Nach den zum Teil hitzigen Diskussionen um die wirtschaftspolitischen Empfehlungen des „Zukunftsrates“ der bayerischen Staatsregierung im vergangenen Winter gibt es erneut scharfe Kritik an der regionalen Wirtschaftsförderung von Schwarz-Gelb in Bayern. Diesmal im Fokus: die bei FDP-Wirtschaftsminister Martin Zeil angesiedelte staatliche Agentur „Invest in Bavaria“.
Diese soll im Auftrag der Regierung im Ausland Investoren für eine Ansiedelung im Freistaat begeistern und so zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beitragen. Das Wirtschaftsministerium verweist dabei nicht ohne Stolz auf einige Erfolge: So habe „Invest in Bavaria“ etwa im Jahr 2010 insgesamt 58 Unternehmensansiedlungen in Bayern unterstützt, schreibt Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Landtags-Grünen.
Die stolze Zahl hat allerdings einen Schönheitsfehler: 49 der 58 Investitionen gingen nach Oberbayern. Für Unterfranken konnte die Agentur laut Hessel im gleichen Zeitraum nur einen einzigen Investor erwärmen. Und auch in den anderen Landesteilen sieht es nicht viel besser aus: Niederbayern kommt gerade mal auf drei Projekte, Schwaben auf zwei. Die Oberpfalz, Oberfranken und selbst Mittelfranken mit der Metropole Nürnberg müssen sich mit je einem Investor begnügen.
Entsprechend stark ist auch die Schieflage der dadurch entstandenen Arbeitsplätze: Während in Oberbayern laut Ministerium durch die Ansiedelungen 2010 rund 850 Jobs direkt geschaffen worden seien, kommt Unterfranken nur auf magere 13 neue Arbeitsplätze. Ein Gefälle, das auch nicht nur auf ein einziges Jahr begrenzt ist: Seit 2006 gingen demnach mehr als drei Viertel der Projekte nach Oberbayern, aber nur etwas mehr als drei Prozent nach Unterfranken. Das Verhältnis der direkt geschaffenen Jobs in diesem Zeitraum: 3376 zu 240.
„Die Standortentscheidung wird allein vom Investor getroffen.“
Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP)
„Hier zeigen sich wieder einmal ganz klar die Prioritäten der Staatsregierung“, schimpft deshalb die unterfränkische Grünen-Abgeordnete Simone Tolle: „Während sich die Unterfranken mit verbalen Beteuerungen begnügen müssen, bekommt der Speckgürtel um München zusätzliche Unterstützung, die dort gar nicht nötig ist.“ Es stelle sich die Frage, „ob die Ansiedlungen in Oberbayern auch ohne staatliche Unterstützung gelungen wären“, so Tolle.
München sei weltweit „eine starke Marke“, hält die aus Mittelfranken stammende Staatssekretärin Hessel dagegen: „Aber auch die muss man bewerben.“ Doch eine Bevorzugung der kraftstrotzenden Oberbayern durch „Invest in Bavaria“ gebe es nicht. Viele ausländische Investoren seien aber sehr stark auf den Großraum München fokussiert. Vor allem „die Werbung mit der regionalen Vielfalt als besonderer Stärke Bayerns“ soll deshalb „die Aufmerksamkeit der Investoren auf alle bayerischen Standorte lenken“, so Hessel. Darüber hinaus seien die Einflussmöglichkeiten jedoch beschränkt: „Die Standortentscheidung wird allein vom Investor getroffen.“
Seit Mitte 2009 habe „Invest in Bavaria“ zudem mit verschiedenen Landkreisen in Bayern an regionaler „Profilschärfung“ gearbeitet – darunter dem Landkreis Rhön–Grabfeld. Zudem könne auch nicht die Rede davon sein, dass nur die großen Ballungsräume von den Werbeanstrengungen profitierten: So habe der ländliche Raum „mit einem Anteil von 30 Prozent einen durchaus bedeutenden Anteil an der Gesamtzahl von erfolgreich betreuten Investitionsvorhaben“, so Hessel.
Das regionale Ungleichgewicht ist dennoch politisch brisant, hatte doch der mit Wirtschaftsexperten besetzte „Zukunftsrat“ erst im Winter empfohlen, die staatliche Standortförderung auf wenige Ballungszentren in Bayern zu konzentrieren. Nach scharfen Protesten vor allem aus Niederbayern und Oberfranken hatte sich die Staatsregierung daraufhin ausdrücklich dazu bekannt, gerade auch Landstriche jenseits der Ballungsräume wirtschaftlich besonders zu fördern.