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HEIGENBRÜCKEN: Schlammschlacht im Staatswald

HEIGENBRÜCKEN

Schlammschlacht im Staatswald

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    „Der Staatswald dient dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße. Er ist daher vorbildlich zu bewirtschaften“ – diese Sätze stehen in Artikel 18 des Bayerischen Waldgesetzes. Kritiker sehen die gesetzliche Vorgabe längst nicht mehr überall erfüllt. Der Bund Naturschutz (BN) ebenso wie der Spessartbund und der Landesbund für Vogelschutz schlagen Alarm. Aber auch etliche Bürgermeister von Gemeinden des Nordspessarts begehren auf.

    Im Blickpunkt der Kritik steht der Forstbetrieb Heigenbrücken. Von dort legen die Naturschützer erschreckende Bilder vor. Sie zeigen kahlschlagähnliche Waldflächen, von Rückemaschinen zerfurchte Waldböden, in den Wald planierte Rückeschneisen und reihenweise gefällte Biotopbäume, in die Spechte ihre Höhlen gezimmert hatten.

    Förster schreiben Protestbrief

    Das lauteste Alarmsignal kommt aber nicht von den Naturschützern, sondern aus den Reihen der Staatsforsten selbst. Es ist ein Brief, den die Förster des Forstbetriebes Rothenbuch vor kurzem nach Regensburg in die Unternehmenszentrale geschickt haben. Darin protestieren sie gegen die Holzmenge, die sie aus dem Wald schlagen sollen. „Diese Vorgabe können wir mit gutem Gewissen nicht mehr erfüllen“, beschreibt ein Förster den Tenor des Briefes. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. Es herrsche große Verunsicherung.

    Einem Kollegen, in dessen Revier Missstände aufgedeckt wurden, drohe die Zentrale nun mit disziplinarischen Folgen. Die Empörung darüber ist in Försterkreisen groß. Erst mache die Zentrale die Vorgaben. Wenn es dann Kritik hagele, lasse man das Personal im Regen stehen. „Wir machen das so nicht mehr mit“, bringt ein anderer die Stimmung auf den Punkt. Seit der Forstreform gehe es im Staatswald nur noch um die Erfüllung stetig gesteigerter Einschlagsmengen – „just in time und ohne Rücksicht auf Verluste“, so ein Forstmann.

    Nach Ansicht von Sebastian Schönauer, dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Bund Naturschutz in Bayern, hat das Personal vor Ort an der Misere die geringste Schuld. „Förster haben gar nicht mehr die Zeit, genau hinzuschauen“, erklärt sich Schönauer das reihenweise Fällen von Biotopbäumen, die laut Naturschutzkonzept der Staatsforsten geschont werden müssten. Für ein sorgfältiges Arbeiten seien die Reviere viel zu groß.

    Für die Misere gibt es in den Augen von Schönauer nur einen Schuldigen: „Die Bayerische Staatsregierung.“ Diese habe durch ihre Gewinnvorgabe die Zustände heraufbeschworen. Als „geradezu unglaublich“ bezeichnet es Schönauer, dass die Unternehmensspitze der Bayerischen Staatsforsten persönlich am Gewinn beteiligt ist, den sie aus dem Gemeingut Staatswald erzielt.

    Dr. Rudolf Freidhager, Vorstandsvorsitzender der Staatsforsten, wies vor wenigen Tagen im Gespräch mit dieser Zeitung noch jede Kritik kategorisch zurück. Der Vorwurf der Gewinnmaximierung um jeden Preis sei „nicht richtig“.

    Die wirtschaftlichen Sachzwänge des Unternehmens versuchte der Österreicher so zu erklären: „Auf den Bäumen wachsen leider keine Geldscheine, sondern Blätter.“ Mittlerweile klingen die Töne aus dem Unternehmen etwas anders. So hat sich der Forstbetrieb Heigenbrücken für die Missstände mehr oder weniger entschuldigt.

    Minister Miller macht Druck

    Es dürfte aber weniger die Kritik der Naturschützer, sondern die erste Reaktion der Politik gewesen sein, die die Tonlage verändert hat. Ministerpräsident Günther Beckstein soll Forstminister Josef Miller zum Rapport gebeten haben. Dieser wiederum gibt in deutlichen Worten den Druck nach Regensburg weiter. In einer Pressemitteilung nimmt er „die Beschwerden über das waldbauliche Vorgehen und die Art der Holzernte durch die Bayerischen Staatsforsten in Teilen Bayerns zum Anlass“ um „auf die gesetzlich vorgegebene Vorbildfunktion der Staatswaldbewirtschaftung hinzuweisen“.

    Der Vorstand der Bayerischen Staatsforsten sei „aufgefordert, umgehend allen Vorfällen nachzugehen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“. Derzeit jagt im Spessart deshalb ein Krisentreffen das andere. Die Leiter der staatlichen Forstbetriebe standen in Rothenbuch und Heigenbrücken Bürgermeistern Rede und Antwort, eine Delegation des Staatsministeriums machte sich ein Bild vor Ort. Für Juni plant die Gemeinde Heigenbrücken eine große Podiumsdiskussion zu den Zuständen im Staatswald.

    Aber nicht nur aufgrund dieser Reaktionen geht BN-Mann Sebastian Schönauer davon aus, dass es im Staatswald eine Kurskorrektur geben wird: „Die im Herbst bevorstehenden Landtagswahlen machen mich zuversichtlich.“

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