Die letzten Wochen haben ihre Spuren hinterlassen. Deutliche Spuren. Verfolgte man Bernd Hollerbach ein wenig länger und regelmäßig, so fiel zuletzt vor allem eines auf: Er wirkte angeschlagen. Leer. Ausgebrannt. Sein früher häufiger manchmal schelmische, bisweilen auch angriffslustige Blick wich zuletzt immer öfter einem eher blutleeren, mitunter auch ratlos wirkenden Vor-sich-hin-starren, vor allem, wenn er den Absturz seiner Mannschaft in der Rückrunde der Zweiten Fußball-Bundesliga erklären sollte. Vielleicht war dies auch deshalb so, weil er einfach keine wirklich schlüssige Erklärung dafür hatte - womöglich ebenso wenig wie für den überraschenden Erfolg in der Hinrunde.
Hollerbach zum Rücktritt ohne übertrieben viele Worte
Hollerbach war nie eine allzu große Plaudertasche, wenn er öffentlich Rede und Antwort stehen sollte – zuletzt aber wurde er immer schmallippiger. Der Abstiegskampf und die vielen, vielen Spiele ohne Sieg hatten Kraft gekostet. Bei der Verkündung seines Rücktritts blieb er sich weitgehend treu: Übertrieben viele Worte verlor er nicht, wenngleich man ihm dies durchaus abnehmen darf: „Es fällt mir nicht ganz leicht, aber Abschiede gehören zum Leben.“ So begann er seine Rücktrittsrede in einer Pressekonferenz am späten Montagnachmittag, zu der der ehemalige Zweitligist FC Würzburger Kickers zwei Stunden zuvor eingeladen hatte.
Hollerbach sprach von „drei unglaublich schönen Jahren“ in Würzburg, von „anstrengenden Jahren“ und einer „sehr sehr schönen Zeit“, ehe er sich beim Verein und seinen Entscheidungsträgern bedankte. Der 47-jährige gebürtige Würzburger, der seine Jugend in Rimpar verbrachte, gilt gemeinsam mit Aufsichtsratsvorsitzendem Thorsten Fischer, dem Chef von Sponsor flyeralarm und Hauptgeldgeber, als Vater des erstaunlichen Weges der Kickers aus der Regionalliga ins deutsche Unterhaus, der die Rothosen nun wieder in die Dritte Liga führte. Und der Vater hätte sein Kind in jedem Fall zur Adoption freigegeben. Hollerbach betonte zwar, dass er dem Verein verbunden bleiben wird, aber eben auch, dass er gleichfalls zurückgetreten wäre „bei der dritten Sensation hintereinander“. Er meinte den Klassenerhalt.
Abschied von der Mannschaft am Dienstag
Am heutigen Dienstag will sich Hollerbach, der vor dem den Abstieg besiegelnden 1:4 am Sonntag in Stuttgart angekündigt hatte, noch bis zum 30. Mai trainieren lassen zu wollen, noch von der Mannschaft verabschieden. Dann geht's angeblich erst einmal in Urlaub, „dafür hatte ich in den letzten drei Jahren ja keine Zeit“. Ob er in der neuen Saison einen Verein übernehmen wird, ließ er offen.
Der Neue ist Stephan Schmidt
Hollerbachs Nachfolger Stephan Schmidt, der soeben mit der U 17 von Bundesligist FC Schalke 04 westdeutscher Meister wurde und sich nun erst noch auf die Endrunde um die deutsche Meisterschaft konzentrieren will, würdigte seinen Podiumsnachbarn bei der gemeinsamen Pressekonferenz im Bauch des Stadions am Dallenberg als „Kraftwerk des Vereins“. Schmidt meinte, er habe „sehr sehr großen Respekt“ vor dem, was in den letzten Jahren in Würzburg entstanden sei und freue sich „sehr, sehr, sehr auf diese Aufgabe“.
- Die Statements von Bernd Hollerbach und Stephan Schmidt im Liveticker
Der 40-jährige gebürtige Berliner trainierte in der Zweiten Liga bisher Paderborn und Cottbus. Zuvor war er verantwortlich gewesen für die U-19-Mannschaften von Hertha und dem VfL Wolfsburg (von 2009 bis 2012). In dieser Zeit lernte Schmidt auch Bernd Hollerbach kennen, der im März 2011 als Co-Trainer von Trainer Felix Magath zum zweiten Mal in Niedersachsen angeheuert hatte.
Eigentümliche aber durchaus Kickers-typische PK
Man darf durchaus annehmen, dass diese gemeinsame Vergangenheit mit ausschlaggebend war für Schmidts Engagement in Würzburg – wenngleich sich die Beteiligten darüber in Schweigen hüllten. Es war überhaupt eine zwar recht eigentümliche, aber eben auch für das Kommunikationsverhalten der Kickers nicht untypische Pressekonferenz zu Hollerbachs Abschied.
Natürlich betonte Vorstandsvorsitzender Daniel Sauer, dass es „nicht einfach ist, nach dem Abstieg nun auch noch einen Abschied verkraften zu müssen“. Sauer, der in der Jugend beim ASV Rimpar kickte und später Handballprofi in der Bundesliga wurde, war vor seinem Engagement bei den Kickers, bei denen er vor eineinhalb Jahren einstieg, vor allem in der Handballszene unterwegs. Der 35-Jährige beerbt nun Hollerbach als Sportdirektor des Drittligisten und betonte, dass auch bei der jüngsten Personalrochade die „Kickers-Familie sehr gut zusammengehalten“ habe.
Keine Antworten auf konkrete Fragen
Überhaupt war viel von der Familie die Rede am Montag. Fragen dagegen, wann Hollerbachs Nachfolge geregelt wurde, wann Schmidt anfangen wird, wann die Vorbereitung auf die Dritte Liga beginnen wird, welche Ziele gesteckt werden oder wie der neue Trainer gedenkt, eine Mannschaft zusammenzubekommen – diese und andere Fragen erschienen eher lästig, unerwünscht und wurden auch nicht wirklich beantwortet. Das werde man alles später mitteilen, hieß es. Nicht einmal die Laufzeit des Vertrags mit Schmidt wurde verraten. Sauer meinte lediglich, er müsse erst einmal in den Vertrag schauen, und dass die Laufzeit „zwischen einem halben Jahr und fünf Jahre betrage“. Dabei müssen die Kickers sich ziemlich sputen. Am 21. Juli steigt das Eröffnungsspiel zur neuen Drittliga-Saison. Am 7. und am 11. Juni finden die beiden Halbfinalspiele der Endrunde der B-Junioren-Bundesliga statt, in denen Schmidt seine Nachwuchsknappen noch betreut (das Finale folgt dann sonntags darauf, am 18. Juni). In der Zwischenzeit stehen Verhandlungen an mit den Spielern, die weiterhin das Kickers-Leibchen tragen sollen, und auch mit Akteuren, die neu hineinschlüpfen sollen.
Während seiner nur drei Monate andauernden Zeit in Cottbus verriet Schmidt dem Boulevard, dass er „immer wieder in der Bibel“ lese, weil sie „verschiedene Phasen des Lebens“ widerspiegele. Seine Lieblingspassage laut „Bild“: „Psalm 23. Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Für Schmidt beginnt nun, wie für die Kickers, eine neue Phase im Leben – ob beiden es an etwas mangeln wird, wird sich zeigen.