Samuel hat mit Boris Becker eines gemeinsam: Er hat – wie einst der Tennis-Weltstar zu Beginn seiner Karriere – das nationale deutsche Jüngstenturnier in Detmold in seiner Altersklasse gewonnen. Es war nicht sein einziger Erfolg. Der Neunjährige, der teilweise schon gegen viel ältere Gegner spielt, hat im vergangenen Jahr 13 Turniersiege gefeiert, schaffte immerhin noch ein Mal das Endspiel und fünf Mal das Halbfinale. In diesem Jahr holte er schon fünf erste Plätze bei Jugend- und Sichtungsturnieren. Er ist in seinem Jahrgang 1998 bis jetzt in Deutschland ungeschlagen.
Ein solches Talent wird gefördert. Sollte man meinen. Doch Samuels Vater und Trainer Jürgen Sippel sieht sich seit einiger Zeit mit – wie er es nennt – „merkwürdigen“ Vorkommnissen beim Tennisbezirk Unterfranken konfrontiert. Die lassen für ihn nur einen Schluss zu: „Der Tennisbezirk will die Karriere meines Jungen kaputtmachen.“ Grund seien Meinungsverschiedenheiten zwischen Sippel und dem Tennisbezirk. Der wolle auf Kosten von Samuel Druck auf seinen Vater ausüben.
Begonnen haben die Merkwürdigkeiten laut Jürgen Sippel im Frühjahr 2007, als Samuel mit dem Tenniszentrum in Franken e.V. (TZF) einen Fördervertrag abschließen sollte. Seine Eltern schickten den ausgehandelten Kontrakt an das TZF zurück.
Gegengezeichnet wurde er vom Bezirk allerdings nicht. Von Sportwart Walter Haun erfuhr Jürgen Sippel, dass der Fördervertrag vernichtet wurde: „Gerne können Sie diesbezüglich sich aber direkt mit der AVG der Stadt Aschaffenburg in Verbindung setzen und versuchen, ihre Originalunterlagen aus der Müllentsorgung zu erhalten“, schrieb Haun.
Seither gab es kein neues Förderangebot, obwohl zahlreiche unterfränkische Spieler angeschrieben wurden und Angebote bekamen“, sagt Sippel.
Es folgten einige Turniere, bei denen Samuel nicht berücksichtigt wurde. Vorläufiger Höhepunkt der Odyssee: Das Talent wird vom Jugendwart des Tennisbezirks, Klaus Walter zum Talentcup ein– und anschließend wieder ausgeladen. Samuel sei noch zu jung. Jürgen Sippel recherchierte nach eigenen Angaben beim Bayerischen Tennisverband (BTV), dass es beim Talentcup keine Altersbeschränkung nach unten gibt. Sein Sohn wäre startberechtigt. Es kommt noch schlimmer: Samuel wird gänzlich von allen Aktivitäten des Tennisbezirks ausgeschlossen. Grund sei das ständige Hintergehen und Belästigungen der Bezirkstrainer durch Jürgen Sippel, so Klaus Walter.
Der will diese Entscheidung nicht akzeptieren: „Ich wehre mich dagegen, dass Samuel wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen mir und dem Bezirk ausgetragen wird.“ Die Probleme resultierten aus der Zeit, als Sippel Geschäftsstellenleiter des Bezirks gewesen sei. Auch einige aus Samuels Trainingsgruppe seien von der Politik des Bezirks betroffen und zu Turnieren nicht eingeladen worden. Der schade sich so selbst: „Wo sind der Fördergedanke und die Leistungsorientierung.“
In Hans-Joachim Wachsmuth, Chef des TV Rot-Weiß Gerbrunn, hat Jürgen Sippel einen Fürsprecher gefunden: „Wenn sich die Nichtberücksichtigung bestätigt, ist Samuel in Unterfranken sportlich tot.“ Der Bezirk wolle endlich aus seiner sportlich eher mageren Position in Bayern nach vorne kommen, sondere aber die besten Leute aus.
Thomas Fischer, Vorsitzender des Tennisbezirks Unterfranken, findet Sippels Vorwürfe gar nicht lustig: „Die Beschuldigungen sind haltlos. Bei uns wird absolut korrekt gearbeitet.“ Er schätze Samuels Können sehr, aber für den Talentcup sei er zu jung gewesen und daher fälschlicherweise eingeladen worden. Den Fördervertrag habe Vater Sippel durch unkooperatives Verhalten selbst platzen lassen.
Sippel versuche, die Leute im Bezirk aufzuhetzen, worüber sich einige Verantwortliche schon beschwert hätten. Mit ihm bestünde kein Kontakt mehr, nur noch über einen Rechtsanwalt. „Die Kinder leiden bestenfalls unter ihren überehrgeizigen Eltern, nicht unter uns ehrenamtlich Tätigen des Tennisbezirks und -verbands.“
Trotz des Streits hält Fischer Samuel bei seinem Vater als Trainer für bestens aufgehoben: „Samuel wird mit und ohne Verband gut.“ Ob er im nächsten Jahr wieder zu Tennis-Turnieren eingeladen wird, werde man sehen. Für den Talentcup ist er dann jedenfalls alt genug.