Die Crunchtime ist vorbei. Wie für den Würzburger Basketball-Bundesligisten s.Oliver die aktuelle Spielzeit. Als Crunchtime bezeichnen die Basketballer bei einem ausgeglichenen Spiel die wenigen zwei, drei Minuten am Ende, in der sich eine Partie dann entscheidet - und die Anhänger besonders laut mit den Zähnen knirschen, weil es so eng zugeht. Da entscheidet dann ein Wurf. Oder ein Fehler in der Defensive. Hopp oder top, eben. Alles oder nichts. In der Situation war auch die Basketball-Bundesliga: Saisonabbruch? Eine dritte Vertagung? Oder doch eine irgendwie geartete Fortsetzung? Eine Entscheidung musste her. Die ist gefallen: Die Runde soll - sofern es die Politik erlaubt - mit modifizierten Play-offs beendet werden. Man darf davon ausgehen, dass es trotzdem mächtig knirscht im Gebälk. Nicht nur in Würzburg - aber eben auch dort.

Seit Montagabend steht für die Baskets fest: Wegen der Coronavirus-Pandemie wird es nichts mit der Fortsetzung dieser Saison mehr, geschweige denn mit den angestrebten Play-offs. Zwar haben die Bundesliga (BBL) und Vertreter der 17 Klubs in einer fünfstündigen Videokonferenz beschlossen, die Spielzeit 2019/2020 nach Möglichkeit mit Begegnungen zu beenden. Aber an dem anvisierten Turnier mit zehn Mannschaften an einem noch festzulegenden Ort werden die Baskets nicht teilnehmen. Obwohl die Liga offenbar allen 17 Klubs freigestellt hatte mitzumachen. "Wir hätten natürlich auch sehr gerne mitgespielt, haben uns aber dafür entschieden, nicht an der von der BBL vorgeschlagenen Fortsetzung des Spielbetriebs teilzunehmen. Es sind heute auch nach der intensiven Diskussion mit allen Kollegen und mit der Liga für uns zu viele Fragen offen geblieben“, wird Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler in einer Mitteilung des Vereins zitiert. Persönlich wollten sich Verantwortliche des Klubs gegenüber dieser Redaktion nicht äußern.
„Wir haben aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt und bleiben unserer Linie treu, in finanzieller Hinsicht keine Risiken einzugehen."
Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler
„Wir haben aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt und bleiben unserer Linie treu, in finanzieller Hinsicht keine Risiken einzugehen. Wir respektieren die Entscheidung der anderen Klubs, dass sie im Sinne der Liga an der Fortsetzung der Saison im geänderten Modus teilnehmen möchten. Wir müssen aber in dieser Situation Vernunft walten lassen und leider die Saison sportlich abhaken", so Liebler in der Mitteilung, in der auch Baskets-Trainer Denis Wucherer wie folgt zitiert wird: „Natürlich sind wir enttäuscht, und es tut in der Seele weh, dass wir die Saison nicht zu Ende spielen können. Wir hatten ein starkes Team und waren sportlich auf einem sehr guten Weg. Aber wir als Trainer akzeptieren und respektieren die Entscheidung der Geschäftsführung. Neben der Gesundheit aller Beteiligten muss das Wohl unseres Klubs an erster Stelle stehen.“ Wer schon einmal mehr als einen Halbsatz mit einem Profisportler und/oder einem ehrgeizigen Trainer wie Wucherer gewechselt hat, weiß, dass diese Sätze ziemlich nah ans Zungeabbeißen kommen.
"Es tut in der Seele weh, dass wir die Saison nicht zu Ende spielen können."
Baskets-Trainer Denis Wucherer
Die Hauptrunde der Saison, in der die Würzburger noch elf Partien zu bestreiten gehabt hätten, wird nicht mehr ausgespielt. Stattdessen sind modifizierte Play-offs geplant, die in Turnierform ausgetragen werden sollen. Zehn Mannschaften in zwei Fünfergruppen. Erstmal je Gruppe jeder gegen jeden, anschließend Viertel- und Halbfinals sowie das Finale. Das Turnier soll in etwa drei Wochen über die Bühne gebracht sein. Vorbereitungs- und Trainingszeiten sollen einkalkuliert werden. Da es das Ziel der Liga bleibt, die Saison bis spätestens zum 30. Juni 2020 zu beenden, müssten spätestens am 18. Mai die behördlichen Genehmigungen für den Trainings- und Spielbetrieb vorliegen, hieß es.
Zum Zehner-Klub gehören laut einer Mitteilung der Liga: FC Bayern München, Riesen Ludwigsburg, Merlins Crailsheim, Alba Berlin, Baskets Oldenburg, Rasta Vechta, Brose Bamberg, BG Göttingen, ratiopharm Ulm und die Fraport Skyliners Frankfurt. Also alle sieben vor den Würzburgern in der eingefrorenen Tabelle liegende Teams sowie mit Göttingen, Ulm und Frankfurt drei hinter dem Achtplatzierten. Außer Würzburg wollten auch Braunschweig, Bayreuth, Gießen, Bonn, Weißenfels (MBC) sowie Hamburg die Saison nicht fortsetzen. Diese sieben Klubs sollen in der Abschlusstabelle hinter den Teams geführt werden, die das Turnier bestreiten wollen. Die Baskets werden demzufolge sozusagen als "Best of the Rest" die Runde als Elfter beschließen. Desweiteren einigten sich Liga und Vereine darauf, dass es in dieser Saison keinen sportlichen Absteiger geben wird. Angaben über mögliche Aufsteiger machte die Liga nicht. Dieses komplette Konzept steht - wie die Liga mitteilt - "unter dem Vorbehalt der entsprechenden behördlichen Genehmigungen für den notwendigen Trainings- und Spielbetrieb".
„Wir wollten die Saison fortsetzen, eine Einstimmigkeit erzielen und ein interessantes Konzept auf die Beine stellen. Das alles ist uns gelungen“, sagte BBL-Geschäftsführer Stefan Holz der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Auch Marko Pesic vom Titelverteidiger aus München war zufrieden: „Ich finde, das ist ein sehr gutes Ergebnis. Die Entscheidung wurde von einem sehr großen Solidargedanken getragen und ist einstimmig gefällt worden. Das war wichtig“, sagte der Münchner Geschäftsführer, der genau für das nun vorgestellte Konzept vor Tagen bereits im Internet geworben hatte.

Die Liga erarbeite nun ein Hygiene- und Sicherheitskonzept. Von diesem Dienstag an soll sich eine Expertengruppe um die Details kümmern. Wer das Turnier austrägt, ist noch offen. „Wenn wir die Bedingungen für die Austragung erfüllen, werden wir uns auf jeden Fall darum bewerben. Ich denke, dass wir die Infrastruktur und Logistik hätten, das Turnier auszutragen“, sagte Pesic. Die Liga will nun kurzfristig eine Ausschreibung auf den Weg bringen, nächsten Montag, 4. Mai, soll der Standort feststehen.
„Wir sind ein Sportunternehmen und freuen uns darauf, wenn wir die Saison sportlich zu Ende bringen können. Das alles natürlich vor dem Hintergrund, dass die Rahmenbedingungen erfüllt werden können und sowohl Politik als auch das Robert Koch-Institut grünes Licht geben“, sagte Arne Dirks, Geschäftsführer von Brose Bamberg. Der einstige Serienmeister hatte bis zuletzt vehement für einen Abbruch der Saison geworben - ist nun aber doch umgeschwenkt.
In der Crunchtime entscheiden Spieler oft auch intuitiv.
Mit Informationen von dpa