Chancengleichheit für Mädchen und Frauen in Sport, Gesellschaft und Beruf - das war eine der zentralen Botschaften der "Lotte"-Gala am Freitagabend auf dem Gut Wöllried in Würzburg. Die andere: Fußballerinnen, die Außerordentliches geleistet haben, verdienen eine Anerkennung ihrer Leistung. Aus diesem Grund hat der Hochschullehrer, Leiter des Nachwuchsförderzentrums für Juniorinnen an der Universität Würzburg und Vorsitzende des SC Würzburg, Heinz Reinders, den Lotte-Preis vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Nun also wurden die Ehrungen zum zweiten Mal verliehen und gingen diesmal an die ehemalige Bundestrainerin Tina Theune, die Fußball-Europameisterinnen von 1989 für den Gewinn des ersten internationalen Titels, den Berliner Fußball-Verband für sein Projekt "Alle kicken mit" und den TSV Prosselsheim (Lkr. Würzburg), bei dem es ohne Unterbrechung seit 40 Jahren Frauen-, und seit 30 Jahren Mädchenfußball gibt. So lang wie nirgendwo sonst in der näheren Umgebung.

Jugendleiterin Petra Flockerzi und ihre Tochter Hanna, selbst Spielerin beim TSV, nahmen den Preis auf der Bühne entgegen. Für ihre Mannschaften wird es ein Training mit Trainern der SpVgg Greuther Fürth geben. Dass Frauen in Prosselsheim schon so lange am Stück kicken, führen die Flockerzis vor allem auf die Vereinspolitik zurück: "Der Vorstand hat uns immer unterstütz. Bei uns gab es das nie, dass Frauen etwas nicht durften, was die Männer machen."

Das sah zu der Zeit, als Tina Theune geboren wurde noch anders aus. 1953 kam sie in Kleve zur Welt, da durften Frauen im Deutschen Fußball-Bund (DFB) noch nicht Fußball spielen. Die Begründung: "Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, und das Zurschaustellen des Köpers verletzt Schicklichkeit und Anstand." Erst am 31. Oktober 1970 hob der DFB sein Frauenfußballverbot auf, weil die Fußballfrauen kurz davor standen, einen eigenen Verband zu gründen. Gleich behandelt werden sie in den Augen vieler Fußballerinnen vom männerdominierten DFB aber bis heute nicht. "Da muss sich noch viel tun", bemerkt auf der After-Show-Party denn auch Ehrenpreisträgerin Theune, die in den letzten 45 Jahren den Frauenfußball mitgestaltet hat wie keine andere.
Erste Frau mit Lizenz zur Fußballlehrerin
Als erste Frau überhaupt in Deutschland erwarb sie 1985 die Lizenz der Fußballlehrerin und war fast zwanzig Jahre Assistenz- bzw. Cheftrainerin des Frauen-Nationalteams. Sechs der insgesamt acht EM-Titel, die die deutschen Fußballerinnen geholt haben, fallen in die Ägide der gelernten Sportlehrerin (drei als Assistentin, drei als Trainerin). Hinzu kommen der Gewinn der Weltmeisterschaft 2003 sowie zwei Mal olympisches Bronze in den Jahren 2000 und 2004. Auch nach ihrer Karriere als Trainerin hat sie sich mit Leidenschaft der Förderung des Mädchen- und Frauenfußball verschrieben. Sie kümmert sich beim DFB um die Nachwuchsarbeit.

An die 300 Gäste - darunter Kickers-Trainer Michael Schiele, die US-Generalkonsulin Meghan Gregonis und Würzburgs Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake - waren am Freitagabend dabei, als nicht nur Preise vergeben, sondern symbolisch auch der Holzesel für den dümmsten Spruch über den Frauenfußball vom Publikum gewählt wurde. Die "Auszeichnung" geht an den ehemaligen Formel-1-Piloten Nico Rosberg, der auf die Frage, ob er ein Spiel bei der Fußball-WM der Frauen anschauen würde, antwortete: "Man schaut doch auch Paralympics - Menschen, die nicht ganz so große Leistungen bringen können."

Für die Europameisterinnen von 1989 und Tina Theune steht an diesem Wochenende neben der Lotte-Gala übrigens noch ein großes Ereignis auf dem Programm. Viele von ihnen, darunter Petra Landers, werden am Samstag dabei sein, wenn die deutsche Frauennationalmannschaft im Wembley-Stadion ein Freundschaftsspiel gegen England absolviert. Vor rund 90 000 Zuschauern. Das ist ein Rekord in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs. Das inspiriert Theune abschließend zu einem Wunsch: "Wenn nächstes Jahr in Köln das DFB-Pokalfinale der Frauen ausgetragen wird, soll das Stadion voll sein. Das wären immerhin auch rund 50 000 Zuschauer.