Die Gesellschaft legt an Pfunden zu. Beim Renteneintritt gelten drei Viertel aller Männer als übergewichtig und gut die Hälfte der Frauen– eine Herausforderung auch am Lebensende?
Berufsgenossenschaft: Sargträger dürfen nicht mehr als 40 Kilo heben
Bestattungsunternehmen, Friedhofsverwaltungen und Krematorien registrieren mehr schwere Tote als früher. Und erhöhen teilweise die Gebühren, wenn etwa sechs statt vier Träger eingesetzt werden müssen – was schon die Berufsgenossenschaft verlangt. Denn mehr als 40 Kilogramm an Gewicht soll kein Träger heben.
Es ist eine „schleichende Entwicklung“, sagt Ralf Michal aus Schweinfurt, seit 2014 Vorsitzender des Bayerischen Bestatterverbandes. Er beobachte das Phänomen seit 20 Jahren, akut sei das Problem nicht. In rund fünf Prozent seiner Beisetzungen müssten Särge wegen Größe oder Gewicht des Verstorbenen extra angefertigt werden. Den Angehörigen entstünden dadurch Mehrkosten von 20 bis 25 Prozent. „Aber wie bei der teureren XXL-Kleidung verstehen das die Betroffenen“, so die Erfahrung des Bestatters.
Krematorien brauchen größere Öfen und bessere Technik
Weil immer mehr Verstorbene eingeäschert werden, schlägt das Thema Übergewicht auch in den Krematorien auf. Sie brauchen größere Öfen mit breiteren Einfahrten für die XXL-Särge und einer Technik, die der größeren Hitzeentwicklung standhält.
Das private Krematorium in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) ist laut Betreiber dafür ausgelegt. Selbst aus dem Stuttgarter Raum und aus Nürnberg würden adipöse Verstorbene dorthin gebracht. Und auch das städtische Krematorium in Schweinfurt hat seit 2011 keine Probleme mehr. Damals wurde der zweite Ofen vergrößert, seitdem muss niemand mehr abgewiesen werden.
Immer mehr Verstorbene werden eingeäschert
Möglich ist laut Helmuth Schlereth, Chef des Schweinfurter Krematoriums und des Friedhofsamtes, die Einäscherung von Toten bis 200 Kilogramm. Wurde früher nur einmal pro Woche ein überbreiter Sarg angeliefert, so sei dies mittlerweile fast einmal täglich der Fall – bei zehn bis 20 Einäscherungen. Die neue Ofentechnik sorge dafür, dass trotz der Mehrbelastung die vorgeschriebenen Grenzwerte bei den CO2-Emissionen eingehalten werden.
Den allgemeinen Trend zur Einäscherung bestätigen in einer Umfrage verschiedene fränkische Friedhofsämter. Urnenbestattungen machen mittlerweile weit mehr als die Hälfte aller Beisetzungen aus. So liegt die Quote in Schweinfurt bei 70 Prozent, in Würzburg bei gut 60 Prozent. Dort werden pro Jahr noch rund 450 Erdbestattungen vorgenommen.
Zusätzliche Sargträger: Unterschiedliche Abrechnung in den Kommunen
Nur sehr selten müssten wegen des Gewichts der Verstorbenen zwei zusätzliche Sargträger eingesetzt werden, heißt es aus dem Würzburger Rathaus. Anders als in Schweinfurt oder Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) wird dieser Mehraufwand den Angehörigen nicht in Rechnung gestellt. „Die Bestattung übergewichtiger Toter ist nicht teurer“, so Stadtsprecherin Claudia Lother. Wegen der geringen Zahl dieser Fälle sei aktuell auch keine Änderung der Gebühren geplant.
In Fürth dagegen hat der Stadtrat reagiert: Ab einem Gesamtgewicht von Sarg und Leiche von 140 Kilogramm wird eine Zusatzgebühr von 120 Euro für zwei zusätzliche Träger erhoben, in Ansbach sind es 70 Euro. Auch die Stadt Nürnberg erhebt einen Aufschlag. Augsburg richtet sich nach Größe und Gewicht des Sarges – für Maße über zwei Meter Länge, 70 Zentimeter Breite, 45 Zentimeter Höhe und ein Gewicht von mehr als 80 Kilogramm wird ein Zuschlag von 320 Euro verlangt.
Kommunen in Unterfranken: Kein Grund für Gebührenerhöhung
Unterfränkische Kommunen zeigen sich in einer Stichprobenumfrage entspannt. Weder Karlstadt, Lohr (Lkr. Main-Spessart), Bad Kissingen noch Schweinfurt und Würzburg wollen angesichts geringer Fallzahlen in der Bestattung Übergewichtiger an der Gebührenschraube drehen.
Dagegen sind deutliche regionale Unterschiede bei den Kosten für einzelne Sargträger festzustellen: Werden in Karlstadt 23 Euro und in Lohr 25 Euro verrechnet, sind es in Schweinfurt 39 Euro – damit aber noch deutlich weniger als etwa in Fürth mit 60 Euro pro Zusatzträger.
Mit Informationen von dpa