Das Wienerische schimmert leicht, aber unüberhörbar durch in der Sprache von Jörg Siebenhandl. Kein Wunder. Schließlich ist der 26-Jährige nicht nur in der österreichischen Hauptstadt geboren, sondern hat auch sein ganzes Leben als Fußballprofi dort verbracht. In der Jugend bei der Austria, beim SC Wiener Neustadt und zuletzt bei Admira Wacker Mödling. Der Überraschungsvierte der letzten Saison in Österreichs höchster Spielklasse ist zwar in Niederösterreich, aber unmittelbar hinter dem Wiener Autobahnring daheim. „Man sollte das nicht unterschätzen. Es ist nicht so einfach, wenn man das erste Mal so weit von zu Hause weg ist“, sagt Kickers-Trainer Bernd Hollerbach.
Jetzt aber, glaubt der Coach, ist es an der Zeit für eine Bewährungsprobe. Siebenhandl hat seit bald vier Wochen mit seinem neuen Team trainiert und hat sich eingelebt in der neuen Umgebung. Am Samstag (15.30 Uhr, Flyeralarm Arena) soll der Keeper, der in der Saison 2011/12 zu Österreichs Torhüter des Jahres gewählt wurde, erstmals in einem Pflichtspiel im Tor des FC Würzburger Kickers stehen. Im DFB-Pokal-Spiel gegen Eintracht Braunschweig gehört sein Vertrauen dem Österreicher, da hat sich Hollerbach festgelegt: „Ich werde im Pokal-Wettbewerb den Torwart wechseln“, kündigt er an: „Ich habe zwei erste Torhüter.
- Hier geht es zum Liveticker. Anstoß ist am 20.08. um 15:30 Uhr.
Da mache ich keinen Unterschied. Denn ich sehe, wie Jörg im Training arbeitet. Auf dieser Position haben wir keine Probleme.“
Der Reiz der zweiten Bundesliga
Siebenhandl freut sich auf den Auftritt: „Ich will zeigen, was ich kann.“ Nach seiner Vertragsunterzeichnung im Juli stand nur noch ein Testspiel auf dem Programm. Beim 0:2 bei RB Leipzig durfte der Österreicher 45 Minuten lang ran, wirkte dabei aber noch etwas nervös. Davon soll freilich diesmal nichts mehr zu sehen sein. Schließlich hat der 26-Jährige zumindest in einem Punkt Routinier Robert Wulnikowski etwas voraus. Wenn es nämlich um die Erfahrung in internationalen Wettbewerben geht. Siebenhandl hat in dieser Saison viermal in der Europa-League-Qualifikation bei Admira Wacker zwischen den Pfosten gestanden. Doch auch die Aussicht auf weitere Einsätze auf europäischem Parkett konnte ihn am Ende nicht in der Heimat halten. „Die zweite Bundesliga ist unheimlich reizvoll. Die Möglichkeit, in Deutschland zu spielen, wollte ich unbedingt ergreifen“, sagt Siebenhandl zu den Gründen für seinen Wechsel. Außerdem habe ihn Hollerbach überzeugt, „dass der Würzburger Weg der richtige ist. Es ist erstaunlich, was hier in kurzer Zeit entstanden ist“.
Und so hat sich Siebenhandl eben zunächst einmal klaglos auf Platz zwei hinter dem 39-jährigen Wulnikowski eingereiht in der Würzburger Torwart-Hierarchie. Dass er den Anspruch hat zu spielen, dass ist auch Hollerbach nicht entgangen. „Er schiebt etwas an. Das gefällt mir“, sagt der Trainer. „Wenn man zwei Wochen vor der Runde hierher kommt, kann man nicht erwarten, gleich ins Team rein zu rutschen. Da braucht man Geduld, die habe ich. Jetzt kann ich auf dem Platz zeigen, was ich drauf habe – und dann schauen wir wieder weiter“, sagt Siebenhandl selbst.
2015 im Pokal-Endspiel
Wulnikowski stand sowohl bei der Niederlage im Pokalwettbewerb im Oktober 2014 als auch beim Ligaspiel vor zwei Wochen im Kickers-Kasten. Siebenhandl indes geht ohne Revanchegelüste an die Pokalpartie heran. In Braunschweig beobachtete er die Partie von der Bank aus und hat durchaus seine Schlüsse gezogen: „Wir haben die Chance, dieses Spiel zu gewinnen. Das haben wir schon im letzten Spiel gezeigt.“
Pokalspiele sind für den Keeper etwas Besonderes: „Da geht es darum, auf den Punkt konzentriert zu sein.“ 2015 schaffte er mit Admira Wacker den Einzug ins österreichische Pokal-Endspiel, schaltete auf dem Weg dahin im Viertelfinale Rapid Wien mit dem Kirchheimer Steffen Hofmann mit 1:0 aus. Im Endspiel siegte aber Red Bull Salzburg deutlich mit 5:0.
In einer Disziplin hat Routinier Wulnikowski jedoch mehr Erfahrung als der Neuzugang. In Sachen Elfmeterschießen nämlich. Der 39-Jährige wurde einst bei Kickers Offenbach zum Pokalhelden, als er im Elfmeterschießen gleich zweimal, unter anderem gegen Robert Lewandowski, parieren konnte. 2015 sicherte er im Elfmeterschießen gegen den 1. FC Saarbrücken den Kickers den Drittliga-Aufstieg. „In meiner Profizeit kann ich mich an kein Elfmeterschießen erinnern“, sagt indes Siebenhandl. Sollte es gegen Braunschweig aber tatsächlichen zum Elfmeter-Roulette kommen, sieht er sich trotzdem gut vorbereitet: „Ich habe schon den einen oder anderen Elfmeter halten können. Das macht Mut. Aber wir wollen das Spiel in der regulären Spielzeit entscheiden.“
FC Würzburger Kickers – Eintracht Braunschweig (Samstag, 15.30 Uhr, Flyeralarm Arena) Personelle Situation: Bei den Kickers sind alle Mann an Bord. Ob der am Dienstag verpflichtete Neuzugang David Pisot bereits zum Einsatz kommen wird, darüber hüllt sich Trainer Bernd Hollerbach noch in Schweigen. „Ich habe jetzt mehr Optionen.“ Entscheidend für die Verpflichtung sei aber zuvorderst die Grundschnelligkeit des 29-jährigen Abwehrspielers gewesen. „Er war in der vergangenen Saison der schnellste Innenverteidiger der dritten Liga und läuft die 30 Meter in 3,8 Sekunden. Das sind Dinge, die wir brauchen können.“ Wichtigkeit des Pokalwettbewerbs: Die Kickers könnten die Zusatzeinnahmen aus einer weiteren DFB-Pokal-Runde sehr gut gebrauchen, sagt auch Hollerbach. Möglicherweise könnten die Würzburger mit den Einnahmen aus der zweiten Runde auch noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv werden. „Ich mag die K.o.-Spiele.“ Der Schiedsrichter: Jochen Drees leitet seit mittlerweile zehn Jahren Spiele der ersten Bundesliga. Der 45-jährige Mediziner aus Münster-Sarmsheim leitet zum ersten Mal eine Partie mit Beteiligung der Kickers.