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Handball: Zweite Bundesliga Männer: DJK Rimpar Wölfe: Der Doktor und das liebe Vieh

Handball: Zweite Bundesliga Männer

DJK Rimpar Wölfe: Der Doktor und das liebe Vieh

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    Der Kader der DJK Rimpar Wölfe für die Saison 2015/16: (stehend von links) Roland Sauer (Manager), Benedikt Brielmeier, Jan Winkler, Carolin Vierzigmann (Physiotherapeutin), Karin Thomas (Physiotherapeutin), Andreas Thomas (Torwarttrainer), Matthias Keidel, Julian Sauer, Steffen Kaufmann, Tom Spieß, Konstantin Madert, Stefan Schmitt, Max Brustmann, Matthias Obinger (Trainer), Julian Bötsch, Markus Leikuaf, Lars Spieß, Sebastian Kraus, Dominik Schömig, Nicolas Gräsl, Sabrina Paulus (Physiotherapeutin), Hans Staschek (Physiotherapeut), Lukas Siegler, Stefan Reppenhagen (Mannschaftsarzt), Daniel Sauer (Geschäftsführer), (vorne von links) Max Bauer, Jan Schäffer, Patrick Schmidt, Achim Moser (Athletiktrainer). Es fehlt Co-Trainer Josef Schömig.
    Der Kader der DJK Rimpar Wölfe für die Saison 2015/16: (stehend von links) Roland Sauer (Manager), Benedikt Brielmeier, Jan Winkler, Carolin Vierzigmann (Physiotherapeutin), Karin Thomas (Physiotherapeutin), Andreas Thomas (Torwarttrainer), Matthias Keidel, Julian Sauer, Steffen Kaufmann, Tom Spieß, Konstantin Madert, Stefan Schmitt, Max Brustmann, Matthias Obinger (Trainer), Julian Bötsch, Markus Leikuaf, Lars Spieß, Sebastian Kraus, Dominik Schömig, Nicolas Gräsl, Sabrina Paulus (Physiotherapeutin), Hans Staschek (Physiotherapeut), Lukas Siegler, Stefan Reppenhagen (Mannschaftsarzt), Daniel Sauer (Geschäftsführer), (vorne von links) Max Bauer, Jan Schäffer, Patrick Schmidt, Achim Moser (Athletiktrainer). Es fehlt Co-Trainer Josef Schömig. Foto: Foto: Nino Strauch

    Eigentlich ist es ja eine grundgute Eigenschaft. Und doch. Bodenständigkeit, das klingt irgendwie immer ein wenig nach biederem Buchhaltercharme, nach beigen Bundfaltenhosen und eher behäbiger Begeisterung. Und es riecht mehr nach Bohnerwachs als nach Halle, Harz und Spitzensportlerschweiß. Bodenständigkeit aber haben die Zweitliga-Handballer der DJK Rimpar Wölfe nach dem Höhenflug der vergangenen Saison für die bevorstehende Spielzeit als Motto ausgerufen. In ihrem Fall ist das verständlich.

    Seit neun Jahren führt der Weg der Vorzeigesportler aus dem handballverrückten Dorf nur in eine Richtung: bergauf. Damals, 2006, begann er in der Landesliga. 2015 fand er seinen vorläufigen Höhepunkt nach Ausflügen gar bis zum Tabellengipfel auf Platz fünf in der zweiten Liga. „Dass es nicht immer so weitergehen kann, immer nur nach oben, das muss allen klar sein“, mahnt Wölfe-Geschäftsführer Daniel Sauer zu Realismus. „Zumal die Liga in dieser Saison so stark ist wie noch nie!“

    „Alles kann, nur der Klassenerhalt muss“

    Ganz Unrecht hat der 33-Jährige damit sicher nicht. Doch was eigentlich hinter solchen Aussagen mit Ausrufezeichen steckt, ist klar: Die Verantwortlichen wollen die enormen Erwartungen dämpfen – in dem Bewusstsein, dass die Fallhöhe inzwischen ganz schön groß ist. „Ich will unsere Leistung der vergangenen Saison nicht schmälern, denn sie war kein Zufall, und ich will auch nicht tiefstapeln“, sagt Kapitän Stefan Schmitt. „Aber die Liga ist dieses Mal so viel stärker, und kein Gegner wird uns mehr unterschätzen. Daher bleiben wird demütig und setzen uns bescheidene Ziele.“ Diese formuliert Neu-Trainer Matthias Obinger offiziell gerne so: „Alles kann, nur der Klassenerhalt muss.“ Zwischen den Zeilen freilich ist herauszuhören, dass ein Mittelfeldplatz mindestens wünschenswert wäre. Aber selbst das ist kein abgehobenes Ziel.

    Dass Bodenständigkeit nun ganz und gar auch nicht unsexy sein muss, das beweist die neue Fotokampagne. Die Bilder zeigen die Wölfe, wie man sie kennt: voller Biss, voller Leidenschaft, voller Herzblut mit Wolfsblut. Entstanden jedoch sind sie an einem sehr bodenständigen Ort. Dort nämlich, wo manche Rimparer ihre halbe Kindheit und Jugend verbracht haben: dem kleinen Tartanplatz hinter der Dreifachsporthalle, der im Dorf von allen nur das Plätzle genannt wird.

    Vom Plätzle aus haben die noch aktiven Eigengewächse im Rudel wie Schmitt, Spielmacher Sebastian Kraus und Torwart Max Brustmann, aber auch Sauer und Obinger, einst den Weg angetreten, der sie nun bis aufs große Parkett führt: in die s.Oliver Arena. Dort werden die Grün-Weißen, wie berichtet, künftig alle ihre Heimspiele austragen. Die Arena fasst beim Handball 3075 Zuschauer – und damit rund dreieinhalb Mal so viele wie das bisherige Wohnzimmer der Wölfe, die „Hölle Nord“. Nicht wenige in Rimpar treten den Umzug mit einer gewissen Wehmut an; zum einen aus nostalgischen Gründen, zum anderen, weil sie wissen, dass die Enge der kleinen Dorfturnhalle, in der es meist heiß und hitzig und heftig laut zuging, den Handballern in brenzligen Situationen so manchen Punkt gerettet haben dürfte. Dem Druck, der von den Rängen, die bis ans Spielfeld reichen, ausging, waren nicht alle Gegner gewachsen.

    Umzug in die s.Oliver Arena

    Trotz des größeren organisatorischen Aufwands, den der Umzug nach Würzburg mit sich bringt, ist der Schritt richtig und wichtig. Richtig, weil er eine Antwort auf den deutlich gewachsenen Zuspruch ist – rund 700 Dauerkarten wurden im Vorverkauf abgesetzt, fast doppelt so viele wie zuletzt. Wichtig, weil sich der Verein nicht nur sportlich, sondern auch strukturell weiterentwickeln möchte. Freilich spielt er auch finanziell eine Rolle. Mit einem Schnitt von 1300 Besuchern pro Begegnung würde er sich für die Wölfe schon rechnen, sagt Daniel Sauer. Dass das Herz des Wolfsreviers trotzdem weiter in Rimpar schlägt, davon soll nicht nur die Fotostrecke am Plätzle erzählen. Der Verein wird bei jedem Heimspiel auch kostenlose Shuttlebusse einsetzen, die Zuschauer aus der Marktgemeinde zu jeweils zwei Uhrzeiten vor und nach einer Partie nach Würzburg und wieder zurückbringen.

    Es ist nicht der einzige neue Weg, den die Handballer eingeschlagen haben. So unterstützt seit kurzem der ehemalige National- und Bundesligatorwart Chrischa Hannawald die Wölfe im Bereich Sponsoring/Vertrieb. „Wir bauen auf seine Erfahrung, Kompetenz und seinen auch in Unterfranken bekannten Namen“, sagt Manager Roland Sauer. Hannawald ist guter Dinge, dass trotz des derzeitigen Spitzensport-Booms mit Fußball-Drittligist FC Würzburger Kickers und Basketball-Bundesliga-Rückkehrer s.Oliver Baskets „die Region und die Wirtschaft hier genug hergeben, dass für die Wölfe auch noch ein paar Euro übrig sein sollten“. Vielleicht, so die Hoffnung, findet sich sogar ein neuer Partner für die seit 2014 sponsorenfreie Trikotbrust.

    Matthias Obinger folgte auf Jens Bürkle

    Schließlich hat sich auch sportlich in den vergangenen Monaten manches in Rimpar verändert. Angefangen mit dem Trainerwechsel. Jens Bürkle verließ die Wölfe nach drei Jahren im Sommer, um dem Ruf des TSV Hannover-Burgdorf in die Bundesliga zu folgen. Mit Matthias Obinger wurde ein Nachfolger verpflichtet, der zur proklamierten Besinnung auf Bodenständigkeit passt. Denn wie so viele andere im Verein ist auch er einer von ihnen. Spielte früher selbst in Rimpar. Und assistierte danach Heiko Karrer, bevor er fünf Jahre lang sehr erfolgreicher Chefcoach beim Drittligisten HSC Bad Neustadt war. „Es ist ein Glücksfall, dass einer aus unseren Reihen auf diesem Niveau übernehmen kann“, hatte Kapitän Schmitt bereits im Juni angedeutet, dass das Rudel mit der Wahl des neuen Leitwolfs sehr zufrieden ist. Der 35-Jährige selbst sprach von einem „Traum“, der für ihn in Erfüllung gehe. Als Trainer in der zweiten Liga ist er ebenso ein Neuling, wie sein Vorgänger damals einer war, als A-Lizenz-Inhaber und promovierter Sportwissenschaftler topausgebildet wie Bürkle.

    Von den Möglichkeiten seines Arbeitgebers, der Uni Würzburg, an der Obinger lehrt und forscht, profitieren auch die Wölfe. So nutzte er mit ihnen beispielsweise regelmäßig den Speed Court. „Ich lege auch viel Wert auf die Überprüfung der Leistung. Daher haben wir die Spieler in der Vorbereitung alle zwei Wochen getestet“, erzählt der Coach. Und regeneriert wurde in Rimpar – wie bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft während der WM 2014 – neuerdings in der Eistonne.

    Bei zehn Freitags-, sechs weiteren Werktagsduellen und einigen Doppelspieltagen in dieser Saison kann regeneratives, ressourcenschonendes Training mit ein Schlüssel zum Erfolg sein – erst recht zu Beginn dieses „heißen Herbsts“ mit sechs Partien im September.

    Regeneration in der Eistonne

    Der Auftakt am vergangenen Samstag mit einem nicht unbedingt zu erwartenden Punktgewinn beim 20:20 bei der HSG Nordhorn-Lingen verlief zufriedenstellend, obwohl die Vorbereitung von Höhen und Tiefen geprägt war und Obinger zu keinem Zeitpunkt sein kompletter Kader zur Verfügung stand. Tom Spieß verletzte sich am Fuß, sein Zwillingsbruder Lars weilte bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Brasilien und brachte neben einer Bronzemedaille einen Muskelfaserriss in der Wade mit zurück, die Lehrer Schmitt und Brustmann urlaubten spät. Und Patrick Schmidt, einziger Neuzugang neben Rechtsaußen Max Bauer, der von der zweiten Mannschaft der Füchse Berlin aus der Dritten Liga kam, wird noch länger die Folgen seiner Achillesfersen-Operation auskurieren. Der frühere Publikumsliebling, der nach zwei Jahren beim Ligakonkurrenten TV Hüttenberg nach Rimpar zurückkehrte, wird erst im Laufe der Vorrunde einsatzbereit sein.

    So gewährte Obinger in den Tests auch dem Nachwuchs aus dem Perspektivkader Spielzeiten, allen voran dem 18-jährigen Lukas Siegler im linken Rückraum, der auch im verlorenen DHB-Pokalduell gegen Bundesligist Frisch Auf Göppingen (18:28) zum Einsatz kam. Dass er den Anschluss der Jugend an die erste Mannschaft vorantreiben wolle, hatte Obinger von Anfang an angekündigt.

    Kreativität statt starre Strukturen im Angriff

    Auch spielerisch wird seine Handschrift bereits sichtbar, am meisten in der 5:1-Abwehr, die er zusätzlich zur 6:0-Formation eingeführt hat und die die Wölfe noch variabler macht. Im Angriff setzt der gebürtige Würzburger auf Kreativität statt auf starre Strukturen. Sein Credo: „Ich möchte mündige Spieler, die freie Entscheidungen treffen und sich entfalten.“ Sein Ziel: „Jeder Feldspieler soll auf fast jeder Position einsetzbar sein, damit wir nur sehr schwer ausrechenbar sind.“ Die Konsequenz: mehr Eigenverantwortung für den Einzelnen. „Ich glaube, dass wir die Typen dafür haben“, sagt Schmitt, äußert aber zugleich Respekt von dieser „höchsten Form des Spiels“. Keeper Brustmann meint: „Wenn dieses System greift und fruchtet, dann macht es uns besser. Es ist auch eine Sache des Selbstvertrauens.“

    Das System jedenfalls passt zu Obingers Philosophie der Führung, die auf vertrauensvoller Nähe zu seinen Schützlingen basiert. Ausschließlich Autorität sein, das sei nicht seine Art, hatte der 35-Jährige bei seinem Amtsantritt gesagt. „Ich sehe den Menschen vor dem Spieler. Und wenn das Verhältnis Mensch zu Mensch stimmt, stimmt auch das Verhältnis Coach zu Spieler“, ist er überzeugt.

    Die Konstellation von ihm als Trainer mit Titel und seiner nach Tieren benannten Mannschaft mag einen an eine in den 1970er und 1980er Jahren beliebte Fernsehserie erinnern. „Der Doktor und das liebe Vieh“ hieß die Serie, die freilich nichts mit Sport zu tun hatte, sondern von einem Landarzt in Nordengland handelte. Auch das klingt ein wenig bieder und behäbig, und es ging darin auch bodenständig zu – vordergründig. Doch die Serie hatte durchaus Unterhaltungswert, und diesen bezog sie nicht zuletzt aus den gewinnenden Charakteren ihrer Protagonisten.

    An solchen mangelt es auch dem Wolfsrudel nicht. „Ich habe ein intaktes Team bekommen, ein gutes Gefühl und viel Hoffnung und Vertrauen in meine Mannschaft“, sagt Obinger. Bei aller ausgerufenen Bodenständigkeit – der Doktor und sein liebes Vieh, sie werden schon dafür sorgen, dass es nicht langweilig wird.

    DIE WÖLFE AUF EINEN BLICK

    Der Kader

    Tor: Max Brustmann, Konstantin Madert, Markus Leikauf Rückraum Mitte: Sebastian Kraus, Patrick Schmidt

    Rückraum links: Stefan Schmitt, Lars Spieß, Benedikt Brielmeier

    Rückaum rechts: Steffen Kaufmann, Jan Winkler

    Linksaußen: Dominik Schömig, Tom Spieß

    Rechtsaußen: Julian Sauer, Max Bauer

    Kreis: Jan Schäffer, Julian Bötsch

    erweiterter Kader: Lukas Siegler, Matthias Keidel, Nicolas Gräsl

    Die Trainer

    Dr. Matthias Obinger, Josef Schömig (Assistent)


    Die Zugänge

    Patrick Schmidt (TV Hüttenberg), Max Bauer (Füchse Berlin II)


    Die Abgänge

    Tobias Büttner (SV 08 Auerbach), Maximilian Drude (DJK Waldbüttelbrunn)


    Die Halle

    s.Oliver Arena Würzburg (Kapazität 3075)


    Der Etat

    650 000 Euro


    Das Saisonziel

    Sportliche und organisatorische Weiterentwicklung; Minimalziel: Klassenerhalt


    Die Bilanz

    2006/071. Platz Landesliga Bayern
    2007/085. Platz Oberliga Bayern
    2008/091. Platz Oberliga Bayern
    2009/1012. Platz Regionalliga Süd
    2010/111. Platz Oberliga Bayern
    2011/126. Platz Dritte Liga Ost
    2012/131. Platz Dritte Liga Ost
    2013/1414. Platz Zweite Bundesliga
    2014/155. Platz Zweite Bundesliga
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