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München: Jeder vierte Katholik von der Kirche entfremdet

München

Jeder vierte Katholik von der Kirche entfremdet

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    Mehr als jeder vierte Katholik in Deutschland hat sich von der Kirche entfernt, 41 Prozent denken mehr oder weniger intensiv über einen Kirchenaustritt nach: Zu diesen Erkenntnissen kommt eine repräsentative Studie, für die die kirchennahe Beratungsgesellschaft MDG und das Meinungsforschungsinstitut Sinus knapp 1400 der aktuell 23,3 Millionen Katholiken in Deutschland befragt haben.

    Zu den laut Studie größten Kritikpunkten an der katholischen Kirche gehören das dort gepflegte Frauenbild sowie der Vorwurf, die Kirche handle nicht so, wie sie es selbst predige. Die Hälfte der befragten Katholiken hält die Kirche gar für eine "Spaßbremse". Und ein Viertel ist der Ansicht:"Die Kirche ist nur an meinem Geld interessiert."

    Es gebe in der Studie aber auch positive Aspekte für die Kirchen-Verantwortlichen, findet Studienleiterin Jana Goetzke: So gaben 81 Prozent der Befragten an, sich der katholischen Kirche nach wie vor verbunden zu fühlen. "Diese recht hohe Zahl hat uns angesichts der teils massiven Kritik etwas überrascht", so Goetzke.

    Der Glaube an Christus hält Kritiker in der Kirche

    Zudem unterscheiden kritische Katholiken offenbar zwischen der Institution Kirche und dem christlichen Glauben: So erklären siebzig Prozent aller Befragten und immerhin vierzig Prozent der "Entfremdeten" ihre Kirchenmitgliedschaft mit dem "Glauben an Jesus Christus". Weitere wichtige Gründe waren die Tradition (72 Prozent), das soziale Engagement der Kirche (68 Prozent), sowie die Möglichkeit kirchlicher Trauungen, Bestattungen und Taufen. Zwei Drittel aller Befragten geben an, dass ihnen der Glauben im Alltag inneren Halt gibt.

    Ebenfalls gut zwei Drittel loben, dass sich die katholische Kirche für Benachteiligte einsetzt. Gut die Hälfte glaubt, dass die Kirche soziale Einrichtungen besser betreibt als der Staat. Allerdings haben jüngere Katholiken eine deutlich größere Distanz: Nur 39 Prozent der 18- bis 29-Jährigen halten die Kirche in ihrem Alltag für wichtig, aber 73 Prozent der über 66-Jährigen. Zu einem ähnlichen Ergebnis war kürzlich auch eine Studie der evangelischen Kirche gekommen: Darin hatte sich nur ein knappes Viertel der jungen Protestanten als gläubig bezeichnet.

    Die aktuelle MDG-Studie unterscheidet sieben "Katholiken-Typen": Demnach sind rund 13 Prozent als "Bekennende" im Glauben stark verwurzelt. 16 Prozent sind vor allem über ihre Kirchengemeinde vor Ort an die Kirche gebunden, sieben Prozent über das soziale Engagement der Kirche. 13 Prozent sind Traditionalisten, die die katholische Kirche als Bollwerk gegen Islamisierung und Werteverfall sehen, erklärte Studien-Leiterin Goetzke: "Diese Gruppe würde sich von der Kirche entfernen, wenn sie aus ihrer Sicht zu modern wird."

    Junge Katholiken sehen Kirche oft als Dienstleister

    Neun Prozent aller Katholiken - aber stolze 41 Prozent der unter 34-Jährigen - sind laut Studie dienstleistungsorientierte Christen: "Für diese Leute ist Kirche vor allem für Feste oder für Krisen da", so Goetzke. 16 Prozent seien "religiöse Freigeister", die ihre Spiritualität auch in anderen Religionen suchen. Diese Gruppe halte - wie die 26 Prozent der "Entfremdeten" - nicht zuletzt Tradition und Gewohnheit in der katholischen Kirche.

    "Vor allem bei jungen Menschen ist die Entfremdung von der Kirche schon weit fortgeschritten", warnt MDG-Berater Thomas Nahrmann. Um diesem Trend entgegen zu wirken, müsse die katholische Kirche den punktuellen Zugang gerade junger Menschen etwa über soziales Engagement mehr wertschätzen: "Die Angebote müssen hier vielfältiger und offener für Neues werden", fordert er. Auch die hohe Bereitschaft junger Menschen über Glauben zu reden, könne man besser nutzen. Und die Kirche dürfe sich nicht zu schade sein, mit ihren Zeremonien Menschen begeistern zu wollen: "Eine tolle Hochzeit kann auch eine intensive Bindung mit der Kirche begründen."

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