„Es war eigentlich von Anfang an klar, dass die Kickers mein Verein sind“, sagt Jung. „Das war durch meine Familie praktisch vorgegeben.“ Eine Tante errang mit den Hockey-Frauen fünfmal den deutschen Meistertitel, eine andere war Mary Jung. Die war selbst eine erfolgreiche Fechterin und Fechtlehrerin bei den Kickers. Mit zehn Jahren hatte Dieter Jung erstmals eine Fechtwaffe in der Hand. Zehn Jahre später, 1960, wurde der heute 67-Jährige siebter der Junioren-Weltmeisterschaft. Vier weitere Jahre später begann er, bei den Senioren Titel sammeln. Erst bayerische, bald deutsche.
„Fechten war auch für mein späteres berufliches Leben eine gute Schule“, sagt Jung rückblickend. „Es ist diese Mischung aus Konzentration und Dauerleistung. Manchmal über Tage verteilt. Irgendwie ist das wie eine EKG-Kurve. Es gibt immer wieder Ausschläge und eine längere Strecke, wo nichts passiert.“ Neben Fechten hat Jung aber auch das Rudern geprägt. Seit 1955 ist er Mitglied bei der Rudergesellschaft Bayern. „Beide Sportarten haben miteinander harmoniert und sich ergänzt. Meine Stärke war so auch Physis und Kondition. Die hatte ich eben nicht nur durch das Fechten.“
Mit dem aber errang er seine großen Erfolge. National wie internatio- nal. Dreimal wurde Jung von 1966 bis 1970 deutscher Degen-Meister. „Der dritte Titel 1970 war mein schönster“, erinnert er sich. Zuvor hatte er fast eineinhalb Jahre pausiert. „Das war quasi ein Titel aus dem Stand. Ich hab nur ein knappes Vierteljahr vorher wieder mit dem Training angefangen“, lacht er. „Manchmal fallen einem die Dinge eben irgendwie in den Schoß.“
Aber ohne Training und Fleiß ging in Wahrheit nichts. Hart arbeiten musste Jung schon in den sechziger Jahren. Neben den deutschen Titeln erlebte er in der Blütezeit der Kickers-Fechtabteilung auch seinen persönlichen sportlichen Höhepunkt: Die Olympischen Spiele 1968 in Mexiko-Stadt. „Das waren vielleicht die schönsten Spiele von allen. Die ganze Stadt lebte das Ereignis mit. Auch im Umland, auf Ausflügen, hast du gespürt: Alle tragen Olympia mit.“
Vier Wochen hatte sich das deutsche Team in Arizona auf die besonderen Anforderungen der „Höhen-Spiele“ von Mexiko vorbereitet. „Das war so eine Art natürliches Doping. Das haben ja alle gemacht, deshalb sind auch so viele Rekorde gepurzelt, damals. Im Laufen etwa oder durch Bob Beamons legendären Weitsprung“. Auch Jung wäre beinahe ein großer Coup gelungen. Doch mit der deutschen Degen-Mannschaft schlug er um eine Klingenspitze an einer Medaille vorbei, belegte am Ende Platz vier. „Damals war das eine große Enttäuschung. Aber als Sportler musst du auch lernen, mit Niederlagen umzugehen.“ Nach Mexiko legte Jung erstmal eine Fecht-Pause ein.
Doch bei den nächsten Olympischen Spielen in München stand er schon wieder für Deutschland auf der Planche. Auch diesmal blieb das deutsche Team ohne Medaille. „Die Spiele waren natürlich vom schrecklichen Attentat auf die israelischen Sportkameraden überschattet. Das ist ja nur wenige hundert Meter von unserer Unterkunft im Olympischen Dorf passiert“, erinnert er sich. „Wir waren sehr betroffen damals.“ Bis 1980 war Jung weiter aktiv, bevor er den Degen, auch aus beruflichen Gründen, aus der Hand legte – als der erfolgreichste Fechter in der Geschichte der Würzburger Kickers.