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NÜRNBERG: Eva und Luisa befreien „die Tage“ vom Tabu

NÜRNBERG

Eva und Luisa befreien „die Tage“ vom Tabu

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    Freundinnen, Kommilitoninnen, jetzt Autorinnen: Die Nürnbergerinnen Luisa Stömer und Eva Wünsch haben in einer Liebeserklärung an den Unterbauch den weiblichen Zyklus illustriert – von Mittelschmerz bis Menopause.
    Freundinnen, Kommilitoninnen, jetzt Autorinnen: Die Nürnbergerinnen Luisa Stömer und Eva Wünsch haben in einer Liebeserklärung an den Unterbauch den weiblichen Zyklus illustriert – von Mittelschmerz bis Menopause. Foto: Foto: Katharina Pflug

    Sie hatten eigentlich nur ein spannendes Thema für ihre Abschlussarbeit an der Technischen Hochschule Nürnberg gesucht. Sie hätten mit dem Erfolg nicht gerechnet, mit dem Wirbel rund um „Ebbe & Blut“ auch nicht. Mit ihrem Nachschlagewerk über die Periode aber haben Eva Wünsch und Luisa Stömer ganz offensichtlich einen Zeitnerv getroffen.

    Ein neues Buch über den weiblichen Zyklus? Über das Aufsehen – und die doofen Fragen – waren die 25- und 24-jährigen Freundinnen aus Nürnberg, wie sie erzählen, dann doch ehrlich überrascht. Es hatte ja harmlos angefangen, mit einer gemeinsamen Diplomarbeit der beiden Grafikstudentinnen. Für ihre Illustrationen und die leichtfüßigen Beschreibungen über die „Schönheit des Mittelschmerzes, die Ästhetik vollgebluteter Unterhosen und die Raffinesse der Eisprungphase“ interessierten sich bald die Verlage. Nun erscheint die Arbeit zum weiblichen Zyklus unter dem Titel „Ebbe & Blut“ im Ratgeber-Verlag Gräfe und Unzer.

    Schon vor der offiziellen Veröffentlichung der 240 Seiten an diesem Samstag machte die Liebeserklärung an den weiblichen Körper Schlagzeilen. Zig Interviews haben Eva Wünsch und Luisa Stömer gegeben, zuletzt bei einer Promo-Tour in Berlin. „Cosmopolitan“, „Petra“ oder „Stern“ – besonders die Frauenmagazine seien Schlange gestanden, erzählen die Autorinnen des Buchs. „Ich bin immer noch ganz verdreht von den vielen Interviews“, sagt Luisa Strömer, zurück von der Rundreise durch die Republik. Und Eva Wünsch wundert sich, dass sie immer von Journalistinnen interviewt wurden. „Als ob die Zeitschriften dieses Thema nur Frauen anvertrauen.“

    Was war die dümmste Frage? Die Freundinnen lachen und antworten unisono: „Seid ihr eigentlich noch Single?“ Der falschen Scham rund um das vermeintliche Tabuthema Zyklus begegnen sie inzwischen mit Humor. Besonders Geschlechtsgenossinnen hätten ihrem Buch zunächst ablehnend bis skeptisch gegenüber gestanden, erzählen die Grafikerinnen. „Viele Frauen leiden sehr, wenn sie ihre Tage haben. Manche gehen sogar nicht zur Arbeit“, sagt Luisa Wünsch. „Und jetzt kommt so ein Buch um die Ecke und sagt, dass der weibliche Zyklus die schlauste Erfindung überhaupt und etwas total Tolles ist.“

    Mit ihrem Buch wollten sie keiner Frau vorschreiben, wie sie mit ihrer Periode umzugehen habe, betonen die beiden Autorinnen aus Nürnberg. „Wir plädieren lediglich für einen offenen und ernsthaften Umgang. Unsere Lederjacken haben wir jedenfalls nicht mit feministischen Sprüchen verziert“, stellt Eva klar.

    Zu Beginn sei für sie eine ernüchternde Erkenntnis gestanden: Sie wussten erstaunlich wenig über die Vorgänge im Inneren ihres Körpers. Klar habe es den Aufklärungsunterricht in der Schule gegeben. Und selbstverständlich hätte man sich auch „Halbwahrheit in der Schulturnhalle“ erzählt. Genauso hätten die Mamas „beim ersten Mal“ liebevoll gesagt, dass sie sich eben nun vom Mädchen zur Frau entwickeln.

    „Die ernsthaften Fragen mit Tragweite stellen sich aber erst später. Und die muss man dann mit sich selber ausmachen“, erinnern sich die beiden Freundinnen. Sie zogen los, trugen in den Bibliotheken alles zusammen, was sie über den Zyklus finden konnten und fingen an, die komplizierten Abläufe in leichten Worten und ansprechende Illustrationen zu vermitteln. „Der weibliche Zyklus ist nicht nur die Menstruation.

    Es geht um den gesamten Zyklus, der in dem gesamten Monat das Frausein beeinflusst“, nennt Eva Wünsch eine zentrale Aussage aus „Ebbe & Blut“. Die Hormone seien eben nicht nur während der berühmten „Tage“ zugange. Die Stimmung der Frau sei deshalb ständigen Veränderungen unterworfen. „Die Hochphase findet in der ersten Zyklushälfte statt. Du fühlst dich schön und bist voller Power“, sagt Luisa Stömer. Nach dem Eisprung fühle frau sich dagegen „dünnwandiger und leichter reizbar“.

    Schön fänden es die Autorinnen, wenn sie dazu beitragen, dass Macho-Sprüche wie „Du hast wohl deine Tage“ der Vergangenheit angehören. Sie wünschen sich, dass die Männer verstehen, dass sich die Stimmungen der Frau durch den weiblichen Zyklus eben verändern können. „Wenn dein Freund das wirklich checkt, dann klingt der Satz ,Du hast wohl deine Tage' für mich total einfühlsam“, findet Eva Wünsch.

    Beim Thema Mehrwertsteuer werden die beiden kurz politisch – und wütend: „Dass Binden heute immer noch mit dem vollen Mehrwertsteuersatz vom Staat besteuert werden, ist einfach ein Unding. Das geht wirklich gar nicht mehr, Frau Merkel“, sagt Eva Wünsch. Ihr Buch sei nicht gegen Männer gerichtet. „Im Gegenteil. Wir sagen nur, dass 50 Prozent der Bevölkerung einmal im Monat zum Supermarkt rennen muss, um Tampons zu kaufen. Und dass das verdammt noch Mal kein Tabu ist.“

    „Ebbe & Blut – Alles über die Gezeiten des weiblichen Zyklus“: Luisa Stömer/Eva Wünsch, Verlag Gräfe und Unzer München, 240 Seiten, 24 Euro

    „Wir hatten Abi gemacht, fast fertig studiert und trotzdem nicht den leisesten Schimmer.“

    Luisa Stömer und Eva Wünsch über den Menstruationszyklus

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