Sprachlos, aber nicht ohne Worte, steht ein Junge vor einer weißen Wand und starrt mit leerem Blick in die Kamera. Der 19-Jährige aus Ostfriesland hält in einem selbstgedrehten Video 1 Minute und 45 Sekunden lang handbeschriebene Papierblätter in die Höhe. Schon der erste Zettel macht seine Botschaft klar: „Gegen Mobbing!“.
Was folgt, ist eine mutiges Statement und der Aufruf, sich gemein gegen Mobbing stark zu machen:
Beitrag von Benjamin Drews.
Am Sonntag, 8. Februar, um 14:55 Uhr hatte
– wie er sich selbst auf Facebook nennt – den Clip auf seiner Seite hochgeladen und „entschlossen“ mit der Öffentlichkeit geteilt. Innerhalb weniger Tage verbreitete sich das Video auf der Plattform wie ein Lauffeuer. Bisweilen wurde es mehr als zwei Millionen mal aufgerufen, von mehr als 23000 Facebook-Nutzern mit „Gefällt mir“ markiert und fast 89000 mal geteilt. Die Zahlen steigen auch vier Tage später noch sekündlich.
Über die Kommentarfunktion schrieben unzählige Facebooknutzer unterstützende Worte. Mobbingopfer dankten dafür, ihnen durch das Video wieder neue Kraft und Mut gegeben zu haben. Die positive Resonanz auf sein Video erleichtert Drews sehr. Spiegel Online verriet er, dass er vor der Veröffentlichung des Videos sogar befürchtete, dass „es“ wieder anfinge: „das Mobben, die Hänseleien und der ganze Mist".
Im Gespräch mit Spiegel Online
erzählt Benjamin Drews, auch für ihn habe Mobbing lange Zeit zum Alltag gehört. Vor allem aufgrund seiner Körperfülle hätten ihn Hänseleien seit frühester Kindheit verfolgt. Als Folge der Attacken habe Drews sich früher selbst mit einer scharfen Klinge in den Unterarm geritzt. Den Gedanken, nicht mehr auf der Welt sein zu wollen, habe er jedoch sehr selten gehabt, sagt er Spiegel Online.
Was früher oft nur auf dem Schulhof stattfand, bekomme heute durch das Internet eine ganz neue Dimension, meint
Sozialpsychologin Catharina Katzer im Interview mit zeit.de zum Thema Mobbing
. Früher habe das Opfer nach Schulschluss nach Hause gehen können und sei dort vor den Angriffen der Mobber geschützt gewesen. Durch die Präsenz von Computer, Smartphone und Co im Kinderzimmer fehlt dieser „Schutzraum“ des eigenen Zuhauses.
Zudem sei es laut Kratzer schwierig, Spuren im Internet komplett zu beseitigen. Einmal gelöscht, können beispielsweise ungeliebte Fotos dennoch unverhofft und immer wieder an anderer Stelle im Netz auftauchen. Der weltweit offene Zugriff auf das Internet stellt ein weiteres großes Problem dar. Die Reichweite von Mobbingattacken beschränkt sich damit nicht mehr auf das relativ kleine Umfeld rund um Opfer und Täter. Im Grunde kann jeder bei Mobbing im Internet zusehen, mitmachen oder selbst zum Ziel werden. Cybermobbing sei unüberschaubar geworden, so Kratzer.
Genau diese große Reichweite des Internets nutzt Benjamin Drews aus, um sich selbst gegen Mobbing stark zu machen. Er ruft außerdem dazu auf, es ihm gleich zu tun, indem man sein Video teilt und die Botschaft so verbreitet.
Am 11.Februar bedankte Drews sich auf seinem Profil noch einmal für die „mega Unterstützung“. Er hoffe, wenigstens ein paar Menschen die Augen geöffnet zu haben. In Anbetracht der großen Wellen, die sein Video schlägt, ist ihm dies durchaus gelungen.