(dpa) Der mutmaßliche NS-Verbrecher John Demjanjuk wird nicht wie geplant am heutigen Montag nach Deutschland abgeschoben. Ein US-Gericht habe einen Abschiebestopp verhängt, bestätigte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums am Samstag in Berlin. Ob und wann der 89-Jährige sich in Deutschland verantworten muss, ist damit unklar. Ein Einwanderungsrichter im Bundesstaat Virginia hatte am Freitagabend (Ortszeit) nach Angaben eines Demjanjuk-Anwalts entschieden, dass zunächst über die Wiederaufnahme des Abschiebeverfahrens entschieden werden müsse. Zugleich wurde bekannt, dass französische Angehörige deportierter Juden gegen Demjanjuk klagen wollen.
„Der Ausweisungsbefehl wird nicht vollzogen – wie lange das in Kraft bleibt, weiß man aber nicht“, sagte Demjanjuks deutscher Anwalt Günther Maull am Sonntag. Er kündigte an, nochmals dessen Untersuchung durch einen deutschen Amtsarzt bei der Staatsanwaltschaft zu beantragen. So solle geklärt werden, ob Demjanjuk überhaupt reisetauglich sei. Über den endgültigen Ausgang des Verfahrens sei mit der Entscheidung des Gerichts noch nichts gesagt.
Das Amtsgericht München hatte gegen Demjanjuk Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem gebürtigen Ukrainer vor, als Wachmann im Vernichtungslager Sobibor während des Zweiten Weltkriegs im besetzten Polen Beihilfe zum Mord an mindestens 29 000 Juden geleistet haben. Von Opfern sei er „Iwan der Schreckliche“ genannt worden.