Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des Automobilzulieferers Brose und einer der reichsten Männer Deutschlands, hat einen Strafbefehl mit einem Bußgeld in Höhe von 1,65 Millionen Euro bekommen. Entsprechend groß war das Medienaufgebot beim Showdown am Mittwoch am Amtsgericht Coburg. Die Verhandlung um die spektakulär hohe Bußgeldforderung wegen der Verwendung eines Klebekennzeichens endete weniger spektakulär mit der Einstellung des Verfahrens gegen eine deutlich niedrigere Geldauflage.
Zuvor kochten die Wogen noch einmal hoch. Stoschek ließ Rainer Brüssow, einen seiner drei Verteidiger, schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft erheben. „Die Staatsanwaltschaft will sich über meinen Mandanten profilieren“, wetterte Brüssow. Es handle sich um eine pure „Machtdemonstration“, bei der die Anklagevertreter jegliches Maß und jede Verhältnismäßigkeit verloren hätten. Die Staatsanwaltschaft habe eine „Blockadehaltung“ eingenommen, bei der sogar bewusst entlastende Momente außer Acht gelassen worden seien. Zudem seien Informationen an die Medien weitergegeben worden, die zu einer öffentlichen Vorverurteilung Stoscheks geführt hätten.
Staatsanwalt Martin Dippold wollte das nicht auf sich sitzen lassen. „Die Staatsanwaltschaft war und ist gesprächsbereit“, betonte er. Von einer Machtdemonstration oder Abstrafung könne nicht die Rede sein.
Zankapfel ist das Klebekennzeichen, das Stoschek „aus ästhetischen Gründen“ an einem Porsche Cabrio angebracht hatte. Erstmals war er deswegen im April 2013 in Coburg von einem Polizisten zur Rede gestellt worden. Danach, so Stoschek, habe er seinen Anwalt Eckart Staritz angerufen. Der habe ihm versichert, dass die Verwendung des Klebekennzeichens kein Straftatbestand sei. Unterdessen mahlten die Mühlen der Justiz. So ließ die Staatsanwaltschaft eigens ein Teilstück einer Bundesstraße sperren, um von einem Porsche mit Klebekennzeichen Aufnahmen eines Geschwindigkeitsmessgeräts machen zu lassen. Ermittelt werden sollte, ob ein solches Kennzeichen auf den Fotos überhaupt zu erkennen ist. Schließlich erging der Strafbefehl.
Die Vorwürfe: Urkundenfälschung und Kennzeichenmissbrauch. Dazu kam das immense Bußgeld von 55 Tagessätzen zu je 30 000 Euro, orientiert am geschätzten Einkommen Stoscheks. Der Beschuldigte selbst verwies darauf, dass er mit einer ganzen Reihe von Fahrzeughaltern gesprochen habe, die gerade bei Sportwagen Klebekennzeichen verwendeten. In der Regel habe es bei Polizeikontrollen ausgereicht, das mitgeführte Originalkennzeichen zu zeigen. Nur in wenigen Fällen habe die Polizei den Fahrern auferlegt, ihren Wagen mit richtigem Nummernschild vorzufahren. Darüber hinaus sei er mit dem Porsche zweimal„geblitzt“ worden, einmal sogar in der Nacht. In beiden Fällen habe er den Bußgeldbescheid erhalten, weil das Klebekennzeichen deutlich zu erkennen gewesen sei.
Richter Wolfram Bauer sowie Anklage und Verteidigung einigten sich darauf, auf einen großen Teil der elf geladenen Zeugen zu verzichten. Nach einer längeren Pause verständigte man sich noch auf etwas viel Weitreichenderes: die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage. Wie Richter Bauer erklärte, habe sich die Staatsanwaltschaft gewünscht, dass Stoschek 250 000 Euro für einen guten Zweck aufbringt, während Stoscheks Verhandlungsbasis bei 30 000 Euro lag.
Die Parteien einigten sich schließlich auf 150 000 Euro. Michael Stoschek ist damit nicht vorbestraft.
In einer improvisierten Pressekonferenz nach dem Verfahren sprach Michael Stoschek von einem „politischen Prozess in meiner Heimatstadt Coburg“. Er gehe nach wie vor von einem nicht gerechtfertigten Kesseltreiben gegen ihn aus.