Da hing Leonie Beck nun, mittendrin im Gerangel. Links Arme, rechts Beine, vor ihr, hinter ihr – sie kam einfach nicht vom Fleck. Und als sie diese erste Boje während des Fünf-Kilometer-Rennens bei der WM in Ungarn endlich umschwommen, als sich die Würzburgerin endlich freigekämpft hatte, um auf der Geraden ihre Geschwindigkeitsvorteile ausspielen zu können, da kam auch schon die nächste Boje. Am Ende schwamm Beck als 24. durchs Ziel, mit 2:20 Minuten Rückstand auf die neue Weltmeisterin Ashley Twichell (USA, 59,07.0).
Rang zwei ging an Zehn-Kilometer-Weltmeisterin Aurélie Muller aus Frankreich (59:10.5). Bronze sicherte sich die Brasilianerin Ana Marcela Cunha (59:11.4). Finnia Wunram, die bei der WM 2015 noch überraschend zu Bronze geschwommen war, musste dem hohen Tempo und den am Sonntag geschwommenen zehn Kilometern Tribut zollen. Die Magdeburgerin, die nach einem tapferen Interview-Stopp in der Mixed-Zone in Tränen ausbrach, wurde Elfte.
Dabei hatte das Rennen für Leonie Beck so gut begonnen. Nach dem Start schwamm sie vorne mit, war Zweite hinter der zunächst führenden Muller. Doch dann kam diese 90-Grad-Kurve im 2,5-Kilometer langen Kurs auf dem Plattensee. „Das habe ich mir so nicht vorgestellt“, sagte Beck später mit Blick auf den Moment, der ihre gute Position vorne im Feld so früh zunichte machte: „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell vorbei sein kann.“
Es waren diese Momente an der ersten Boje, und die Fernsehbilder, die Becks ungeschickte Bemühungen überlebensgroß abbildeten, die auch Stefan Lurz frustriert zurückließen. Das hatte der Bundes- und Heimtrainer von seinem Schützling nicht erwartet – wohl wissend, dass die Beckenschwimmerin nach ihrer Entscheidung fürs Freiwasser erst wenig Rennerfahrung gesammelt hatte. „Das ist schon arg gravierend, wenn man so gut schwimmt und dann so viel verliert. Allein schon 50 Meter vorher die Mädchen innen durchzulassen, um dann in der Boje noch zu versuchen, nach innen zu ziehen, was dann komplett falsch ist“, brach es aus dem Trainer heraus. „Da sind so viele Kleinigkeiten zusammengekommen, die sie dann so viel Energie kosten, dass sie jede Gruppe verliert.“
Die Konsequenz sei nun, Beck so viel Rennen schwimmen zu lassen wie möglich, um die augenscheinlich fehlende Intuition mit Übung wettzumachen. „Oder man muss überlegen, wenn es nach einer Saison nicht läuft, ob Freiwasserschwimmen für sie überhaupt das Richtige ist“, gibt Lurz zu bedenken. Nach dem vierten Wettkampftag ohne Medaille setzt der Freiwasser-Bundestrainer nun umso mehr auf den Team-Event. Dort treten die Deutschen an diesem Donnerstag (10 Uhr) als Titelverteidiger an, allerdings hat sich der Modus geändert. Bei den WM-Triumphen 2013 (mit Thomas Lurz, Christian Reichert und Isabelle Härle) und 2015 (Reichert, Rob Muffels, Härle) schwammen zwei Männer und eine Frau gemeinsam gegen die Uhr. Dabei kam es vor allem auf die Leistung von Härle an, die sich nach den Olympischen Spielen von Rio verabschiedet hat. Jetzt wird mit zwei Männern und zwei Frauen in einer 4x1,25-km-Staffel geschwommen, und zwar ausgerechnet mit Beck, Wunram sowie Muffels, der über zehn Kilometer die in ihn gesteckten Erwartungen ebenfalls nicht erfüllen konnte.
Die drei Nachwuchshoffnungen müssen sich nun zügig wieder aufraffen, „den Mund abwischen“, wie es Lurz formuliert, „und noch mal ordentlich Gas geben“. Einzig frischer Athlet im deutschen Quartett: der Würzburger Sören Meißner.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell vorbei sein kann.“
Leonie Beck über ihre Probleme an den Bojen im 5-Kilometer-Rennen