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MÜNCHEN: Nach Hoeneß-Prozess „beichten“ viel mehr bayerische Steuersünder

MÜNCHEN

Nach Hoeneß-Prozess „beichten“ viel mehr bayerische Steuersünder

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    Der Prozess gegen Uli Hoeneß hat offenbar viele Steuersünder in Bayern aufgeschreckt. Im ersten Quartal gingen viermal so viele Selbstanzeigen ein wie im Vorjahreszeitraum. Auch in Unterfranken arbeiten Anwälte mit ihren Mandanten an solchen Selbstanzeigen, die dafür sorgen sollen, dass sie straflos ausgehen.

    Von Januar bis März zählten die Behörden nach Angaben des Finanzministeriums in München 2030 Selbstanzeigen von Bürgern, die bisher verborgene Kapitalerträge in der Schweiz nachmeldeten. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es nur 530 Selbstanzeigen. Deshalb sind nun nach ersten Schätzungen zusätzliche Steuereinnahmen von 80 Millionen Euro (Vorjahr 23 Millionen) zu erwarten.

    2013 registrierten die Behörden im Freistaat insgesamt 3940 Selbstanzeigen. Die daraus resultierenden Steuermehreinnahmen summieren sich laut Finanzministerium auf 228 Millionen Euro. Ein ähnlicher Effekt wie jetzt nach dem Hoeneß-Prozess war bundesweit bereits 2008 nach der öffentlichkeitswirksamen Durchsuchung beim früheren Postchef Klaus Zumwinkel beobachtet worden.

    Uli Hoeneß war wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro vom Landgericht München zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Hoeneß hatte zunächst zu lange auf ein Steuerabkommen mit der Schweiz gehofft, das nicht zustande kam. Im vorigen Jahr hatte er sich dann eilig selbst beim Finanzamt Miesbach angezeigt, um Presseveröffentlichungen zuvorzukommen. Das Gericht sah die Selbstanzeige jedoch als unwirksam an.

    Hoeneß muss demnächst eine Haftstrafe antreten – im Gegensatz zu Italiens ehemaligem Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Der wegen Steuerbetrugs rechtskräftig verurteilte Berlusconi darf seine Strafe mit Sozialdienst ableisten. Das entschied am Dienstag ein Gericht in Mailand.

    Der bayerischen Staatskasse brachten Selbstanzeigen nach Angaben von Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) in den vergangenen Jahren durchaus beachtliche Beträge ein. "In Bayern hatten wir seit 2010 über 11 100 Selbstanzeigen, durch die wir 850 Millionen Euro eingenommen haben."

    Der Finanzminister plädiert für eine deutliche Verschärfung des geltenden Rechts. "Wir müssen die Zügel deutlich anziehen", sagte Söder. Nach einer Selbstanzeige soll der betreffende Steuerhinterzieher künftig den doppelten Betrag als Strafzuschlag zahlen müssen: zehn statt fünf Prozent. Selbstanzeigen sollen im Grundsatz nur noch bis zu einem Limit ab der Millionengrenze strafbefreiend sein.

    "Wir glauben, dass man auch über eine Obergrenze diskutieren sollte, ab der eine Selbstanzeige generell unwirksam ist oder nur noch in extremen Ausnahmefällen wirksam ist", sagte Söder. "Denn es ist für viele schwer verständlich, dass Selbstanzeigen in Millionenhöhe unbegrenzt möglich sind, und eine Steuerhinterziehung schon bei kleinen Beträgen bestraft wird."

    Söder war im Landtag zuletzt immer wieder bei diesem Thema  das Ziel massiver Attacken der Opposition gewesen. Der unterfränkische Abgeordnete Volkmar Halbleib (SPD) hatte betont, man müsse davon ausgehen, dass die Dunkelziffer der hinterzogenen Steuerbeträge noch weit höher liegen als die jeweils von der Staatsregierung angegebenen Beträge. Denn über die Selbstanzeigen hinaus gebe es weitere Steuerhinterziehung und neben der Schweiz eine Reihe anderer Steueroasen. Halbleib: „Insgesamt muss in Bayern mit Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe gerechnet werden.“

    Nach Einschätzung des SPD-Finanzexperten aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) werde in Bayern Steuerhinterziehung besonders leicht gemacht, weil der Freistaat bei der Personalausstattung der Finanzämter im Ländervergleich Schlusslicht ist. Halbleib: „Die Staatsregierung muss sich vorhalten lassen, dass sie dadurch Steuerhinterzieher sehenden Auges davon kommen ließ oder diese zumindest nicht behelligt.

    In anderen Bundesländern werden ähnliche Effekte gemeldet wie im Freistaat. Bundesweit haben Selbstanzeigen mit Auslandsbezug seit 2010 knapp drei Milliarden Steuern eingebracht, sagte Norbert Walter-Borjahns, Vorsitzender der Konferenz der Finanzminister in Deutschland. „Auf die Einnahmen möchte wohl kein Finanzminister verzichten.“ Bei bundesweit 70 000 Selbstanzeigen ging es im Schnitt um je 50 000 Euro Steuern, die nachgezahlt wurden. „Das sind nach außen hin ganz ehrbare Leute, unter ihnen sind auch Handwerksmeister, Geschäftsleute, Freiberufler, Vereinspräsidenten und Vorstände von Kirchengemeinden“, betont Walter-Borjahns, Finanzminister in Nordrhein-Westfalen.

    (mit Material von dpa)

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