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KARLSRUHE/MÜNCHEN: Wiesn-Attentat: Jetzt wird neu ermittelt

KARLSRUHE/MÜNCHEN

Wiesn-Attentat: Jetzt wird neu ermittelt

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    Mit Tüchern zugedeckte Todesopfer am Tatort des nächtlichen Anschlages auf dem Münchner Oktoberfest. Foto: Istvan Bajzat/Archiv
    Mit Tüchern zugedeckte Todesopfer am Tatort des nächtlichen Anschlages auf dem Münchner Oktoberfest. Foto: Istvan Bajzat/Archiv
    Todesopfer des Oktoberfest-Anschlags. Foto: Istvan Bajzat/Archiv
    Todesopfer des Oktoberfest-Anschlags. Foto: Istvan Bajzat/Archiv
    Erste Hilfe: Feuerwehr und Festbesucher kümmern sich um einen Verletzten. Foto: Feuerwehr München/Archiv
    Erste Hilfe: Feuerwehr und Festbesucher kümmern sich um einen Verletzten. Foto: Feuerwehr München/Archiv
    Am Tatort: Ermittler suchen am späten Abend des 26. September 1980 nach Spuren. Foto: Istvan Bajzat/Archiv
    Am Tatort: Ermittler suchen am späten Abend des 26. September 1980 nach Spuren. Foto: Istvan Bajzat/Archiv

    Drei Jahrzehnte hat der Anwalt Werner Dietrich genau darum gekämpft: Die Ermittlungen zum Oktoberfestattentat vom 26. September 1980 werden wieder aufgenommen. Bei dem Anschlag 1980 waren 13 Menschen getötet und 200 verletzt worden. Unter den Toten ist der Attentäter Gundolf Köhler, ein ehemaliger Anhänger der „Wehrsportgruppe Hoffmann“.

    Im Herbst, zum 34. Jahrestag des Attentats, hatte Dietrich einen neuen Wiederaufnahmeantrag gestellt, seinen dritten nach 1984 und 2005. Opfervertreter und Politiker besonders der Grünen hatten stets öffentlich angezweifelt, dass der grausame Anschlag das Werk eines Einzelnen war. Nun sagt Generalbundesanwalt Harald Range, es sei das „schwerste rechtsextremistische Attentat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“. Eine neue Richtung.

    Den damaligen Ermittlungen zufolge beging Köhler die Tat aus Frust, auch über eine verpatzte Prüfung. Opfervertreter kritisierten, Spuren in rechtsradikale Kreise seien nicht ausreichend verfolgt worden. 2011 beschloss der Bayerische Landtag parteiübergreifend, eine Wiederaufnahme zu befürworten.

    Politiker quer durch die Parteien begrüßten am Donnerstag die Karlsruher Entscheidung. Ein Grund, in dem Fall neu zu ermitteln, ist eine neue Zeugin, die Dietrich präsentiert hat. Die Frau gibt demnach an, sie habe am Tag nach dem Anschlag Flugblätter mit einem Nachruf auf den Bombenleger Köhler gefunden – noch bevor dessen Name öffentlich bekannt war. Sie hatte damals als Studentin Sprachkurse in einer Aussiedlerunterkunft gegeben und wollte eine Jacke in einen Schrank hängen. Dort sah sie neben den Flugblättern zwei Pistolen. Sie sei zur Polizei gegangen, aber abgewimmelt worden, sagt Dietrich.

    Auch der Reporter Ulrich Chaussy vom Bayerischen Rundfunk kämpfte jahrzehntelang für eine Wiederaufnahme. „Ich war sehr skeptisch, ob es diese Wiederaufnahme geben wird“, sagt er. Denn die Chancen, die Hintergründe aufzuklären, seien in den 1980er Jahren weit besser gewesen. Doch die Geschichte der Ermittlungen sei „von Vertuschungen geprägt“ gewesen. Chaussy enthüllte in seinem mit Originalaufnahmen angereicherten Kinofilm „Der blinde Fleck“ Anfang des Jahres Ungereimtheiten, setzte Puzzle-Teile zusammen und warf Fragen auf. Eine These Chaussys: Nach Fehlentscheidungen in Sachen rechts hätte kurz vor der Bundestagswahl eine Tat gar aus Kreisen der in Bayern lange verharmlosten „Wehrsportgruppe Hoffmann“ CSU-Ministerpräsident Franz Josef Strauß im Wahlkampf gegen Helmut Schmidt geschadet. Der Film brachte Bewegung in die Sache. Der heutige Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte Unterstützung zu und ermöglichte Zugang zu Akten im Landeskriminalamt. Auch daraus trug Dietrich neue Details zusammen.

    „Neue Beweismittel aus lange zurückgehaltenen Ermittlungsakten und Zeugenaussagen, die kaum mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen in Einklang zu bringen sind, haben unsere Zweifel noch einmal verstärkt“, sagte kürzlich der Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, Konstantin von Notz. Nach dem Versagen bei der Aufdeckung der NSU-Morde sei das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden erheblich beschädigt – der Fall müsse dringend vollständig aufgeklärt werden.

    Das Wiesn-Attentat

    Es war das traurigste Kapitel der Oktoberfest-Geschichte: Am 26. September 1980 um 22.19 Uhr explodierte in der Menschenmenge die Bombe eines Rechtsradikalen. Das Attentat forderte 13 Tote, darunter drei Kinder, und mehr als 200 Verletzte. Auch Jahrzehnte danach gab es stets Zweifel, ob Gundolf Köhler die Tat gut eine Woche vor der Bundestagswahl alleine und aus politischem Frust begangen hat. Der damals 21 Jahre alte Geologie-Student aus Donaueschingen und frühere Anhänger der dann verbotenen rechtsextremistischen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ hatte nach einer verpatzten Prüfung den TNT-Sprengsatz in einem Mülleimer am Wiesn-Haupteingang deponiert. Er starb selbst bei der Explosion. Text: dpa

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