Als morgens um kurz nach sieben Uhr die dicken Wolken den Blick auf die Sonne versperren, beginnt für Norbert Wagner in Höchberg ein außergewöhnlicher Tag. Für ihn ist das Programm freilich nichts Besonderes, Beobachter wie seine Frau Katrin aber schütteln da nur den Kopf. „Wie er das nur wieder schaffen will. Der Jüngste ist er ja auch nicht mehr“, sagt sie, als sie am ersten Abschlag auf dem Par-72-Kurs des Golfclub Kitzingen steht. Ihr Mann ist da beim neunten Turnier um den „Reinhart Immobilien Marketing Golf Cup“ schon auf der Runde. Denn eines hat Norbert Wagner an diesem Tag nicht im Überfluss: Zeit. Schließlich will er nach dem Golfturnier auch noch zum Tennisschläger greifen. Die Männer 50 der TG Würzburg treffen am frühen Nachmittag in der Bezirksklasse 1 auf den TSV Grafenrheinfeld. Fünf Medenspiele haben die Würzburger in dieser Saison bereits gewonnen. „Wir wollen – wenn irgendwie möglich – gerne auch Tabellenführer bleiben“, weiß Wagner.
Akribischer Tagesplan
Der Plan ist ein akribischer. Nach der Runde in Kitzingen will Wagner ins Auto steigen und auf die Ascheplätze an der Mergentheimer Straße fahren. Wagner ist alles andere als ein Draufgänger. Den Durchblick verliert er, so scheint es, nie. Er ist die Ruhe in Person und hat schließlich einen Puffer eingebaut, „Mit dem Gegner ist ausgemacht, dass ich etwas später komme“, erzählt Wagner, der früher an der Seite von Jörg Nowitzki auch das Handball-Trikot der TGW in der Bayernliga getragen hat. Es läuft blendend für Wagner, der beim Club in Kitzingen als Schatzmeister zum vierköpfigen Präsidium zählt. Für die ersten neun Löcher benötigt der Höchberger, der seit neun Jahren Golf spielt und sein Handicap auf beachtliche 10,2 heruntergeschraubt hat, nur 39 Schläge. „Es sieht ganz gut aus“, meint der Vater zweier erwachsener Söhne – Junior Simon ist gerade mit den Basketballern der TGW in die erste Regionalliga emporgestiegen. Der Sport wird bei Familie Wagner groß geschrieben.
Doch am Himmel zieht ein mächtiges Gewitter auf, das Grollen vom Schwanberg ist aus der Ferne nach Kitzingen gezogen. Blitze zucken, es gießt in Strömen. Unterbrechung. Plötzlich wankt der Zeitplan, Wagner schaut auf die Uhr: „Das wird eng mit dem Tennis.“ Fast anderthalb Stunden sitzt Wagner im 2008 neu eingeweihten Clubhaus, draußen regnet es Bindfäden. Es dauert, ehe der Wind die dicken, bedrohlichen Wolken beiseite schiebt und die Sonne wieder durchblickt. Plötzlich ist es richtig warm. Bevor Wagner sein Spiel am zehnten Loch aber fortsetzt, greift er dann doch in die Tasche und kramt sein Handy hervor. „Das wird zu eng, zum Tennis packe ich es nicht mehr.“ Er sagt seinen Einsatz bei der TGW kurzerhand ab.
Und auch auf der Runde läuft es nach der Regenunterbrechung nicht mehr ganz so gut. Wagner hat sogar ein Streichresultat, im Kampf um den Turniersieg in der Königsklasse, der Brutto-Wertung, drohen ihm die Felle davonzuschwimmen. „Nach dem Regen war es absolut schwierig“, erzählt Wagner, doch die Konstanz kehrt in sein Spiel zurück: „Es war ein echt toller Schlussspurt.“ Am Ende weist seine Score-Card ebenso 27 Brutto-Punkte aus wie bei seinem Kitzinger Club-Kollegen Stefan Schwarz, den der Computer aufgrund der Schlagzahl an den am schwierigsten eingestuften Löchern vorne sieht. Wagner ist das ziemlich egal, der Sieg war nie sein Ziel: „So etwas sieht man in meinem Alter ziemlich gelassen. Ich wollte gut spielen, das ist mir gelungen.“
Für den Sportler („Ob Tennis, Golf oder Handball – mit allem habe ich immer irgendwie spät angefangen“) sind Resultate nicht das höchste und „beim Golf“, sagt er, „findest du auch keine Ausreden, da bist du ganz für dich alleine verantwortlich. Das macht den Sport aus“. Der Reiz aber, das macht der Steuerberater deutlich, ist stets vorhanden. Also packt er seine Golftasche nach der Runde in Kitzingen in sein Auto und fährt nach Würzburg, „um zu sehen, wie es bei meiner Tennismannschaft läuft“. Als Wagner die Mergentheimer Straße erreicht, sieht es nicht gut aus. Die TGW droht die Partie zu verlieren, 2:4 steht es nach den Einzeln. Golfsieg verpasst, Tennis-Tabellenführung ade? Nein. Die Würzburger Tennis-Männer 50 gewinnen alle drei Doppel und verteidigen den Platz an der Sonne. „Und so“, sagt Norbert Wagner, „war es doch ein rundum gelungener Tag.“