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WÜRZBURG: Wenn Fremde aufs Haus aufpassen

WÜRZBURG

Wenn Fremde aufs Haus aufpassen

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    Manche Urlauber geben ihren Hausschlüssel bewusst in fremde Hände: Haushüter bewohnen das Eigenheim – gegen Bezahlung.
    Manche Urlauber geben ihren Hausschlüssel bewusst in fremde Hände: Haushüter bewohnen das Eigenheim – gegen Bezahlung. Foto: Foto: Armin Weigel, dpa

    Am Strand liegen und komplett abschalten – wenn im Urlaub nur nicht die quälenden Fragen wären: Kümmert sich die Nachbarin um die Katze? Gießt sie den Garten? Schlägt auch kein Einbrecher zu? Die Lösung versprechen Haushüter-Agenturen. Das Konzept ist einfach, verlangt aber viel Vertrauen: Fremde ziehen während der Abwesenheit in das Haus ein und bewohnen es annähernd 24 Stunden am Tag. „Für Haushüter ist das wie bezahlter Urlaub“, sagt Kay Scepanik, Vorstandsmitglied des Verbands Deutscher Haushüter-Agenturen.

    Das sieht Haushüter Klaus Adam nicht ganz so. Der 72-Jährige übernimmt in den fremden Häusern sämtliche Alltagsaufgaben: Er gießt Blumen, öffnet und schließt Rollläden, leert Briefkasten, stellt die Mülltonne raus und kommt im Winter der Räum- und Streupflicht nach.

    Betreuung von Haustieren

    Ein Haushüter wird nach Verbandsangaben zu 90 Prozent wegen der Betreuung von Haustieren engagiert. Hauptsächlich sind es Hunde und Katzen oder Kleintiere wie Vögel und Hamster. Ein ungewöhnliches Haustier musste Adam bereits betreuen – eine Schlange. „Gefüttert wurde sie noch von dem Kunden. Ich hätte ihr niemals eine Maus zum Fressen geben können“, erzählt der Haushüter. Bei seinem nächsten Auftrag wartet ein Grüner Leguan auf ihn. Darauf freut sich Adam bereits. Egal ob Tierbetreuung, Spaziergänge, Lesen oder Fernsehen: „Man ist den ganzen Tag beschäftigt und sitzt nicht dumm rum“, sagt Adam.

    Die Bewohner auf Zeit betreuen nach Wunsch auch Familienmitglieder. „Wir sind aber kein Pflegedienst, sondern nur für den zwischenmenschlichen Kontakt zuständig“, betont Scepanik. Es komme vor, dass die Großeltern mit im Haus leben, aber nicht mit in den Urlaub fahren. Dann achtet der Haushüter beispielsweise darauf, dass sie die Medizin nehmen und sich die Bewohner sicherer fühlen, sagt Scepanik. Auch Kinder werden betreut. „Die sind aber selten jünger als zehn.“ Den Eltern gehe es Scepaniks Meinung nach darum, dass die Kinder rechtzeitig ins Bett gehen und Jugendliche keine Partys feiern.

    Anders verhält es sich bei einer Kundin, die namentlich nicht in der Zeitung genannt werden möchte. Die Modedesignerin engagiert Haushüter wegen des Sicherheitsgedankens: Vor elf Jahren wurde in ihr Haus eingebrochen, als sie nur eine halbe Stunde weg war. „Das hat uns total geschockt.“ Die Alarmanlage hat die Einbrecher vertrieben, doch auf die Technik alleine möchte sie sich nicht mehr verlassen. Ein Haushüter ist ihrer Meinung nach die perfekte Lösung, wenn sie mit ihrer Familie im Urlaub ist. Dieser kümmert sich um das Haus, ihr Büro und den großen Garten. Dass Fremde in ihrem Haus nahe Köln leben, war für die Frau anfangs ein komisches Gefühl.„Aber wir haben ein Gästezimmer und ein separates Bad – deswegen mache ich mir da nicht viel Gedanken.“

    Ab 60 Euro pro Tag

    Ein Einsatztag kostet ab 60 Euro aufwärts. Dazu kommt die Anreise und, je nach Aufgabenbereich des Haushüters, weitere Kosten. Haushüter erhalten davon 15 bis 20 Euro. Geldverdienen ist für die Kurzzeitbewohner Scepaniks Erfahrung nach nicht die Intention. „Viele möchten einen Tapetenwechsel und mögen es, in einem schönen Umfeld zu wohnen.“ Doch je größer das Haus ist, desto größer ist auch der Druck, der auf einem lastet, sagt Haushüter Adam: „Ich freue mich natürlich über eine Villa mit Swimmingpool, aber das Wichtigste ist ein ordentliches Bett zum Schlafen.“

    Für Haushüter gibt es feste Regeln: Sie dürfen das Haus nicht länger als drei bis vier Stunden verlassen. Und das nur zu Zeiten, die kein Einbruchsschwerpunkt sind. Viele Kunden verbieten den Haushütern außerdem, Besuch zu empfangen. „Fremde in seinem Haus wohnen zu lassen ist eine große Vertrauensfrage“, sagt Scepanik. Deswegen fallen etwa 90 Prozent der Haushüter-Bewerber durchs Raster. Es werden ausschließlich körperlich fitte Rentner und Pensionäre mit einem polizeilichen Führungszeugnis und einer Schufa-Auskunft eingesetzt. Die Vermittlung zwischen Haushüter und Kunde läuft ähnlich wie bei einem Datingportal ab: Es gibt Steckbriefe, E-Mail-Kontakt, Telefonate, und es kommt zu einem persönlichen Treffen. Sind beide Seiten zufrieden, kann eine längere Beziehung daraus entstehen.

    Für Harald Schmidt, Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention in Stuttgart, besteht ein umfassender Einbruchschutz aus einem Drei-Säulen-Modell: sicherheitsbewusstes Verhalten, richtige Sicherheitstechnik und aufmerksame Nachbarschaft. „Ein Haushüter ist ein kleiner möglicher Baustein für den Einbruchschutz, aber diesen ausschließlich zu nehmen, wäre aus meiner Sicht falsch“, sagt der Experte. Seriös arbeitende Agenturen zeichnen sich etwa dadurch aus, dass Haushüter eine Betriebshaftpflichtversicherung haben, um eventuelle Schäden im Haus zu ersetzen.

    Housesitting in Deutschland

    Kosten: Ein Einsatz kostet den Kunden rund 65 Euro täglich. Dazu können Zuschläge für die Betreuung von Tieren oder Menschen kommen. Housesitting ist in Deutschland als haushaltsnahe Dienstleistung anerkannt. Dadurch können 20 Prozent der Kosten, maximal 4000 Euro jährlich, von der Steuerschuld abgezogen werden.

    Sicherheit: Den Verband Deutscher Haushüter-Agenturen (VDHA) gibt es seit 1985. Während der 500 000 Einsatztage habe es noch keinen Einbruch gegeben. Laut VDHA haben Haushüter fünf Einbruchsversuche verhindert. Bei den Agenturen sind über 900 Haushüter beschäftigt. Der durchschnittliche Haushüter ist 65 Jahre alt. Text: mili

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