In der Offensive hakt es bei den Kickers. Lediglich neun Treffer gelangen den Würzburgern nach der Winterpause. Mehr als ein Tor erzielten die Kickers in keinem einzigen Rückrundenspiel. Mit verantwortlich dafür die Formschwäche von Nejmeddin Daghfous. Der 30-jährige Deutsch-Tunesier war in der Vorrunde noch effektivster Kickers-Akteur, in der Rückrunde indes war er an keinem einzigen Tor beteiligt. Vor dem Abstiegsduell am Samstag (6. Mai 2017, 13 Uhr) bei Fortuna Düsseldorf spricht er im Interview über die Kickers-Krise und den Kampf um den Klassenerhalt.
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Frage: Was bringt das Kurztrainingslager in Hennef der Mannschaft. Was können diese gemeinsamen Tage jetzt noch bewirken?
Nejmeddin Daghfous: Wir haben hier vollkommene Ruhe, die uns hilft, uns die Situation noch einmal intensiv vor Augen zu führen. Jeder spürt hier, was in dieser Phase wichtig ist. Dass wir hier ganz bewusst einen sehr engen Kreis haben, hilft uns zusätzlich, unser Ziel weiter zu fokussieren.
Ist es nicht zunehmend schwierig, sich jede Woche neu zu motivieren – nach 14 Spielen ohne Sieg? Wie ist die Stimmung im Team?
Daghfous: Die Stimmung ist gut. Die Mannschaft ist intakt. Die 1:3-Niederlage in Aue hört sich, meiner Meinung nach, schlimmer an, als sie es letztlich war. Wir hatten absolut unglückliche erste Minuten und brutale Entscheidungen gegen uns, haben aber trotzdem insgesamt gesehen kein schlechtes Spiel gemacht. Beim 1:1 gegen Nürnberg eine Woche davor hätten wir einen Sieg verdient gehabt. Und so zieht sich das doch durch die ganze Rückrunde. Wir sind zu keinem Zeitpunkt hergespielt worden. Wir wissen aus der Hinrunde, dass wir es können. In den letzten drei Jahren hat doch auch kaum einer an die Kickers geglaubt, trotzdem hat die Mannschaft immer bewiesen, was sie kann. Das wollen wir in den letzten drei Saisonspielen wieder tun. Um nichts Anderes geht es.
Trotzdem können Sie ja nicht leugnen, dass es in der Rückrunde nicht läuft, weder für Sie noch für die Kickers? Viele fragen sich nun, was in der Winterpause mit der Mannschaft passiert ist?
Daghfous: Eigentlich nichts. In der Hinrunde waren wir für die Gegner auch noch unberechenbar. Da hatte uns niemand auf dem Zettel. Wir haben das genutzt und uns zudem sehr gut präsentiert. In der Rückrunde haben uns jetzt alle auf dem Schirm. Es ist nicht mehr so einfach, unser Ding durchzuziehen. Das ist ganz normal für ein in dieser Liga noch weitgehend unerfahrenes Team, wie wir es sind. Vergesst nicht, dass wir der Aufsteiger sind.
Wo steht das Team mit seinem Leistungsvermögen in der Liga. Dort, wo sie in der Vorrunde stand oder ganz hinten, wie die Rückrunde vermuten lässt?
Daghfous: Unser einziges Ziel war es von Anfang an, die Klasse zu halten. Wir sehen uns selbst deshalb noch immer im Soll. Wir waren bisher in der ganzen Saison noch nicht auf einem direkten Abstiegsplatz. Damit hätte vor der Saison niemand gerechnet. Schon da hatten uns doch alle bereits abgeschrieben.
Sie waren in der Vorrunde mit sieben Torvorlagen einer der besten Vorarbeiter der Liga. Außerdem haben Sie zwei Tore selbst geschossen. Sogar zur tunesischen Nationalmannschaft wurden Sie eingeladen. 2017 waren Sie an keinem Treffer beteiligt. Was ist los mit Ihnen?
Daghfous: Ich habe einen Großteil der Vorbereitung und auch die ersten Rückrundenspiele durch die Knöchelverletzung aus dem Test gegen Frankfurt verpasst. Bis man dann wieder richtig in Tritt kommt, braucht es ein paar Spiele. Jedes einzelne ist ganz wichtig, um wieder in die Spur zu kommen. Das geht natürlich leichter, wenn Erfolge da sind. Bei uns lief es für die ganze Mannschaft ergebnistechnisch nicht wirklich optimal. Wir haben uns für unsere Leistungen nicht belohnt. Das macht die Sache natürlich auch etwas schwerer, wobei wir auf diese Situation vorbereitet waren. Der Trainer hat uns genau für diesen Fall eingestellt.
Sie sind bei den Kickers für die kreativen Momente im Spiel zuständig. Was muss sich ändern, damit mehr Tore fallen? Fehlt die spielerische Qualität?
Daghfous: Dass die Qualität in der Mannschaft da ist, haben wir in der Hinrunde bewiesen. Die Erfolge waren doch kein Zufall. Wenn man in einen Negativstrudel hineingerät, wird es aber immer schwerer, Tore zu erzielen. Beispiele gibt es einige: Düsseldorf oder 1860 etwa, von denen man eigentlich noch viel mehr erwartet hatte und die selbst von sich mehr erwartet hatten. Wir waren für die Anderen doch schon vor dem ersten Spieltag abgestiegen. Ich denke also nicht, dass das Ganze eine Frage der Qualität ist. Das hat auch etwas mit dem Kopf zu tun.
Spielt bei den Kickers inzwischen auch ein bisschen die Angst mit? Gerade wenn man an die vielen Gegentore in den Schlussminuten denkt . . .
Daghfous: Mit Angst hat das nichts zu tun. Es waren immer wieder unglückliche Fehler, die wir gemacht haben. Aber man braucht nicht drum herum zu reden: Wenn man so lange nicht gewinnt, ist die Brust nicht mehr ganz so breit. Die wird aber nicht nur durch Siege breiter, sondern auch durch gute Spiele. Und die haben wir jüngst auch gezeigt.
Sie haben noch keinen Vertrag für nächste Saison. Wie gehen Sie mit damit um? Und wie ist der aktuelle Stand?
Daghfous: Ich mache mir darüber zurzeit gar keinen Kopf. Das spielt keine Rolle. Jetzt zählt nur die Mannschaft als großes Ganzes. Da weiß sich jeder unterzuordnen. Für mich und den Verein ist jetzt erst einmal der Klassenerhalt das große Ziel. Wenn wir die Klasse halten, wäre das sensationell, und die Situation für jeden einzelnen Spieler auch besser. Wir wollen alles dafür tun, die Liga zu halten und dann wird sich vieles von ganz alleine regeln.
Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass Sie auch in der kommenden Saison für die Kickers spielen?
Daghfous: Sehr groß. Ich denke, dass wir die Liga halten und dann spricht aus meiner Sicht nichts dagegen.
Sie würden also gerne weiter bei den Kickers bleiben?
Daghfous: Ja. Ich weiß, was ich an diesem Verein habe, was hier nach meiner Verletzung für mich getan wurde. Das ist nicht selbstverständlich. Umgekehrt war es mir auch immer wichtig, etwas zurückzugeben.
Blicken wir noch voraus auf das Abstiegsduell in Düsseldorf. Worauf wird es gegen die Fortuna ankommen?
Daghfous: Wir müssen selbstbewusst an die Sache rangehen. Wenn es uns gelingt, die Null zu halten, und wir nicht wie in Aue starten, bekommen wir unsere Chancen und werden sie auch nutzen. Wer die Stimmung im Team gerade jetzt erlebt, der spürt das.