Führungswechsel am Rundfunkplatz in München: Der große Blonde tritt an. Vom heutigen Dienstag an heißt der Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR) Ulrich Wilhelm. Der ehemalige Regierungssprecher von Angela Merkel (CDU) hat sich bereits in den vergangenen Monaten eng mit Vorgänger Thomas Gruber abgestimmt und freut sich darauf, das Erbe Grubers am Münchner Rundfunkplatz anzutreten. Er setze auf fundierte Berichterstattung, kündigte Wilhelm am Montag an: „Wir werden unsere Kernkompetenzen Information, Bildung und Qualitätsjournalismus ausbauen“.
Es gelte, die wachsende Nachrichtenfülle für Hörer, Zuschauer und Internet-Nutzer überschaubar zu machen. „Qualitätsjournalismus ist die Voraussetzung für die dauerhafte Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.“ Dabei sei ihm strikte Unabhängigkeit eine „zentrale Verpflichtung“.
Zeit für einen Generationswechsel
Nach neun Jahren an der Spitze des Bayerischen Rundfunks und genau 30 Jahren im Sender verabschiedete sich Gruber am Montag. Für seinen Wunschnachfolger machte er seinen Platz sogar elf Monate früher frei als sein Vertrag ursprünglich vorsah. „Nach 30 Jahren beim Bayerischen Rundfunk möchte ich die Verantwortung in jüngere Hände legen“, beschloss der 67-Jährige schon im Frühjahr 2010. „Angesichts der großen Herausforderungen, die auf unser Haus in naher Zukunft zukommen, ist es Zeit für einen Generationswechsel“, meinte Gruber.
Mit 40 von 44 gültigen Stimmen wählte der BR-Rundfunkrat im Mai Wilhelm (49) zum neuen Chef des Senders. Auch wenn der langjährige Regierungssprecher des früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) und später Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von den Funktionen her nicht eben die gebotene Staatsferne verspricht: Die persönliche Integrität Wilhelms und seine Beliebtheit über Parteigrenzen hinweg erstickten eine breitere Empörung im Keim. Dass der CSU-Mann den viertgrößten ARD-Sender Sender künftig den Parteiinteressen unterordnen könnte, erwartet kaum jemand.
Wilhelm gab nach der Wahl als Ziel aus, dass der Sender nach fünf Jahren seiner Amtszeit so gut dastehe wie jetzt: „Ich werde mich mit ganzer Kraft, Leidenschaft und aller Professionalität, die ich aufbringen kann, einbringen.“ Zum Abschied würdigte er Vorgänger Gruber in höchsten Tönen: „Die Hörfunkprogramme des BR haben heute die höchste Akzeptanz seit 1993. Das Bayerische Fernsehen ist Nummer zwei aller Dritten Programme. Und BR-Online hat immer mehr Zulauf.“
Hierarchien abgebaut
In seinen drei Jahrzehnten beim BR war Gruber nie ein angepasster Geist, sondern einer, an dem man sich scheiden konnte. Als Motto seiner Intendantenzeit nannte er im BR dieser Tage: „Ich wollte dienen, aber nicht dienern.“ Gruber war Redaktionsleiter, ab 1990 Leiter des Studio Franken, dann Hörfunkdirektor und seit 2002 schließlich Intendant. Er baute Hierarchien und Bürokratien ab und setzte mit enger Einbeziehung der BR-Mitarbeiter in Workshops eine grundlegende Reform der Sendeanstalt durch. Vor allem auch deshalb war der so gar nicht unnahbare Intendant im Haus beliebt und anerkannt.
Zu seinen Plänen für den Ruhestand sagt Gruber: „Es gibt keine konkreteren Pläne, außer, dass ich sehr gerne den Vorsitz unserer Benefizaktion Sternstunden übernehme.“