, bis sie gerade liegt. Es soll ja möglichst perfekt sein.
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