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Försters dramatische Stunden

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Försters dramatische Stunden

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    Aus einer Klinik wurde Linus Förster abgeholt und in Untersuchungshaft genommen.
    Aus einer Klinik wurde Linus Förster abgeholt und in Untersuchungshaft genommen. Foto: Archivfoto: Matthias Balk, dpa

    Am Donnerstagnachmittag war der Landtagsabgeordnete Linus Förster nach wochenlanger Pause mal wieder auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil aktiv. Doch was er dort gemacht hat, wirkt verstörend. Denn seither ist dort eine Foto-Collage Försters aus Kinder- und Jugendzeiten zu sehen, die unter anderen Umständen durchaus witzig zu nennen wäre. Zudem gibt es ein neues Profilbild, das Förster an einer schweren Metall-Gittertür zeigt. Darüber prangt in gelben Buchstaben der Spruch „Freiheit ist das, was die anderen nicht über dich wissen!“

    Wie es scheint, haben die meisten Menschen vieles über Linus Förster (51) nicht gewusst. Aber Freiheit hat ihm das nicht gebracht. Im Gegenteil.

    Am Freitagvormittag um 9.15 Uhr fährt ein silberfarbener Polizeibus am Augsburger Strafjustizzentrum vor. Der Bus hat hinten verspiegelte Scheiben, vorne sitzen zwei uniformierte Polizeibeamte, auf der hinteren der beiden Rückbänke sitzt Linus Förster. Das Polizeiauto fährt in den Keller, die Beamten steigen aus. Das Tor schließt sich, Förster wird von dort aus direkt in den Gerichtssaal gebracht.

    „Da kann man nicht zuwarten, da ist Eile geboten.“

    Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, Matthias Nickolai

    Um 9.20 Uhr kommt Ermittlungsrichterin Yvonne Möller, kurz darauf Staatsanwalt Christian Grimmeisen mit Akten unterm Arm. Die Anzeige vor der Tür schaltet auf „nicht öffentlich“. Gegen 9.30 Uhr beginnt der Termin, die Jalousien der Fenster werden heruntergelassen. Die Ermittlungsrichterin eröffnet Förster den Haftbefehl, Förster macht keine Angaben. Anwalt Hansjörg Schmid aus der Kanzlei Rubach ist bei ihm. Der Termin dauert nur etwa eine Viertelstunde. Die Richterin setzt den Haftbefehl in Vollzug. Noch vor 10 Uhr verlässt der Bus wieder das Strafjustizzentrum. Er fährt ins Gefängnis nach Gablingen (Lkr. Augsburg), wo Förster nun in Untersuchungshaft sitzt.

    Es ist Freitag, der 16. Dezember. Vor genau einem Monat ist bekannt geworden, dass gegen Linus Förster ein Ermittlungsverfahren der Augsburger Staatsanwaltschaft läuft. Bei einer Razzia in Büros und Wohnungen wurden mehrere digitale Datenträger sichergestellt. Waren die Vorwürfe anfangs noch verhältnismäßig harmlos, hat sich die Causa Förster inzwischen zu einem massiven Sex-Skandal ausgeweitet. Ging es zunächst darum, dass Förster eine Prostituierte heimlich beim Sex filmen wollte und darüber mit ihr in Streit geriet, steht mittlerweile der Verdacht der Vergewaltigung einer „widerstandsunfähigen Person“ im Raum und der Besitz von Kinderpornografie. Für die Staatsanwaltschaft ist mit den neuen Vorwürfen eine neue Dimension erreicht. Sie sieht angesichts des Verdachts auf erhebliche Straftaten Flucht- und Verdunklungsgefahr und will Förster verhaften. „Da kann man nicht zuwarten, da ist Eile geboten“, erklärt der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, Matthias Nickolai, am Freitag.

    Und die Ermittler verlieren keine Zeit. Am Mittwoch beantragen sie die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Förster, abends beschließt der Rechtsausschuss des Landtags einstimmig diesen Schritt. Der Weg ist frei. Schon am Donnerstagabend werden Polizeibeamte beauftragt, Förster festzunehmen. Den Haftbefehl haben sie bereits in der Tasche. Zu Hause in Augsburg ist Förster nicht. Sie treffen den Landtagsabgeordneten vielmehr in einer psychosomatischen Klinik in Bad Griesbach an. Förster hat sich dort in Behandlung begeben.

    Am Freitagmorgen kann Anwalt Walter Rubach seinen Mandanten kurz in Augsburg sehen. „Es geht ihm nicht gut. Er hat mit einer Verhaftung überhaupt nicht gerechnet“, berichtet er nach dem Treffen.

    Linus Förster sitzt seit 2003 für die Augsburger SPD im Landtag. Schon früh war er politisch aktiv. Er war Chef des Augsburger Stadtjugendrings, studierte Politikwissenschaften an der Uni in Augsburg, war dort auch Dozent und promovierte zum „Dr. phil.“. Zuletzt war Förster schwäbischer Bezirkschef der Partei und einer der führenden Köpfe der bayerischen SPD.

    Nachdem zum ersten Mal die Rede von Fotos nackter minderjähriger Frauen auf seinen Datenträgern war, erklärte der 51-Jährige seinen kompletten Rückzug aus der Politik. Er gab sämtliche Ämter ab, trat aus der SPD aus, deren Mitglied er seit 1984 war, und kündigte an, zum Jahresende auch sein Mandat als Landtagsabgeordneter niederzulegen.

    Wie geht es nach diesem dramatischen Absturz weiter für Linus Förster? Er sitzt nun in U-Haft. Doch die Arbeit der Augsburger Kripo ist noch nicht beendet. „Die Ermittlungen laufen noch“, sagt Oberstaatsanwalt Nickolai. Das heißt, es könnte noch mehr herauskommen.

    Angesichts der schweren Anschuldigungen sind zwei Szenarien sehr unwahrscheinlich. Erstens: Dass das Verfahren mit einem Strafbefehl enden könnte. Vielmehr kann schon jetzt als sicher gelten, dass es zu einer Anklage und zu einem öffentlichen Prozess kommen wird. Und zweitens: Dass Linus Förster bis zum Beginn dieser Hauptverhandlung auf freien Fuß kommt.

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