Sonntagfrüh, kurz nach zehn Uhr. Im Festzelt auf der Würzburger Talavera sind die meisten Bänke bereits besetzt. Knapp 300 Leute sind zum Boxen gekommen: Eintritt sieben Euro, Veranstalter sind die Boxfreunde der Würzburger Versorgungs- und Verkehrsbetriebe, kurz WVV. Gegner beim Vergleichskampf ist der 1. FC Nürnberg – so steht es zumindest auf den Zetteln, die überall auf den Tischen ausliegen. Hinten rechts im Eck sitzt eine Gruppe Männer an einem Tisch. Auf dem Jahrmarkt geht es zu wie auf einem Basar. Die blauen Pässe mit den Kampfdaten wandern hin und her. Wie alt ist der, wie schwer ist dieser, wie viele Kämpfe hat jener? Wer gegen wen? Es ist hektisch.
Wer denkt, bei einem solchen Vergleichskampf boxen tatsächlich einige Faustkämpfer aus Würzburg gegen ein paar aus Nürnberg und am Ende wird zusammengezählt, der irrt. Eine gesamte Boxstaffel bekommt kaum ein Verein zusammen. Immer verstärkt man sich mit Sportlern aus der Fremde. „Und es geht ja auch darum, dass die beiden Gegner zueinander passen. Man will ja seine Boxer nicht verheizen“, sagt Hans Bales. Zehn aktive Boxer hat er bei den Sportfreunden der WVV derzeit unter seinen Fittichen. Einer stieg am Sonntag auf der Talavera in den Ring: Der 18-jährige Waldemar Benner bestritt seinen ersten Kampf.
Der Rest der Würzburger Staffel bestand aus Bad Mergentheimern und einer ganzen Reihe von Faustkämpfern aus dem nordhessischen Eschwege. „Es interessiert die Zuschauer doch nicht groß, wo die Boxer her sind“, sagt Bales. Vor den Kämpfen sollten alle noch schnell einen weißen Frottee-Überhang mit dem WVV-Schriftzug überwerfen. Weil zwei Männer aus der hessischen Reisegruppe nicht rechtzeitig in Würzburg eintrafen, gingen Bales' Planungen nicht auf. Letztlich kamen noch sieben Kämpfe zustande. Karl-Heinz Wolfstädter, beim Frühjahresvolksfest Ringrichter und ansonsten Box-Abteilungsleiter der Würzburger Kickers, ärgerte sich: „Ich habe angeboten, dass einige Kickers-Boxer hier antreten. Die wollte man nicht haben. Jetzt fehlen Kämpfer. Das ist ärgerlich.“
Als dann nach einigen Verhandlungen sieben Kämpfe festgelegt waren, flogen mit reichlich Verspätung die Fäuste. Los ging es mit Milosz Gybrowski, einem Box-Knirps aus Eschwege, gegen den deutlich größeren Nürnberger Chamil Karimov im Kadetten-Papiergewicht. Der Kampf war eine eindeutige Angelegenheit. Karimov siegte in Runde zwei durch Aufgabe.
So richtig gutklassig war kaum ein Kampf, die Stimmung im Festzelt blieb mau. Auch beim Anfänger-Duell des Würzburgers Benner gegen Stefan Feldmann, der ebenso seinen ersten Kampf bestritt. Immer wieder musste Ringrichter Wolfstädter eingreifen: „Nicht mit der Innenhand schlagen!“ Der Kampf erinnerte – dem Ambiente angemessen – an eine wüste Bierzelt-Hauerei. Benner blutete, wurde angezählt und gewann trotzdem. Überhaupt hatte die Staffel mit den WVV-Trikots am Ende mehr Punkte gesammelt. Aber mitgezählt hat eh kaum einer.
Was nun vom Vergleichskampf im Würzburger Festzelt zu halten war, darüber konnte man geteilter Meinung sein: „Ich bin zufrieden“, sagte Organisator Bales. Ringrichter Wolfstädter, gleichzeitig auch Organisator des Kiliani-Boxens, hatte die Veranstaltung des Orts-Rivalen nicht gefallen: „Die Kämpfe hatten kein gutes Niveau.“ Unrecht hatte er nicht.