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Rezept: Queller ist der Spargel aus dem Meer

Rezept

Queller ist der Spargel aus dem Meer

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    Von der Gourmetküche entdeckt: Der Seespargel Queller.
    Von der Gourmetküche entdeckt: Der Seespargel Queller. Foto: dpa

    Gestatten? Mein Name ist Queller! Mein lateinischer Name Salicornia lässt Rückschlüsse auf meinen Standort zu, denn ich wachse in den Salzwiesen, die an Nord- und Ostsee streng geschützt sind. Pflanzen wie ich, die früher von den Einheimischen nach einem langen Winter für den Verzehr gesammelt wurden, sollen heute am liebsten nicht einmal mehr dem Weidevieh schmecken, wenn es nach den Naturschützern geht. Aber weil die Feinschmecker mich entdeckt haben, werde ich angebaut, und Köche mit Ideenreichtum servieren mich ihren Gästen.

    Im Badhotel Sternhagen im Cuxhavener Stadtteil Duhnen hat das Panoramarestaurant Schaarhörn Nordseeblick. Winde wehn, Schiffe gehn . . . , eines nach dem anderen fährt aus der Elbmündung hinaus in die Welt. Küchenchef Thomas Hildebrandt ist seit 26 Jahren im Haus. Der 55-Jährige wuchs nicht weit davon im niedersächsischen Elbe-Weser-Dreieck auf und kennt sich mit der Flora und Fauna seiner Landschaft bestens aus. Er hat nicht nur den hauseigenen Queller-Geist erfunden, der ein prima Digestif ist, auf seiner Speisekarte steht auch „Hausgemachter Stremellachs auf Queller-Salat“.

    Lauwarm thront das warm geräucherte Fischfilet rosig auf einem Scheiterhaufen von reifer Mango, süßen Kirschtomaten und jeder Menge Queller. Dessen zierliche, etwas gebogene Spitzen geben beim Draufbeißen einen feinen Salzgeschmack ab und machen mit den Röstaromen von Lachs und Früchten aus dem Gericht etwas Einzigartiges. 

    Ohne Salz wäre der Seespargel nicht lebensfähig

    Queller, auch Glasschmelz oder Seespargel genannt, gehört zu den Halophyten. Als Sukkulente speichert er das Salzwasser, wann immer er von Hochwassern überflutet wird. Wie alle Salzwiesenpflanzen ist er für ein Wechselbad gut. Queller wächst von Mai an bis in den frühen Herbst hinein und ist das bekannteste der Salzwiesenkräuter. Er besiedelt die Wattböden des Meeres und auch salzige Stellen im Binnenland. Ohne Salz wäre er nicht lebensfähig. Allein in Niedersachsen gibt es bald 8400 Hektar Salzwiesen.

    Queller-Experten: Küchenchef Thomas Hildebrandt und Biobäuerin Ada Fischer
    Queller-Experten: Küchenchef Thomas Hildebrandt und Biobäuerin Ada Fischer Foto: Inge Ahrens

    Nach dem perfekten Einstieg in die Nordseeküche nimmt mich Thomas Hildebrandt mit zur Bio-Bäuerin Ada Fischer, die im nahen Arensch den Erbhof ihrer Eltern betreibt. „Wenn Frau Fischer uns das Fleisch ihrer Angusrinder brachte, hatte sie oft einen bunten Strauß von ihrer Wiese dabei“, erzählt Thomas Hildebrandt. „Das machte neugierig.“ 

    Es ist noch nicht lange her, da kannten seine Gäste bloß das Salzwiesenlamm als Spezialität auf ihrem Teller. Was Salzwiesen sind und was die Tiere dort fraßen, war Menschen aus anderen Regionen meist unbekannt. In der Region war es ohne Not auch bald in Vergessenheit geraten. 

    Vor zehn Jahren begann der Queller-Hype

    Heute stehen die Pflanzen auf der Salzwiese auf der Roten Liste geschützter Pflanzen. „Vor etwa zehn Jahren wurde der Queller dann ordentlich gehypt“, erinnert sich Thomas Hildebrandt, und kam so in die Küchen der gehobenen Gastronomie. Das Badhotel Sternhagen wird von dem Gastronomielieferanten Rungis Express mit Queller aus kontrollierten Gewächshauskulturen beliefert. Hauptsächlich die Franzosen und die Holländer bauen ihn an. 

    Ada Fischers (eingezäunte) Salzwiesen liegen geschützt zwischen dem Sommer- und dem Winterdeich. Hundert Hektar Land am Geestkliff. Ein Höhenzug, den die Eiszeit formte. Man schaut und sieht, so weit das Auge reicht, Grünland von alten Prielen durchzogen. Die Gräser wogen im Wind. Es riecht nach Meer. Hoch über uns singen die Feldlerchen. Und wir stehen in einer Salzwiese, wie sie sein soll: mit Kümmelkohl, Wilder Möhre, Gänsefingerkraut, Dänischem Löffelkraut und Röhrkohl. Der Queller sieht aus wie zierlicher wilder Spargel. Es sprießt nur so um uns herum. All das ist Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und gilt als gefährdetes Biotop.

    „Wermut ist mein Anti-Stress-Kraut“, sagt Ada Fischer und lädt zum Kosten ein. „Die Bitterstoffe sind gut für den Stoffwechsel.“ Manches, was den Tieren schmeckt, mundet auch uns. Alles ist so sauber und frisch. Wir verstehen bald, warum die Rinder der Bäuerin gleich morgens in die Salzwiesen streben. Die Melde schmeckt salzig und ein wenig säuerlich. Sie wächst reichlich in den Priel-Läufen. Auf Ada Fischers Wiesen wird niemals gedüngt. Rehe können sich gut verstecken. Hasen springen vor uns durch das Gras. Wildgänse brüten. Überall summt und brummt es von einer Vielzahl an Insekten. 

    Salzwiesen werden bei Springtiden teilweise oder ganz vom Meer überflutet

    Salzwiesen, die es fast überall auf der Welt gibt, werden hier an der Nordsee bei Springtiden teilweise oder ganz vom Meer überflutet. Je nach Region nennt man sie Groden, Heller oder Inge. Nur ganz bestimmte Pflanzen fühlen sich dort wohl und die gilt es zu bewahren. Darum soll niemand einfach so durch die Salzwiesen laufen. Die Kräuter müssen unter den strengen Wind- und Gezeiten-Bedingungen enormen Kräften standhalten. Besonders harte Gewebe und Ankerwurzeln verhindern das Freispülen. 

    Viele sind Sukkulenten, wie auch der Queller, der zu den bekanntesten Salzwiesengewächsen gehört. Salzwiesenkräuter sind die Rebellen unter den Pflanzen. Im Hochsommer sind ganze Flächen blau vom Strandflieder und den Astern. „Auch die kann man essen“, erklärt Ada Fischer. „Aber für mich sind das Blumen. Die lasse ich für die Insekten.“ Die 64-Jährige kennt alle Gewächse auf ihrer Wiese, ist stolz über die Vielfalt, die auch ihren Rindern zugutekommt. Durch das Abfressen,wächst der Kümmelkohl ein zweites Mal. Wie Schnittlauch sieht er aus. 

    Man nennt ihn auch Röhrkohl, das kommt von Röhre. Ein hohler starker Halm. „Die Zeiten, als der Röhrkohl noch auf unseren Wochenmärkten verkauft wurde, sind lange vorbei“, bedauert Thomas Hildebrandt. Der begeisterte und vielfach ausgezeichnete Koch ist immer neugierig, nascht hier und da an einem Blatt und denkt schon an das Abendmenü, wo er mir neugierigem Gast zeigen möchte, was der Queller so drauf hat. 

    Der "Queller-Krabben-Salat" gleicht einem biedermeierlichen Bild

    Das ist ein Erlebnis, und jeder Gang unter der silbernen Servierhaube ist eine neue Überraschung. Ein klein wenig gibt die Cloche auch den Spaß frei, den Thomas Hildebrandt mit den Kreationen hat. Der „Queller-Krabben-Salat“ gleicht einem biedermeierlichen Bild. Nussige winzige Nordseekrabben (in Cuxhaven gibt es noch Krabbenfischer) baden zusammen mit leicht scharfen und saftigen Queller-Spitzen in einem Dressing aus Senfsamen. Kleine grüne Ohren der Portulak-Keilmelde und ein Halm Röhrkohl schauen über den Schalenrand. Ein Augen- und Gaumenschmaus zugleich. 

    Die Queller-Schaumsuppe, in der ein paar grüne Spitzen dümpeln, ist sanft, cremig und grün wie eine gesunde Salzwiese. Sie wärmt durch und steigt auf in die sonnendurchglühten Wangen. Kleine Stückchen vom Helgoländer Hummer geben den Meeresaromen vom Queller ein wenig Süße. Schon folgt der Kabeljau auf Röhrkohl mit Weinschaumsoße. Der schmeckt gar nicht zwiebelig, obwohl er doch aussieht wie Schnittlauch. Und er hat Biss. 

    Zu guter Letzt gibt es in Zitronensaft und Zucker geschwenkte Erdbeeren mit Queller-Spitzen. Das ist nicht nur optisch ein Genuss. Auch der Gaumen hat was zu tun. Man kann schwelgen im Fruchtigen und kriegt beim Zubeißen kleine salzige Spritzer vom Queller dazu. Queller ist wirklich anregend und ein Erlebnis. Nicht nur für Profis. Auch für private Köchinnen und Köche. 

    Zucht-Queller gibt es oft bei gut sortierten Fischhändlern, oder man bestellt ihn im Internet. Im Gemüsefach des Kühlschranks, schön in Folie gewickelt, hält er sich fünf Tage. Am besten schmeckt er zu Fisch, ob gedünstet oder gebraten. „Vielleicht ein paar Nüsse drüber“, schlägt Thomas Hildebrandt vor. „Das kennt nicht jeder.“ Oder man püriert ihn und hebt ihn unter eine Hollandaise. Fertig ist die Meeresprise für zu Hause. Ein kulinarischer Ausflug in die Geschmackswelt der Salzwiesen ist nicht exklusiv, aber dennoch ein extravagantes Erlebnis von der Küste. 

    www.badhotel-sternhagen.de

    www.biolandhof-fischer.de

    Zwei Rezepte von Thomas Hildebrandt, Küchenchef des „Panorama-Restaurants Schaarhörn“ im Badhotel Sternhagen in Cuxhaven-Duhnen

    Fruchtiger Quellersalat - hier serviert mit Stremellachs.
    Fruchtiger Quellersalat - hier serviert mit Stremellachs.

    Fruchtiger Quellersalat mit Aprikosen-Vinaigrette

    • 250 ml frischen Orangensaft auf 150 ml reduzieren
    • 35 ml Limettensaft
    • 50 g frischer Ingwer fein gerieben
    • 70 ml Rapsöl
    • 100 g Aprikosenmarmelade
    • Salz und etwas Honig

    Alle Zutaten miteinander verrühren und durch ein Sieb lassen.

    • 100 g Queller (Feinkostgeschäft oder Fischhändler)
    • 50 g gewürfelte Mango
    • 100 g gegarter Spargel
    • 100 g Kirschtomaten

    Alles miteinander vermengen und mit ca. 100ml Vinaigrette marinieren. Passt hervorragend zu Stremellachs oder mit gebratenen Garnelen.

    Rahmsuppe aus Queller mit Kartoffeln, Zwiebeln, Milch und Sahne.
    Rahmsuppe aus Queller mit Kartoffeln, Zwiebeln, Milch und Sahne. Foto: Inge Ahrens

    Queller-Rahmsuppe

    • 100 g Kartoffeln
    • 100 g Zwiebeln gewürfelt
    • 40 g Butter
    • 200 ml Geflügelbrühe
    • 200 ml Milch
    • 200 ml Sahne
    • 300 g Queller

    Kartoffeln, Zwiebeln und Butter zusammen ausschwitzen und dann mit der Flüssigkeit auffüllen. Kochen, bis die Kartoffeln gar sind. Nun ca. 280 g Queller hinzugeben, alles pürieren und durch ein Sieb geben. Die restlichen 20 g Queller als Einlage nutzen.

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