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Safran, das teuerste Gewürz der Welt

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Safran, das teuerste Gewürz der Welt

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    Safran, das teuerste Gewürz der Welt.THINKSTOCK
    Safran, das teuerste Gewürz der Welt.THINKSTOCK Foto: Foto:

    Was denkt der Leser wohl, wenn er das Wort „Nackthure“ liest? Nein, er muss nichts Schlechtes denken. Der Begriff „Nackthure“ steht nämlich im Volksmund für eine Pflanze, die den wissenschaftlichen Namen Crocus sativus trägt, unter Gartenfreunden als „Herbstkrokus“ und bei Gourmets als Safran bekannt ist.

    Nun hat der Volksmund immer schon für außergewöhnliche Erscheinungen mehr oder weniger treffende, vor allem aber deftige Bezeichnungen hervorgebracht. Wen wundert es also, dass man in früheren Zeiten eine Pflanze, deren erste Blüte zunächst einmal vollständig nackt, also ohne Blatt aus dem Boden sprießt, mit einem solchen Namen versehen hat?

    Eine desavouierende Bezeichnung indes hat die Pflanze eigentlich nicht verdient. Schließlich stammt von ihr eines der edelsten, vor allem aber das mit Abstand teuerste Gewürz der Welt – der Safran.

    Schlappe 10 000 Euro blättert man für nur ein einziges Kilogramm dieses „Goldes der Küche“ auf den Tisch des Händlers, sofern man Bedarf für so viel hat. Denn ein Kilo Safran ist eine gigantische Menge: Schon 0,1 Gramm würzt und färbt drei Liter Wasser mit einem intensiven Gelb.

    Was macht den Safran aber nun so teuer? Es ist die Herstellung: Handarbeit pur. Besser verständlich, wenn man ein wenig mehr über Crocus sativus weiß: Der Safran-Krokus gehört zur Familie der Schwertlilien. Die Pflanze wird bis zu 25 Zentimeter hoch und trägt im Oktober ein oder zwei violette Blüten, die sich nach dem Öffnen auch nachts nicht wieder schließen. Aus der Mitte der Blüte sprießen drei lange, dunkelorange leuchtende „Beinchen“, die sogenannten Narbenschenkel. Diese Fädchen sind das Wertvolle an der Pflanze. Sie sind das erwähnte Gold für die Küche.

    Es zu „schürfen“ ist extrem mühselig. Tief gebückt müssen die Feldarbeiter Blüte für Blüte ernten. Die eigentliche Arbeit kommt erst danach: Es müssen nämlich aus den Blüten die winzig kleinen Safranfäden herausgezupft und dann getrocknet werden. Dabei reduziert sich das Gewicht um rund 40 Prozent. Erst durch die Trocknung bildet sich das Safranal, der Aromastoff, den Gourmets lieben. 400 000 feinste Fäden müssen gezupft werden, um ein Kilo Safran zu erhalten.

    Wert und Wirkung des Küchengoldes sind übrigens seit Jahrtausenden bekannt. Schon Homer erwähnt Safran mehrfach. Auch im Sanskrit gibt es einen Namen für Crocus sativus. Kretische Wandgemälde von 5000 vor Christus zeigen die Pflanze. Allerdings scheint zuerst einmal die extrem hohe Färbefähigkeit des Safranfarbstoffes Crocin der Grund für vorchristliche Safran-Gier gewesen zu sein. Safrangelbe Gewänder und Schuhe waren die kennzeichnende Tracht orientalischer Herrscher, und auch die griechische Götterwelt sah man in safrangelbe Prachtroben gehüllt.

    Bald schon merkte man, dass Safran nicht nur färben kann, sondern andere, weitreichende Eigenschaften aufweist. So ist Safran auch extrem giftig. Doch kein Gast muss fürchten, nach dem Genuss eines Safrangerichts auf dem Nachhauseweg das Zeitliche zu segnen. 1200 Portionen wären schon nötig, um eine tödliche Giftmenge verabreicht zu bekommen.

    In geringerer, unbedenklicher Menge genossen wirkt der Safran übrigens als Halluzinogen. Und er scheint tatsächlich eine ausgesprochen potente Droge zu sein. Nicht von ungefähr bezeichnen praktisch alle Arzneikundige vergangener Jahrhunderte das Gewürz als „opiumgleich“. Überliefert sind Arztberichte, die von „heiteren Delirien“ sprechen, die bis zu „nicht mehr zu bändigendem Lachreiz“ führen sollen. So mancher antike Safrankonsument, so gehen die Legenden, soll sich unter gigantischem Gegröle regelrecht totgelacht haben.

    Dies war aber wohl kaum der Grund, warum etwa die Römer von der Kaiserzeit bis heute unerreichbare Safranverbrauchsrekorde aufstellten. Schier unglaublich, was die Römer mit Safran alles anstellten. Sie würzten ihren Wein damit, parfümierten damit ihre Ruhekissen, heilten Husten und Nasenbluten, Kopfschmerzen und Frauenleiden, färbten nicht nur Kleidungsstücke, sondern sogar ihre Fußböden.

    Marc Aurel wird nicht der einzige Feldherr gewesen sein, der in Safranwasser badete: Die Prozedur sollte die Haut verschönern und auch die Manneskraft steigern, eine Erkenntnis über den Safran, die so alt ist, wie der Safran selbst. Safran war die Pflanze der Aphrodite, Zeus bereitete Hera ein Bett aus Safranblüten, um sie zu verführen.

    Der Kaiser und seine Zeitgenossen badeten nicht nur in Safranwasser, sie bestreuten auch die Brautbetten eingedenk des Zeus?schen Erfolgs bei Hera mit dem gelben Gewürz. Im minoischen Reich auf Kreta schminkten sich die Damen mit Safran-Lippenstiften, und auch Kleopatras Werben um die Gunst römischer Kaiser soll durch Safran-Make-up unterstützt worden sein. Dass Safran tatsächlich ein Aphrodisiakum ist, hat die moderne Wissenschaft mittlerweile bewiesen: Algen zum Beispiel wurden im Experiment durch die Behandlung mit Crocin schlagartig begattungsreif.

    Zurück zu den Römern: Sie importierten ihr färbendes Aphrodisiakum zunächst aus der Gegend um Euphrat und Tigris. Später begannen sie, den violetten Krokus erfolgreich selbst in riesigen Kulturen anzubauen. Heute ist der Safrananbau in Italien nicht mehr bedeutend. Das größte Anbaugebiet in Europa liegt inzwischen in Spanien, in der Mancha, der kastilischen Hochebene südlich von Madrid. Im 8. Jahrhundert hatten die Araber das Luxusgewürz auf die iberische Halbinsel gebracht. Im Mittelalter war Safran dort durchaus ein gängiges Zahlungsmittel.

    Die Kreuzzüge sorgten dafür, dass Safran im gesamten europäischen Raum zur echten Größe wurde. Auf allen nur erdenklichen Handelswegen wurde die Kostbarkeit von Land zu Land gekarrt. In vielen Städten gab es Safran-Kontrollstellen. Denn damals schon gab es Händler, die den teuren Safran mit minderwertigen Produkten vermischten, um die Rendite zu erhöhen.

    Alles was teuer und wertvoll ist, wurde (und wird) gestreckt und gefälscht. In Nürnberg, einem mittelalterlichen Safranzentrum, war bereits 1357 der Beruf des vereidigten Safranprüfers ins Leben gerufen worden. Wer Safran verfälschte, dem drohten drastischste Strafen. Wer Glück hatte, wurde „nur“ lebendig eingemauert oder eingesargt. Nichtsdestotrotz ging das Safran-Fälschen munter weiter. In welchem Ausmaß dies geschah, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass damals die Berufsbezeichnung „Safranhändler“ zu einem der schlimmsten Schimpfwörter wurde. „Safranhändler“, das wurde gleichgesetzt mit „Gangster“. Dass dies auch heute durchaus noch häufig gelten mag, schreibt Susanne Fischer-Rizzi in ihrem Safran-Kochbuch: „Safran ist das meistverfälschte Gewürz der Welt. Wenn Sie Safran kaufen, müssen Sie damit rechnen, betrogen zu werden.“

    Vor allem angebliche „Schnäppchen“, die man in fast allen südlichen Ländern angedreht bekommt, sind häufig nichts als dreiste Fälschungen. Denn das aufwendig mit viel Handarbeit produzierte, teuerste Gewürz der Welt kann – logischerweise – kein Schnäppchen sein.

    Wahrscheinlich war es der Preis, der Safran in Mittel- und Nordeuropa zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts langsam aus den meisten Küchen verschwinden ließ. Aber mittlerweile feiert er wieder fröhliche Urstände – auch in Deutschland. Mit dem Vormarsch der mediterranen Küche erlebte der Safran seine erstaunliche Renaissance – als Gewürz. Bleibt nur abzuwarten, wann der moderne Mann sich in guter alter Aurel?scher Tradition sein Safran-Badewasser einlässt.

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