Der Verkauf des Namensrechts der Spielstätte ist im Profisport mittlerweile eine beliebte Einnahmequelle. In der Fußball-Bundesliga beispielsweise gibt es für 15 der 18 Stadien derzeit einen solchen Vertrag. Ausnahmen sind nur das Olympiastadion Berlin, das Weser-Stadion Bremen und der Borussia-Park in Mönchengladbach.
Dazu existieren zwei Sonderfälle. Beim Hamburger SV, der 2001 mit dem Verkauf des „Naming Rights“ für das Volksparkstadion der Vorreiter war, war die Rückbenennung nur deshalb möglich, weil Investor Klaus-Michael Kühne dafür jährlich vier Millionen Euro an den HSV zahlt und zur Freude vieler HSV-Fans auf die Nennung eines Namens, etwa den seines Logistikkonzerns, verzichtet.
In Nürnberg ist die Situation noch etwas spezieller. Die in der Stadt gegründete Consorsbank, heute eine Tochter der französischen Großbank BNP Paribas, ermöglicht für insgesamt drei Jahre den Traum vieler Fans, die Arena am Valznerweiher nach dem Vereinsidol und Weltmeister von 1954 in Max-Morlock-Stadion umzubenennen. Über ein Crowdfunding kamen im Frühjahr 2017 zwar nur 350 000 Euro statt der angestrebten 800 000 Euro an Spenden zusammen, doch nicht ganz unerwartet zog die Consorsbank die Aktion trotzdem durch und verzichtete auf die Nennung ihres Namens. Das Unternehmen zahlt insgesamt 3,2 Millionen Euro an die Stadt Nürnberg, den Stadioneigner. Der Vertrag endet 2020. Wie es weiter geht, ist offen.
Zu den dauerhaftesten und vielleicht auch intensivsten Verbindungen in diesem Sektor gehört die zwischen der Signal Iduna Gruppe und Borussia Dortmund. Vor 13 Jahren wurde aus dem Westfalenstadion die Signal-Iduna-Arena. Der Vertrag zwischen dem Konzern, der Versicherungen und Finanzdienstleistungen anbietet, und dem aktuellen Tabellenführer der Fußball-Bundesliga läuft derzeit bis 2026. Noch deutlich längere Kontrakte gibt es nur zwischen Bayern München und Allianz (bis 2041) und zwischen dem VfB Stuttgart und Mercedes-Benz (bis 2038).
Torsten Uhlig, der Marketingchef von Signal Iduna, berichtete vergangene Woche beim Herbstempfang der Kreishandwerkerschaft Würzburg über die Aspekte der Partnerschaft. Am Vorabend hatte er den 4:0-Triumph des BVB über Atletico Madrid live miterlebt, einen Fanschal vom Spiel brachte er Kreishandwerksmeister Josef Hofmann mit. „Ein Zugpferd voller Emotionen“, wie Uhlig seinen Vortrag überschrieb, ist das größte und für viele auch schönste Fußballstadion in Deutschland für den Konzern geworden.
Auch eine gesellschaftliche Verpflichtung
Dass dessen Dortmunder Firmenzentrale nur einige hundert Meter vom Stadion entfernt ist, sei 2005 durchaus ein Impuls gewesen, die Namensrechte zu erwerben, sagte Uhlig. In erster Linie sei es natürlich um wirtschaftliche Kennzahlen gegangen. Aber auch um eine gesellschaftliche Verpflichtung, die man als größter privater Arbeitgeber in Dortmund angesichts der Existenzkrise des Vereins empfunden habe. „Es war höchste Zeit, ohne den Verkauf der Namensrechte wäre die Borussia zwangsabgestiegen“, sagte Uhlig.
Er war damals neu bei Signal Iduna und begleitete die Verhandlungen zwischen den Vorstandsetagen. „Ich war zugezogen und hatte den nötigen Abstand zu dieser mit Fußball aufgeladenen Region“, erinnerte sich Uhlig. Mittlerweile ist er längst selbst ein Teil dieser Aufladung und gestaltet die Verbindung seither maßgeblich.
Die sportliche Entwicklung von Borussia Dortmund ist bekannt. 2011 gewann der Klub unter Trainer Jürgen Klopp „überraschend“ (Uhlig) die deutsche Meisterschaft, 2012 sogar das Double und erreichte 2013 das Finale der Champions League gegen Bayern München. Das kam dem Ziel von Uhlig und seinen Bossen, die Bekanntheit der Versicherungsmarke zu steigern und sie mit positiven Emotionen aufzuladen, natürlich sehr entgegen. Dazu wurde die Marke Signal Iduna Park aufgebaut. Mit einem eigenen Logo, das wegen der Verwechslungsgefahr zu Schalke nicht blau – die Versicherungsfarbe – , sondern gelb gehalten ist. Mit einer intensiv gepflegten Stadion-Website, die auf sportliche Inhalte zum BVB verzichtet. Mit einer Facebook-Präsenz, die laut Uhlig 310 000 Follower hat. Und auch mit der werblichen und lichttechnischen Ausgestaltung der Arena. „Wir haben alles an LEDs gekauft, was zu kriegen war“, erinnerte sich Uhlig. Sein klares Fazit: „Der Imagetransfer zu unserem Unternehmen ist gelungen, das ist messbar.“
Der Vertrag zwischen Versicherung und Verein ist mittlerweile mehrfach verlängert worden, letztmals 2015. Mittlerweile gebe es darin nur noch eine Variable, verriet Uhlig: Wenn der BVB die K.o.-Phase der Champions League erreiche. 2014 erwab Signal Iduna nach dem Vorbild des Allianz-Einstiegs beim FC Bayern auf Wunsch des Klubs zusätzlich 5,43 Prozent der BVB-Aktien.
Laut stadionwelt.de soll sich Signal Iduna die Namensrechte jährlich 5,8 Millionen Euro kosten lassen, nur die Allianz in München und die Veltins-Brauerei in Gelsenkirchen berappen nach dieser Statistik noch etwas mehr (je 6,0 Millionen Euro). Viel Geld, aber auf Publikumswerbung kann Signal Iduna dafür weitgehend verzichten. Uhlig: „Sie werden keine Spots von uns im Fernsehen oder Radio finden.“
Einlaufkinder und Tickets aus der Region des BVB-Gegners
Das Namensrecht mit Leben zu erfüllen, gelinge besonders über den Vertragsbestandteil, bei den Einlaufkindern in der Arena immer eine Mannschaft zu stellen. Es sei sein „lichtester Moment“ gewesen, sagte Uhlig, das heraus zu verhandeln. „An der Hand der Profis in das schönste Stadion der Welt – das ist der emotionalste Moment überhaupt“. Bewerbungen für eine Einlaufmannschaft werden aus der Region entgegengenommen, wo der jeweilige BVB-Gegner herkommt. Gleiches gilt für die 1000 Eintrittskarten pro Heimspiel, die die Signal Iduna in ihren Geschäftsstellen verkaufen kann. „Wir werben nicht in der Region, sondern bundesweit“, sagt Uhlig. Für ihn ist es kein Problem, dass in Dortmund weiter jeder Westfalenstadion sage.
Die Akzeptanz der Dortmunder Hardcore-Fans, mit denen Uhlig Kontakt hält, bestehe darin, „dass sie uns nie beschimpft haben“. Ein „Reputationsrisiko“ durch das Sportsponsoring bestehe durchaus, räumt er auf Nachfrage ein. Wenn es rechtsradikale Umtriebe im Dortmunder Fanlager gibt oder wenn Leipziger Familien auf dem Weg zum Spiel mit Gegenständen beworfen werden. „Natürlich haben wir in Leipzig, wo wir auch vertreten sind, zu hören bekommen, dass wir dafür sorgen sollen, dass so etwas abgestellt wird.“
Mit einem eigenen Versicherungsprodukt zum Thema BVB hat sich Signal Iduna lange Zeit gelassen. Seit diesem Jahr gibt es eine Hausrat- und Haftpflichtversicherung, die mit jedem Dortmunder Tor billiger wird und bei einem Platz unter den ersten Drei der Bundesliga eine zusätzliche Rückvergütung bietet. „Man muss spielerisch mit den Fans arbeiten“, sagte Uhlig.
Expertentipps für ein Sponsoring im Sport Sollen sich Handwerksbetriebe regional im Sportsponsoring engagieren? „Ja, unbedingt!“, sagt Torsten Uhlig. Der Marketingprofi aus Dortmund gab in Würzburg dafür ein paar Tipps. Ziele definieren: „Daran müssen sich auch die Rechte orientieren, die ich vom Verein bekomme“, sagte Uhlig. Nur mit einer Bandenwerbung sei es nicht getan: „Die ist etwas für Ihr Ego“. Pflege des Netzwerks: „Sie müssen schon bei den Spielen sein. Am besten ist es, wenn Sie Ihre Kunden und Vereinsverantwortliche zusammenbringen.“ Professionelle Hilfe: Unterstützung durch eine im Sportsponsoring erfahrene Agentur zu holen, ist für Uhlig von Vorteil. Geduld haben: Sportsponsoring sei nichts für ein oder zwei Jahre, sagte Uhlig. Experten halten ein Engagement bei einem Verein über einen Zeitraum von fünf Jahren für optimal. Ergebnisse überprüfen: Man müsse das Sportsponsoring betriebswirtschaftlich betrachten, auch wenn es mit emotionalen Aspekten verbunden sei. hst