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HEIDELBERG: Probleme beim Pillenschlucken

HEIDELBERG

Probleme beim Pillenschlucken

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    Vielen Menschen fällt es schwer, große Tabletten zu schlucken: Professor Walter E. Haefeli hat sich Gedanken gemacht, wie man solchen Patienten helfen kann.
    Vielen Menschen fällt es schwer, große Tabletten zu schlucken: Professor Walter E. Haefeli hat sich Gedanken gemacht, wie man solchen Patienten helfen kann. Foto: Foto: fotolia/photophonie

    Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 600 Millionen Mal Medikamente verschrieben. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Arzneimittel in Tabletten- und Kapselform. Für den Patienten, der sie schlucken soll, stellen sie oftmals ein Problem dar.

    Untersuchungen aus Baden-Württemberg zeigen, dass jeder Dritte mit der Medikamenteneinnahme Schwierigkeiten hat. Die Tablette bleibt am Gaumen kleben, die Kapsel will erst gar nicht im Rachen verschwinden oder sie scheint im Hals festzustecken. Jeder zehnte Betroffene resigniert dann und nimmt die verordneten Tabletten nicht mehr ein, was die Therapie ernsthaft gefährden kann.

    „Mediziner unterschätzen oft, wie viele Menschen Probleme bei der Einnahme von Medikamenten haben“, sagt Professor Walter E. Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie an der Uniklinik Heidelberg. Er befasst sich seit Jahren mit der richtigen und sicheren Anwendung von Arzneimitteln.

    Naturgemäß stellt es für Kinder eine große Hürde dar, Tabletten zu schlucken, denn in ihrem Rachenraum ist alles kleiner und enger als bei Erwachsenen. Frauen haben mehr Probleme als Männer und Jüngere mehr als gesunde ältere Personen. In der Realität haben allerdings 45 Prozent aller über 75-Jährigen mitunter Schwierigkeiten beim Schlucken, ausgelöst durch Erkrankungen wie Demenz, Parkinson oder einem Schlaganfall. Dies wirkt sich auch auf die Tabletteneinnahme aus. Manche versuchen dann, das Medikament im Kartoffelbrei oder Apfelmus zu verstecken und es quasi nebenbei zu schlucken, was jedoch nicht immer gelingt.

    Mit genügend Wasser einnehmen

    Ob eine Tablette leicht zu schlucken ist, hängt nicht nur vom Patienten und von den Einnahmemodalitäten ab, sondern ganz entscheidend auch von der Darreichungsform, das heißt von der Größe, der äußeren Form, dem Material oder dem Überzug. „Manchmal bekommen wir Anfragen von der Industrie, welche Form am besten ist“, erzählt Haefeli. Die Antwort ist nicht schwer: Längliche Pillen lassen sich am leichtesten schlucken, runde am schlechtesten.

    Tabletten sollten in aufrechter Position, also im Stehen oder Sitzen, eingenommen werden. Bei bettlägerigen Personen sollte der Oberkörper möglichst weit aufgerichtet werden. Wichtig ist, dass genügend Wasser getrunken wird – einerseits, um ein Steckenbleiben der Pille in der Speiseröhre zu vermeiden und andererseits, damit sie sich im Magen gut auflöst, was besonders bei Einnahme nüchtern am Morgen wichtig ist. Haefeli empfiehlt, ein Glas stilles Wasser bei der Tabletteneinnahme zu trinken.

    Leute, die Tabletten ohne Flüssigkeit schlucken können, werden von manchen vermutlich beneidet, riskieren aber, dass die Pille in der Speiseröhre hängen bleibt. Untersuchungen zufolge ist das bei 90 Prozent der wasserlosen Einnahmen so. Selbst wenn Wasser dazu getrunken wird, gehen Experten davon aus, dass 20 bis 50 Prozent der Tabletten und Kapseln auf dem Weg in den Magen stecken bleiben. Sie dann wieder in Gang zu bringen, ist schwierig. Außerdem können die Konsequenzen fatal sein, denn manche Medikamente reizen und schädigen die Schleimhaut der Speiseröhre. Wenn man das Gefühl hat, eine Tablette rutscht nicht von allein weiter, hilft meist erneutes Wassertrinken und das Essen eines kleinen Brotstückchens.

    Zusammen mit seiner Arbeitsgruppe suchte Haefeli nach Techniken, die das Pillenschlucken erleichtern. Dabei muss man zwischen Tabletten und Kapseln unterscheiden. Tabletten sind dicht gepresste Teilchen, die im wassergefüllten Mund zum Absinken neigen. Kapseln dagegen sind in der Regel zur Hälfte mit Luft gefüllt und schwimmen auf der Wasseroberfläche. Mithilfe von freiwilligen Testpersonen, die wirkstofffreie Tabletten und Kapseln in unterschiedlichen Größen schluckten, kristallisierten sich zwei Einnahmetechniken heraus, die sich für Patienten eignen, die normalerweise beim Schlucken von Speisen und Getränken keine Probleme haben.

    Flaschen-Trick und Nick-Trick

    Flaschen-Trick für Tabletten: Dazu benötigt man eine mit stillem Wasser gefüllte, flexible Kunststoff-Flasche mit nicht zu kleiner Öffnung, aus der das Wasser gut eingesogen werden kann. Die Tablette auf die Zunge legen und die Lippen fest um die Flaschenöffnung schließen. Nun wird ein kräftiger Schluck Wasser genommen und in einem Zug mitsamt der Tablette geschluckt. Dabei sollte keine Luft in die Flasche gelangen, sie sollte sich beim Trinken zusammenziehen. Der Kopf darf dabei leicht nach hinten geneigt sein. Durch den kräftigen Wasserfluss wird die Tablette zum Zungengrund hin mitgespült und geschluckt.

    Nick-Trick für Kapseln: Die Kapsel wird auf die Zunge gelegt. Der Patient nimmt einen Schluck Wasser in den Mund, schluckt ihn aber nicht sofort hinunter. Er neigt den Kopf nach unten mit dem Kinn in Richtung Brust. In dieser Position wird geschluckt, und die Kapsel verschwindet mitsamt dem Wasser in der Speiseröhre. Diese Technik eignet sich nur für luftgefüllte Kapseln, denn sie sind leichter als Wasser, schwimmen deshalb in Richtung des jetzt höher gelegenen Rachens und lassen sich so leichter schlucken.

    Der richtige Umgang mit Arzneien

    Dosierung: Tabletten sollten nie auf eigene Faust zerteilt, zerdrückt, zerbissen oder aufgelöst werden. Vorher immer den Arzt oder Apotheker fragen. Dies gilt auch, wenn man eine zu große Tablette im Mörser zu Pulver zerkleinern will. Grundsätzlich darf immer nur eine Tablette einzeln gemörsert werden. Tablettenmörser gibt es in der Apotheke. Manchmal ist es erforderlich, eine Tablette zu teilen, um die benötigte Dosis zu erreichen. Dies sollte nur bei Pillen mit einer Bruchkerbe geschehen. Messer oder Zangen sind dazu nicht geeignet, da oft kleine Bruchstücke entstehen, die zur ungenauen Dosierung führen.

    Tageszeit: Manchmal spielt es eine große Rolle, wann ein Medikament eingenommen werden soll. Dies kann etwa auf nüchternen Magen vor dem Frühstück sein. Mitunter muss man auch noch eine gewisse Zeit warten, bis etwas gegessen werden darf. Derartige Anweisungen sollten genau befolgt werden, da die Arznei sonst nicht richtig wirken kann. Text: bref

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