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MÜNCHEN: Sepp Dürr (Grüne): „Fehler gemeinsam verantworten“

MÜNCHEN

Sepp Dürr (Grüne): „Fehler gemeinsam verantworten“

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    Grüner Sepp Dürr: „Wir haben am Lebensgefühl der Menschen vorbeiargumentiert.“
    Grüner Sepp Dürr: „Wir haben am Lebensgefühl der Menschen vorbeiargumentiert.“ Foto: Foto: dpa

    Zeit für klare Worte bei Bayerns Grünen. Die neue Landtagsfraktion ist in Fürstenfeldbruck zu einer dreitägigen Klausur zusammengetreten. Ex-Fraktionschef Sepp Dürr, der den Sprung in den Landtag sogar ohne eigenen Stimmkreis geschafft hat, spart nach dem schlechten Wahlergebnis im Gespräch mit unserer Redaktion nicht mit Kritik.

    Frage: Was muss sich ändern bei den Grünen in Bayern?

    Sepp Dürr: Zunächst mal glaube ich, dass wir sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene inhaltliche und strategische Fehler gemacht haben. Das hat mit dem Personal gar nicht so viel zu tun. Die meisten dieser Fehler müssen wir gemeinsam verantworten. Da sollte jeder erst einmal vor seiner eigenen Tür kehren.

    Nochmals die Frage: Was muss sich ändern?

    Dürr: Die Hauptursache unseres Wahlergebnisses in Bayern ist, dass es Bundestrends gab, die wir durch eigenes Handeln noch verstärkt haben, statt sie abzuschwächen. Wir haben am Lebensgefühl der Menschen vorbeiargumentiert. Wir haben ihnen keine Sicherheit geben können, sondern sie durch schlecht konzipierte Ideen verunsichert. Das muss sich ändern. Meine Antwort ist: Wir sollten wieder auf „Grün pur“ setzen. Wir sollten, statt Koalitionen auszuschließen, grüne Ziele und Inhalte nach vorne stellen.

    Der Markenkern der Grünen ist aber doch ziemlich angekratzt. Der Atomausstieg ist beschlossen, der Ausbau der Donau mit Staustufen beerdigt und so weiter. Da braucht es doch nicht unbedingt Grüne?

    Dürr: Das Gegenteil ist der Fall. Die Grünen hätten sich im Wahlkampf in Bayern dem Thema Atomkraft widmen sollen, nachdem die CSU einer Ausweitung der Produktionskapazitäten im Kernkraftwerk Gundremmingen das Wort redet. Oder nehmen Sie die Windkraft. Da gibt es überall einen Unterschied zwischen CSU-Geschwätz und grünem Handeln. Die Menschen wissen, dass die Grünen die richtigen Antworten haben.

    Aber gewählt haben die Bürger anders.

    Dürr: Das ist in der Tat ein Phänomen: Die Leute sagen, wir brauchen die Grünen, wählen sie aber nicht. Viele Menschen unterstützen unsere Ziele, aber identifizieren sich nicht mit uns. Wobei ich noch hinzufügen möchte: Das Ergebnis der Grünen in Bayern war so schlecht nicht. Wir haben in sechs Regierungsbezirken hinzugewonnen, aber in Oberbayern stark verloren. Dort haben wir der Mittelschicht Angst eingejagt. Das war der Fehler.

    Denken Sie, dass Sie bei der Klausur der grünen Landtagsfraktion, mit ihren Vorstellungen durchdringen?

    Dürr: Ich hoffe schon. Teile meiner Kritik sind ja nicht ganz neu. Die Frage ist nur, ob wir mittelfristig auch entsprechend handeln. Dazu nämlich muss sich jeder in der Fraktion selbst etwas zurücknehmen und sich in den Dienst der Sache stellen. Das ist das Schwierigste. Aber das gilt für alle.

    Der bisherige Fraktionsvorsitzende Martin Runge wurde nicht wieder in den Landtag gewählt. Er hatte sich zuletzt fast ausschließlich auf den Fall Mollath konzentriert.

    Dürr: Das war eine Fehlentscheidung. Martin Runge zahlt dafür jetzt die Zeche. Es ist zugleich seine Stärke wie seine Schwäche, sich in eine Sache zu verbohren. Seinen eigenen Wahlkampf hat er dabei vernachlässigt. Das sollte jedem eine Warnung sein, nur Spezialthemen zu verfolgen.

    Sie benennen die Fehler und fordern, sie nicht zu wiederholen. Reicht das denn aus?

    Dürr: Wir haben den klaren Auftrag, die Arbeit in der Opposition fortzusetzen. Dabei reicht es allerdings nicht aus, nur die Regierung zu kontrollieren. Darin sind wir zwar sehr gut, aber es reicht nicht. Wir müssen deutlich machen, wie wir Grüne uns Bayern in Zukunft vorstellen. Wir müssen eine Alternative zum CSU-Bayern herausarbeiten, damit wir in fünf Jahren die Antwort haben.

    Sepp Dürr (geb. 1953 in München) studierte nach dem Abitur deutsche und italienische Literaturgeschichte sowie Philosophie. Nach der Promotion stellte er den elterlichen Bauernhof in Germering auf biologische Landwirtschaft um. 1998 zog er für die Grünen in den Bayerischen Landtag ein. Zwischen 2000 und 2008 war er deren Fraktionsvorsitzender. Dürr ist verheiratet und hat drei Kinder.

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