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NÜRNBERG: Zum Todestag von Maria Sibylla Merian

NÜRNBERG

Zum Todestag von Maria Sibylla Merian

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    Eine Pflanze, von Faltern umschwirrt. Äste und Blumen, über die Raupen kriechen. Eidechsen, die sich am Boden ringeln. Glänzende Ameisen auf einem Guajavebaum, Korallenspinner auf Maniok. Maria Sibylla Merian ekelte sich nicht. Sie war fasziniert. Nicht nur von den heimischen Blumen im elterlichen Garten. Auch von den Insekten, von exotischen Reptilien, von dem, was sich bewegte und wandelte in der Natur. Und sie hielt das, was sie beobachtete, begeisterte, erforschte fest – in feinen, präzisen, lebendigen Illustrationen. Mit einer Detailtreue, die auch 300 Jahre später noch beeindruckend ist.  Die Malerin und Kupferstecherin Maria Sibylla Merian – sie war eine Pionierin der Insektenkunde, eine Naturforscherin, eine außergewöhnliche Frau und ihrer Zeit weit voraus.   Am 2. April 1647 kommt sie in Frankfurt als Tochter des berühmten Kupferstechers Matthäus Merian auf die Welt. Die Familie stammt aus Basel und betreibt in Frankfurt eine Druckerei mit Verlag, der Matthäus Merians beliebte Städteansichten herausbringt. Nach dem frühen Tod des Vaters – Maria ist drei – wird der Kunsthändler und Stilllebenmaler Jakob Marell, der die Werkstatt weiterführt, der Stiefvater des Mädchens. Er erkennt seine Begabung und fördert die Wissbegier, er lehrt das Mädchen Malen, Zeichnen und Kupferstechen – gegen den Einfluss der Mutter, die ihre Tochter als künftige Hausfrau sieht. Doch schon als Kind erkundet Maria Sibylla den elterlichen Garten, zeichnet Blumen und Käfer. Mit 13 Jahren beginnt sie Schmetterlinge zu erforschen und mit Seidenraupen zu experimentieren. Frankfurt ist ein Zentrum des europäischen Seidenhandels, und das Leben der Seidenspinner zu dieser Zeit noch weitgehend unbekannt.   Merian beobachtet Schmetterlinge, züchtete sie in Spanschachteln, beschreibt und illustriert die Entwicklungsstadien: vom Ei über die Raupe und Puppe bis zum fertigen Falter. Was sie sieht, hält sie in leuchtenden Farben gern auf hochwertigem Pergament fest. Mit 18 Jahren schon hat sie sich einen Ruf als Blumenmalerin erarbeitet. Ihren Bildern stellt sie Erläuterungen und Begleittexte an die Seite. Das ist neu. Im 17. und 18. Jahrhundert ist Blumen- und Insektenmalerei zwar ein anerkanntes Betätigungsfeld für Frauen. Doch dazu Forschung zu betreiben, so wie Merian es tut – das ist unerhört.   Im Alter von 18 Jahren heiratet Maria Sibylla Merian den Maler Johannes Andreas Graff, der Mitarbeiter ist in der Merianschen Druckerei. Mit ihm zieht sie 1668, kurz nach der Geburt ihrer ersten Tochter, nach Nürnberg. Die Familie wohnt im „Haus zur Sonne“ in der Bergstraße, im Garten auf der Kaiserburg betreibt die Künstlerin intensive Naturstudien, die sie mit Bildern dokumentiert. So entsteht nach und nach ihr erstes großes Werk: „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung – Von Maria Sibylla Gräffin fleissig untersucht, kürzlich beschrieben, nach dem Leben abgemalt, ins Kupfer gestochen und selbst verlegt“.  Das Buch im Selbstverlag herauszugeben ist ein finanzielles Abenteuer. Es glückt. Die Arbeit am Raupenbuch wird Merian durch ihr ganzes Leben begleiten. Es erscheint in drei Teilen – 1679, 1683 und posthum 1717, dann von der zweiten Tochter Dorothea Maria herausgegeben.   Auch das „Blumenbuch“ erscheint in den Nürnberger Jahren, das Johann Andreas Graff verlegt und vertreibt und das den Mangel an geeigneten Lehrbüchern beheben soll. Im Vorwort der drei Faszikel mit je zwölf Blumenbildern beschreibt die Künstlerin die Zielgruppen: Kinder, Jugendliche, Frauen und Kunst-Dilettanten, die eine Unterweisung im Malen und Zeichnen brauchen. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell hat das Ehepaar aufgebaut, und Maria Sibylla Merian bestreitet das Familieneinkommen zum großen Teil mit – durch ihre Kenntnisse über Farben und Bindemittel, Papier, Pergament und Stoff, mit ihrem Talent und ihrer Kunstfertigkeit. Ihre Blumenstillleben und Vorlagen für Blumenmotive sind im Handwerk, bei handarbeitenden Frauen und Kunstsammlern gefragt. Als Lehrerin unterrichtet sie die „Jungfern Combanny“, Frauen und Mädchen aus Nürnberger Patrizierhäusern und Bürgerfamilien.  Aber sie ist eigenwillig, geht ihren eigenen Weg. 1682 ist die Familie nach Frankfurt zurückgekehrt, drei Jahre später verlässt die Künstlerin ihren Mann. Mit ihren beiden Töchtern übersiedelt die Naturforscherin 1685 in die Niederlande, die im 17. Jahrhundert ein Anziehungspunkt für Künstler, fortschrittliche Geister, Denker und religiös oder politisch Verfolgte sind. Merian schließt sich erst einer streng pietistischen Gemeinde in Friesland an, zieht dann nach Amsterdam und sieht die Chance, sich als Malerin und Naturforscherin zugleich entfalten zu können.   Das größte Abenteuer im unruhig-bewegten Leben steht ihr noch bevor. Im Alter von 52 Jahren verkauft Merian im Februar 1699 einen Großteil von Hab und Gut und bricht mit ihrer jüngeren Tochter nach Südamerika auf. Ihre Wissbegierde, ihr unstillbares Interesse an tropischen Insekten führt sie – als erste Naturkundlerin in Übersee – nach Surinam, damals niederländische Kolonie. Nach drei Monaten beschwerlicher Fahrt angekommen, stößt die Europäerin auf Unverständnis bei den Kolonialherren, die Sklaven ausbeuten und Profit machen mit Zuckerrohr. „Die Menschen dort verspotten mich, dass ich etwas anderes in dem Land suche als Zucker“, schreibt Merian. Sie lernt kreolisch, zieht mit Dorothea und von Einheimischen unterstützt in den Dschungel, sammelt und präpariert exotische Insekten, beschreibt, zeichnet: Palmbohrer-Käfer auf Ananas oder Pampelmuse, eine haarige Vogelspinnen, die einen Kolibri attackiert.  Nach drei Jahren in den Tropen erkrankt Merian an Malaria und verlässt schweren Herzens die Karibikküste vorzeitig. Im Gepäck hat sie kostbare Präparate von exotischen Insekten, Reptilien und Pflanzen. Zurück in Amsterdam, muss sie sich mit dem Verkauf der präparierten Schmetterlinge, Auftragsbildern und Malunterricht über Wasser halten. Im Jahr 1705 erscheint schließlich das „Insektenbuch“ in niederländisch und lateinisch. Der Prachtband macht Maria Sibylla Merian zu einer Berühmtheit – bei Naturwissenschaftlern wie Kunsthistorikern gleichermaßen. Carl von Linné benennt Schmetterlinge und Käfer nach ihr. Reich wird die Künstlerin nicht.  Am 13. Januar 1717, im Alter von 69 Jahren, stirbt Maria Sibylla Merian an den Folgen eines Schlaganfalls. An ihrem letzten Wohnort Amsterdam wird sie beerdigt – in einem Armengrab.
    Eine Pflanze, von Faltern umschwirrt. Äste und Blumen, über die Raupen kriechen. Eidechsen, die sich am Boden ringeln. Glänzende Ameisen auf einem Guajavebaum, Korallenspinner auf Maniok. Maria Sibylla Merian ekelte sich nicht. Sie war fasziniert. Nicht nur von den heimischen Blumen im elterlichen Garten. Auch von den Insekten, von exotischen Reptilien, von dem, was sich bewegte und wandelte in der Natur. Und sie hielt das, was sie beobachtete, begeisterte, erforschte fest – in feinen, präzisen, lebendigen Illustrationen. Mit einer Detailtreue, die auch 300 Jahre später noch beeindruckend ist. Die Malerin und Kupferstecherin Maria Sibylla Merian – sie war eine Pionierin der Insektenkunde, eine Naturforscherin, eine außergewöhnliche Frau und ihrer Zeit weit voraus. Am 2. April 1647 kommt sie in Frankfurt als Tochter des berühmten Kupferstechers Matthäus Merian auf die Welt. Die Familie stammt aus Basel und betreibt in Frankfurt eine Druckerei mit Verlag, der Matthäus Merians beliebte Städteansichten herausbringt. Nach dem frühen Tod des Vaters – Maria ist drei – wird der Kunsthändler und Stilllebenmaler Jakob Marell, der die Werkstatt weiterführt, der Stiefvater des Mädchens. Er erkennt seine Begabung und fördert die Wissbegier, er lehrt das Mädchen Malen, Zeichnen und Kupferstechen – gegen den Einfluss der Mutter, die ihre Tochter als künftige Hausfrau sieht. Doch schon als Kind erkundet Maria Sibylla den elterlichen Garten, zeichnet Blumen und Käfer. Mit 13 Jahren beginnt sie Schmetterlinge zu erforschen und mit Seidenraupen zu experimentieren. Frankfurt ist ein Zentrum des europäischen Seidenhandels, und das Leben der Seidenspinner zu dieser Zeit noch weitgehend unbekannt. Merian beobachtet Schmetterlinge, züchtete sie in Spanschachteln, beschreibt und illustriert die Entwicklungsstadien: vom Ei über die Raupe und Puppe bis zum fertigen Falter. Was sie sieht, hält sie in leuchtenden Farben gern auf hochwertigem Pergament fest. Mit 18 Jahren schon hat sie sich einen Ruf als Blumenmalerin erarbeitet. Ihren Bildern stellt sie Erläuterungen und Begleittexte an die Seite. Das ist neu. Im 17. und 18. Jahrhundert ist Blumen- und Insektenmalerei zwar ein anerkanntes Betätigungsfeld für Frauen. Doch dazu Forschung zu betreiben, so wie Merian es tut – das ist unerhört. Im Alter von 18 Jahren heiratet Maria Sibylla Merian den Maler Johannes Andreas Graff, der Mitarbeiter ist in der Merianschen Druckerei. Mit ihm zieht sie 1668, kurz nach der Geburt ihrer ersten Tochter, nach Nürnberg. Die Familie wohnt im „Haus zur Sonne“ in der Bergstraße, im Garten auf der Kaiserburg betreibt die Künstlerin intensive Naturstudien, die sie mit Bildern dokumentiert. So entsteht nach und nach ihr erstes großes Werk: „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung – Von Maria Sibylla Gräffin fleissig untersucht, kürzlich beschrieben, nach dem Leben abgemalt, ins Kupfer gestochen und selbst verlegt“. Das Buch im Selbstverlag herauszugeben ist ein finanzielles Abenteuer. Es glückt. Die Arbeit am Raupenbuch wird Merian durch ihr ganzes Leben begleiten. Es erscheint in drei Teilen – 1679, 1683 und posthum 1717, dann von der zweiten Tochter Dorothea Maria herausgegeben. Auch das „Blumenbuch“ erscheint in den Nürnberger Jahren, das Johann Andreas Graff verlegt und vertreibt und das den Mangel an geeigneten Lehrbüchern beheben soll. Im Vorwort der drei Faszikel mit je zwölf Blumenbildern beschreibt die Künstlerin die Zielgruppen: Kinder, Jugendliche, Frauen und Kunst-Dilettanten, die eine Unterweisung im Malen und Zeichnen brauchen. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell hat das Ehepaar aufgebaut, und Maria Sibylla Merian bestreitet das Familieneinkommen zum großen Teil mit – durch ihre Kenntnisse über Farben und Bindemittel, Papier, Pergament und Stoff, mit ihrem Talent und ihrer Kunstfertigkeit. Ihre Blumenstillleben und Vorlagen für Blumenmotive sind im Handwerk, bei handarbeitenden Frauen und Kunstsammlern gefragt. Als Lehrerin unterrichtet sie die „Jungfern Combanny“, Frauen und Mädchen aus Nürnberger Patrizierhäusern und Bürgerfamilien. Aber sie ist eigenwillig, geht ihren eigenen Weg. 1682 ist die Familie nach Frankfurt zurückgekehrt, drei Jahre später verlässt die Künstlerin ihren Mann. Mit ihren beiden Töchtern übersiedelt die Naturforscherin 1685 in die Niederlande, die im 17. Jahrhundert ein Anziehungspunkt für Künstler, fortschrittliche Geister, Denker und religiös oder politisch Verfolgte sind. Merian schließt sich erst einer streng pietistischen Gemeinde in Friesland an, zieht dann nach Amsterdam und sieht die Chance, sich als Malerin und Naturforscherin zugleich entfalten zu können. Das größte Abenteuer im unruhig-bewegten Leben steht ihr noch bevor. Im Alter von 52 Jahren verkauft Merian im Februar 1699 einen Großteil von Hab und Gut und bricht mit ihrer jüngeren Tochter nach Südamerika auf. Ihre Wissbegierde, ihr unstillbares Interesse an tropischen Insekten führt sie – als erste Naturkundlerin in Übersee – nach Surinam, damals niederländische Kolonie. Nach drei Monaten beschwerlicher Fahrt angekommen, stößt die Europäerin auf Unverständnis bei den Kolonialherren, die Sklaven ausbeuten und Profit machen mit Zuckerrohr. „Die Menschen dort verspotten mich, dass ich etwas anderes in dem Land suche als Zucker“, schreibt Merian. Sie lernt kreolisch, zieht mit Dorothea und von Einheimischen unterstützt in den Dschungel, sammelt und präpariert exotische Insekten, beschreibt, zeichnet: Palmbohrer-Käfer auf Ananas oder Pampelmuse, eine haarige Vogelspinnen, die einen Kolibri attackiert. Nach drei Jahren in den Tropen erkrankt Merian an Malaria und verlässt schweren Herzens die Karibikküste vorzeitig. Im Gepäck hat sie kostbare Präparate von exotischen Insekten, Reptilien und Pflanzen. Zurück in Amsterdam, muss sie sich mit dem Verkauf der präparierten Schmetterlinge, Auftragsbildern und Malunterricht über Wasser halten. Im Jahr 1705 erscheint schließlich das „Insektenbuch“ in niederländisch und lateinisch. Der Prachtband macht Maria Sibylla Merian zu einer Berühmtheit – bei Naturwissenschaftlern wie Kunsthistorikern gleichermaßen. Carl von Linné benennt Schmetterlinge und Käfer nach ihr. Reich wird die Künstlerin nicht. Am 13. Januar 1717, im Alter von 69 Jahren, stirbt Maria Sibylla Merian an den Folgen eines Schlaganfalls. An ihrem letzten Wohnort Amsterdam wird sie beerdigt – in einem Armengrab. Foto: Foto: –

    Eine Pflanze, von Faltern umschwirrt. Äste und Blumen, über die Raupen kriechen. Eidechsen, die sich am Boden ringeln. Glänzende Ameisen auf einem Guajavebaum, Korallenspinner auf Maniok. Maria Sibylla Merian ekelte sich nicht. Sie war fasziniert. Nicht nur von den heimischen Blumen im elterlichen Garten. Auch von den Insekten, von exotischen Reptilien, von dem, was sich bewegte und wandelte in der Natur. Und sie hielt das, was sie beobachtete, begeisterte, erforschte fest – in feinen, präzisen, lebendigen Illustrationen. Mit einer Detailtreue, die auch 300 Jahre später noch beeindruckend ist.

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